Liebeskummerdauer

  • In einem anderen Post hatte ich ja erwähnt, dass ich vor der Beziehung mit dem Pianisten um den es gerade geht, eine Affaire mit einem BA hatte. Er arbeitet bei mir im Gebäude und wir lernten uns auf der Arbeit kennen. Ich verliebte mich Hals - über Kopf. Dann folgte eine Halbbeziehung, mit Phasen der Nähe und der Distanz (seinerseits).


    Aber nie wurde ich seinen Leuten vorgestellt, nie hätte er sich zu einer richtigen Beziehung bekannt. Aber wenn wir zusammen waren, war es so besonders, war er so zugewandt, nah, wir haben so viele irre Dinge gemacht zusammen - alles nur kein Alltag. 1 Jahr habe ich das Drama mitgemacht, all die Verzweiflung und die Tränen, die Ängste.. Dann habe ich ihn das erste mal gedacht, ich lasse los. Bis das dann wirklich im Kopf geklappt hat, hat es dann noch ein halbes Jahr gebraucht, wurde aber immer weniger. In der Zeit als ich im Kopf schon 'Lebewohl' gesagt hatte, habe ich den Pianisten kennengelernt. Endlich ein Mann der sich ganz auf mich eingelassen hat, eine Beziehung wollte, mich allen vorstellte. Alles lief gesund und normal die ersten 2 Jahre, nachdem dann ja plötzlich - ohne Anzeichen, von einem Tag auf den anderen - die BA (von der er mir aus seiner Vergangenheit erzählte) aufbrach und er sofort die Auszeit wollte. Irrsinn oder? So kann man sich täuschen. Ich habe hier im Forum noch keinen Fall gehört, wo der BA diese erst nach 2 Jahren gesunder Beziehung gezeigt hat.


    Jetzt habe ich aber den Faden verloren. Den Kollegen sah ich fast jeden Tag auf dem Flur und es war schwer loszulassen. Die neue Liebe half mir aber dabei. Jetzt sind es 2 Jahre seit ich damals angefangen habe ihn loszulassen. Unsere 'Affaire' dauerte 1 Jahr. Hätte ich ihn nicht mehr gesehen, wäre es schneller gegangen, aber auch in diesem Fall war mein Leid nach 6 Monaten überstanden. Heute verbringen wir noch ab und zu einen Abend zusammen um Musik zu machen (spielen das gleiche Instrument) und wir nutzen täglich zusammen eine Kaffeemaschine. Es tut nichts mehr weh. Ich bin trotz der Qual froh, dass wir unsere Zeit hatten, es war ein toller Mensch, der sich aber wohl nie auf eine feste Beziehung einlassen kann. Ergo, nichts für mich! Und ich bin froh, dass ich nach 1 Jahr gesagt habe, jetzt ist Schluss, du fängst an loszulassen. Ich kann die alten Lieder schon lange wieder ohne Schmerzen hören.


    Irgendwas muss dran sein an der Annahme, dass man ungefähr die Hälfte der Zeit, die man zusammen war oder gehofft hat, zur Bewältigung braucht, wenn man verlassen wird. Pi mal Daumen.
    Bei meiner gesunden EX Beziehung damals hat es nach 8 Jahren ca. 1,5 Jahre gedauert bis es besser war. Aber wahrscheinlich kann man sehr langen Beziehungen nicht von der Hälfte der Zeit ausgehen.


    Derzeit habe ich noch Hoffnung dass der Pianist sich besinnt und warte, dass er sich wieder meldet und sich alles wieder einrenkt. Der Gedanke, dass es mich wieder 1 Jahr mind. meines Lebens kostet um wieder happy zu sein macht mir zu schaffen. Noch steht er bei mir auch auf einem riesigen Podest. Und alles tut weh. Ständig Heulattacken im Auto. Aber wir wissen ja, es wird besser. Aber ich glaube man muss wirklich die Schnute voll haben von Hoffnung und Optimismus ehe man loslässt. Meint ihr dass ganz gesunde Psychen beim ersten Auftreten der BA gleich gehen können? lg Feldhase.

  • Hallo Feldhase,

    Zitat von Feldhase

    Alles lief gesund und normal die ersten 2 Jahre, nachdem dann ja plötzlich - ohne Anzeichen, von einem Tag auf den anderen - die BA (von der er mir aus seiner Vergangenheit erzählte) aufbrach und er sofort die Auszeit wollte. Irrsinn oder? So kann man sich täuschen. Ich habe hier im Forum noch keinen Fall gehört, wo der BA diese erst nach 2 Jahren gesunder Beziehung gezeigt hat.


    Dazu wollte ich was sagen. BA ist nicht gleich BA. Und es hängt nicht nur vom BA ab, sondern auch vom Partner. Wobei das kein Vorwurf an irgendjemanden ist.
    In meiner Ehe (ich BA, er VA) kam es nach zwei Jahren zum ersten "Off". Ich setze das Off in Anführungszeichen, weil wir zusammengewohnt haben. Ich wollte ausziehen, aber er hat mich unterwegs aufgesammelt, bevor ich bei meiner Schwester angekommen war. Danach zwei Monate vorsichtiges rantasten. Dann vier Jahren wieder normal Beziehung, dann habe ich gemerkt, wie sich meine Emotionen abgeschaltet haben. Zwei Jahre später habe ich die Beziehung beendet.
    In einer anderen Beziehung habe ich nie mit dem Mann zusammengewohnt und wir waren eigentlich ständig im off. Wir waren nur im on, um uns zu streiten. Das hat allerdings auch nur anderthalb Jahre gehalten.
    Was ich dir damit sagen will, du darfst nicht auf die äußerliche Erscheinung schauen. Ganz oft baut sich das auch über einen längeren Zeitraum auf. Dann denkt man vielleicht von aussen, dass alles ok ist, dabei türmt es sich schon auf.
    Dass es so lange bis zum ersten Off gedauert hat, ist ein Zeichen dafür, dass ihr gut miteinander kommuniziert habt. Und vielleicht kam dieser plötzliche Impuls zum Off auch von aussen. Da reicht schon, wenn man von einer anderen BA Beziehung mitbekommt, wie sehr der Partner leidet, und dann kommt man nach Hause und da läuft ausgerechnet an dem Abend was schief. Dann fallen die Schotten. Von da an wird alles nur noch durch die BA Brille gesehen. Situationen, die früher unbedenklich waren, scheinen dann was ganz anderes zu sagen. Und das baut sich dann hoch.
    Zu deiner Abschlussfrage muss ich ehrlich sagen, ich habe sie nicht verstanden. Ich schiebe das jetzt einfach mal auf meine Kopfschmerzen.

  • Danke Tenoaks.


    Dein Post erleichtert mich sehr. Es wird 'möglicher.' Bisher habe ich gedacht, dass es das doch nicht geben kann. Danke also für diesen Ausflug in deine eigenen Ängste. Endlich weiss ich dass es diese Ausprägung auch gibt. In seinen alten Beziehungen gab es viel öfter und schneller Offs und ich habe schon nicht mehr geglaubt dass es bei uns auch mal dazu kommen kann, weil alles so wunderbar lief und wir ja - auch immer gesprochen haben und ich auch eher viel Freiheit brauche und auch von mir aus mal 2,3 Wochen nicht hingefahren bin weil ich Urlaub mit einer Freundin gemacht habe, etc. Es konnte sich vielleicht gar nicht so schnell auftürmen, wie du es nennst, weil ich selbst oft nicht 'erreichbar' war für ihn.


    Meint ihr dass ganz gesunde Psychen beim ersten Auftreten der BA gleich gehen können? lg Feldhase. -> Damit meinte ich, ob man wenn ganz normal bindungsfähig ist, die Beziehung beim ersten Auftreten der Bindungsangst des Partner gleich auf die Bretter gehen lässt?
    Die meisten schreiben hier ja, dass ein bindungssicherer Partner die Beziehungsangst gar nicht so mitmachen wie selbst Bindung- oder Verlustängstliche.


    Ich hadere noch mit mir und will einfach nicht zu früh aufgeben, wenn es noch Hoffnung gibt. Das ist ja immer diese Frage. Wie weit toleriere ich und wann wird es mir definitiv zu viel und ich lasse ihn ziehen.


    Und Tenoaks, wie fühlt es sich an, wenn die BA Brille langsam wieder abnimmt und man sich wieder rantasten kann. Wie kann man den ängstlichen Partner unterstützen in dem Prozeß?

  • Danke für die Erklärung deiner Frage. Jetzt habe ich es verstanden. Nur beantworten kann ich sie nicht. Ich bin nicht normal. :mrgreen:
    Zu deiner nächsten Frage. Wie kann der Partner helfen? Stell dir vor, du hast einen großen Fisch an der Angel. Manchmal musst du Leine geben, weil sich der Fisch nur selber müde kämpfen kann. Aber von Zeit zu Zeit musst du die Schnur wieder anziehen, damit er nicht abhaut.
    Das heißt, du kannst deinem Partner nicht helfen seine Sichtweise zu ändern, das muss er selber schaffen. Du kannst es aber beeinflussen.
    Wichtig ist, dass du selber in dem Moment stabil bleibst. Mach klar, dass du Verständnis hast für die Ängste, aber nicht gewillt bist, deswegen alles hinzuschmeißen. Dass du stattdessen lieber an der Beziehung arbeiten möchtest. Damit ist die Fluchttür erst mal versperrt. Also egal in welche Richtung er will, er muss kämpfen.
    Wichtig ist auch hier wieder Kommunikation. Aber nicht die ganze Zeit auf dem, was geschehen ist rumreiten. Lieber ein bisschen weiter nach hinten greifen. Du hast ja ein Fingerspitzengefühl für ihn entwickelt, sonst hätte es nicht so gut geklappt. Geh auf die Dinge zurück, in denen er Vertrauen entwickelt hat. Du hast geschrieben, er hat dir von der BA erzählt. Erinner diese Situation. Wie war sie? Wo wart ihr, was habt ihr getan? Versuche da anzuknüpfen, denn du bist immer noch die Person, der er vertrauen kann.
    Jetzt ist eigentlich sein Albtraum passiert. Die BA hat die Oberhand gewonnen. Zusätzlich zu dem Mist, den er sich jetzt wahrscheinlich einredet, kommt die Frage, wie reagiert sie darauf? Deswegen mach klar, dass sich eigentlich gar nichts geändert hat. Es ist eine Krise und an Krisen kann man wachsen. Gewonnen hast du in dem Moment, wo er seine Bedenken klar äussert. Dann greift das Vertrauen wieder.
    Lass ihn nicht zu lange im Off. Da kann er sich schneller emotional von dir entfernen. Versuch ihm nahe zu bringen, dass er auch mit dir schweigen kann.
    Aber mach ruhig klar, was diese Situation für dich bedeutet. Er soll sich schon bewusst darüber werden, was er da grade anrichtet. Nur verpacke es nicht in Vorwürfe. Als Beispiel statt zu sagen, dass du dich schlecht fühlst, weil er dich da grade so hängen lässt, einfach mal schreiben, mir ist langweilig ohne dich. Was machst du denn grade?
    So nimmst du an seinem Leben teil, wenn auch auf Umwegen. Melde dich ruhig mal zwischendurch bei ihm. Das können nur zwei Sätze sein, aber irgendwann gibt er vielleicht mal ein Thema vor und dann entwickelt sich ein Gespräch.
    Wenn er jede Kontaktaufnahme ablehnt, dann erzähle ihm, dass du Angst hast, weil du nicht weisst, was da mit euch passiert. Das erzeugt zwar einen gewissen Druck, oft erreicht man damit aber, dass der BA versucht, die Situation zu erklären. 'Wenn er die Situation aber dir verständlich machen will, muss er sie von deiner Seite aus sehen. Das heißt, er geht aus der Opferrolle raus und geht auf die andere Seite. Dann können viele Missverständnisse ausgeräumt werden.
    Besprecht aber dann auch, was vielleicht geändert werden sollte, damit ihr nicht so schnell wieder in so eine Situation reinkommt.
    Wie fühlt es sich an, wenn man die Brille abnimmt? Also ich fühle mich danach sehr nackt und wahnsinnig erschöpft. Deshalb, wenn ihr an dem Punkt seid, lasst es langsam angehen. Ich hoffe, es hilft dir, was ich geschrieben habe. Ich wünsche dir viel Glück, falls du den Kampf aufnehmen willst. Darüber solltest du dir wirklich vorher klar werden.

  • Zitat von Tenoaks

    Wie kann der Partner helfen? Stell dir vor, du hast einen großen Fisch an der Angel. Manchmal musst du Leine geben, weil sich der Fisch nur selber müde kämpfen kann. Aber von Zeit zu Zeit musst du die Schnur wieder anziehen, damit er nicht abhaut.
    Das heißt, du kannst deinem Partner nicht helfen seine Sichtweise zu ändern, das muss er selber schaffen. Du kannst es aber beeinflussen.
    Wichtig ist, dass du selber in dem Moment stabil bleibst. Mach klar, dass du Verständnis hast für die Ängste, aber nicht gewillt bist, deswegen alles hinzuschmeißen. Dass du stattdessen lieber an der Beziehung arbeiten möchtest. Damit ist die Fluchttür erst mal versperrt.


    Danke Tenoaks für deine Sicht auf die Dinge. Unbewusst habe ich wohl schon ein paar Dinge richtig gemacht. Ich melde mich mal alle paar Tage kurz, aber versuche gerade so locker wie möglich zu sein, Smalltalk anstatt Diskussionen über die Vergangenheit. Auf Smalltalk lässt er sich auch meist ein und es fliegen ein paar lockere Sätze hin. und her. Allerdings habe ich nach dem 2. Crash vor 1,5 Wochen gesagt, dass es ja 'nur' seine Angst ist und nicht er, er hätte 2 Jahre alles ganz wunderbar geschafft und gemacht. Und an der Angst kann man arbeiten. Dass ich ihn damit nicht allein lasse und da bin, aber es ohne seinen Beitrag/ Willen nicht geht. Dass ich nicht sofort aber gern irgendwann bald wissen möchte, ob er bereit ist. Ich würde auch mit ihm zusammen zu einem Therapeuten gehen, ganz wie er will. Er umgeht das Thema in den wenigen Kontaktversuchen die wir hatten noch. Heute habe ich ihm vorgeschlagen, dass wir uns am Wochenende ja zusammen einen Film im Kino anschauen können. Ich bei mir und er bei sich (2,5 Autostunden entfernt). Dachte das schafft Nähe und Verbindung ohne dass er Angst haben muss.


    Naja, ich denke, er ist es mir wert noch ein Weilchen zu kämpfen, gerade weil ich auch einfach niemand bin, der schnell hinwirft, egal um was es geht. Aber wenn er auf zu vieles klopfen von mir gar nicht reagiert, ist es nicht mehr meine Tür. Noch hoffe ich, dass ich den Moment spüre, wenn es Zeit ist, sich umzudrehen und zu gehen. Aus Selbstschutz und weil ich Liebe und Zusammenhalt in meinem Leben haben möchte und nicht zu lange in der toxischen Zone verharren möchte. Aber das alles macht mich traurig. Danke Tenoaks. Jeder Post hier von euch bringt mich etwas weiter. Ihr seid toll. :flower:

  • Zitat von Feldhase

    Allerdings habe ich nach dem 2. Crash vor 1,5 Wochen gesagt, dass es ja 'nur' seine Angst ist und nicht er, er hätte 2 Jahre alles ganz wunderbar geschafft und gemacht. Und an der Angst kann man arbeiten. Dass ich ihn damit nicht allein lasse und da bin, aber es ohne seinen Beitrag/ Willen nicht geht.


    Du hast alles richtig gemacht. Du hast ihm gesagt, dass du hinter die Sache schaust und nicht in ihm ein Monster siehst. Du erkennst, dass er zur Zeit nicht anders handeln kann, dass du bereit bist zu kämpfen, aber dafür seine Hilfe brauchst. Perfekt.
    Er wird darüber nachdenken. Bleib erstmal auf der Position. Vielleicht lässt er sich auf ein Treffen am Wochenende ein.

  • Danke :flower::flower:
    Ich bleibe auf der Position, bin aber nach dem Telefonat gestern mit ihm auch etwas bockig. Mir geht es gerade gehörig auf den Keks, dass er der Alleinherrscher über Nähe und Distanz ist und ich total ausgeliefert. Diese Wut trägt mich gerade ganz gut und lässt mich etwas nach vorn schauen, indem ich MICH jetzt auch mal wieder etwas wichtiger nehme und mich um MEINE Bedürfnisse kümmere. Und ihn einfach mal da lasse wo er ist. Ich sage euch Bescheid wenn sich was ändert. Habt n schönen Abend, Tag - je nachdem wann ihr das hier lest. Ich schnüre jetzt meine Laufschuhe. :!:

  • Genau richtig. Bau dir ein unabhängiges Leben auf. Sollte das Ganze den Bach runtergehen, hast du etwas, auf das du zurückgreifen kannst.
    Und lass dich auf keine Halbheiten ein. Er soll sich schon klar formulieren. Alles andere ist das, was ich als Hinhaltetaktik bezeichne, auch wenn es vielleicht nicht immer bewusst als solche verwendet wird.
    Mir ist das leider früher auch schon passiert, dass ich diese Taktik verwendet habe. Sie hat bei mir noch nie zu einem positivem Ende geführt.
    Es ist halt wirklich ein schmaler Grat. Behalte deine eigene Schmerzensgrenze im Auge und überschreite sie nicht.