Können sich zwei Bindungsängsliche verlieben?

  • Oder ansders gefragt: Warum haben wir hier keine Singlebörse ; )
    Eigentlich sollte der Titel ja heissen: Können sich zwei Bindungsängsliche (langfristig, glücklich) verlieben? Aber dafür war kein Platz mehr... *schmunzel*


    Okay hallo erstmal. Da ich neu bin möchte ich mich kurz vorstellen:
    Ich nenn mich hier Pille und ich bin bindungsägnstlich. Ich habe diesbezüglich eine Therapie angefangen.


    Wie ich auf das Thema komme: Ich habe schon ein paar Frauen per Internet gedatet und mir ist aufgefallen, dass online eher Frauen unterwegs sind die auch bindungsängstlich sind. Eine Frau ist zu einer sporadischen Bekanntschaft geworden und das Thema Bindungsangst kam recht schnell bei unserem ersten Treffen herraus. Seit dem Treffen wir uns alle paar Monate und reden was bei uns so alles schief gelaufen ist ; )


    Was glaubt ihr? Wie ginge eine solche beziehung aus, wenn man weiss, dass der andere Bindungsangst hat und man selber auch. Wäre das ideal, da man ja die Bedürfnisse des anderen nachemfinden kann und ggf weniger Druck empfindet.


    Besten Gruß
    Pille

  • Hallo Pille,
    bin auch neu hier. Deine Frage beschäftigt mich auch gerade, wobei ich ja glaube, dass "verlieben" bei den Meisten das geringere Problem ist. Die "Liebe" (durch)zu halten, stellt sich schwieriger da.
    Kurz zu mir: ich (37J) befinde mich seit 1 1/2 Jahren in einer Fernbeziehung mit einem Mann (43J.). Unsere Beziehung bietet alles, was hier auch schon von Anderen beschrieben wird. Intensiver Kontakt mit viel Nähe und innerer Verbundenheit, plötzliche mehrwöchige Kontaktabbrüche, sexuelle Verweigerung (seinerseits, und das von Anfang an!! Haben in der Zeit nur 2x Sex gehabt und das nach einer mehrmonatigen "Kontaktpause" nachdem wir schon über 1 Jahr "zusammen" waren), er chronisch überlastet (neue Ausbildung und Nebenjob zu Lebensunterhaltsfinanzierung) (seine Begründung für die sexuelle Unlust), Doppelbotschaften (die Gefühle stimmen, aber er weiß nicht, ob er sich mir zumuten kann :think: ) usw. ! Was bei uns nicht passiert, sind offene Konflikt. Wenn wir uns sehen, gehen wir sehr liebevoll miteinander um. Wir haben noch nie gestritten! :think::think::think:
    Jetzt stehe ich gerade an einem Punkt, an dem ich mir über ganz andere Dinge Gedanken mache. (Und nun komme ich zu Deiner Fragestellung)
    Was er nämlich nicht weiß, ist das auch ich an einer BA leide. Aber im Gegensatz zu ihm befinde ich mich in Therapie und die befähigte mich erst, diese Beziehung einzugehen. Ich gehöre zu der angstlich-vermeidenden Gruppe und habe für mich jahrelang vor jeder Art von Bindung, die das Platonische übersteigt, gedrückt. Ich glaube ja, dass mein Verständnis für viele seiner (oftmals strangen) Verhaltensweisen daher kommt, dass ich das von mir kenne. Diese Rückzugstendenzen, auf einmal unbedingt weg zu müssen, "ich verlasse lieber, bevor ich verlassen werde".
    Letztes We schrieb er nach 4 Wochen Nullkontakt wie dankbar er mir wäre, dass ich immer für ihn da bin usw. Mit einem Mal hatte ich, obwohl es wirklich eine gute und der Situation angemesse Mail war, das Gefühl mich entscheiden zu müssen und es entstand eine große Leere in meinem Kopf. Wochenlang hatte ich auf diese Mail gewartet und nun wußte ich nicht, was ich schreiben soll. Wie sollte ich mich entscheiden? Und was passiert, wenn ich ihn endlich "habe"? Was ist, wenn er sich entschließt etwas gegen sein Problem zu unternehmen und wirklich mit mir zusammen sein will. Kann ich das überhaupt? Will ich ihn dann überhaupt noch? Habe ich nicht viel zu viel von seinem Verhalten? Mich nämlich nicht wirklich zu binden? Wie unfair ist das denn!
    Ist das Eingehen einer Beziehung zu einem Beziehungsängstlichen ist ein untermauern der eigenen Bindungsangst? Weil eine Bindung nicht stattfindet?
    100 Fragen!
    Liebe Grüße,
    Trine
    PS: Sorry für den langen Text

  • hallo trine,


    ich glaub ich versteh dein problem.


    die frage ist erstmal:
    Kann ich das überhaupt? Will ich ihn dann überhaupt noch? Habe ich nicht viel zu viel von seinem Verhalten? Mich nämlich nicht wirklich zu binden?
    also die frage, ob du selber in der lage bist eine bindung einzugehen.
    vielleicht solltest du versuchen dir diese frage zu beantworten, unabhängig davon ob es sich um ihn oder einen anderen mann handelt - denn deine eigene bindungsfähigkeit hängt ja nicht von ihm ab.


    wenn du schon eine therapie machst, dann spricht aus meiner eigenen erfahrung nichts dagegen, einen beziehungsversuch zu wagen.
    vieles kann man sich zum beispiel erst in der praxis erarbeiten, zb. echte nähe zulassen. das geht ja nicht, wenn nicht wirklich jemand da ist, zu dem man die nähe aufbauen kann.


    deine frage ist ja nun eigentlich ob es mit einem BÄngstlichen klappen könnte.
    ich glaube die voraussetzung dafür, dass das klappen könnte ist sowieso erst mal das hier:
    Was ist, wenn er sich entschließt etwas gegen sein Problem zu unternehmen und wirklich mit mir zusammen sein will.


    wenn er nicht auch an sich arbeitet hast du eigentlich keine chance.


    das heisst, folgende frage:
    Ist das Eingehen einer Beziehung zu einem Beziehungsängstlichen ist ein untermauern der eigenen Bindungsangst? Weil eine Bindung nicht stattfindet?
    ... kannst du dir z.b. schon besser beantworten, wenn du mal schaust, wie es real eigentlich aussieht.
    willst du dich drauf einlassen; er aber nicht? - was suchst du dann bei ihm?
    oder willst du dich drauf einlassen; und er sich auch? - dann wäre es zumindest kein weglaufen.


    aber vielleicht reicht es auch einfach schon, wenn du mal versuchst, nachzuvollziehen, was dein gefühl dir für eine orientierung bietet:
    das Gefühl mich entscheiden zu müssen und es entstand eine große Leere in meinem Kopf.
    wenn da eine leere ist, was bedeutet die?
    vielleicht sind da irgendwo gefühle, die du nicht wahrnehmen möchstest?
    oder du suchst gefühle, wo keine sind?


    vielleicht nützen dir ja diese anregungen was.
    viele grüße!

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    "In pain and sorrow lies truth"
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