Wo Hilfe suchen & finden?

  • Hallihallo,


    ich bin zugegebener Maßen seeehr neu mit dem Thema. Hab mein Alleinsein bis jetzt auf Depression, Schüchternheit, zu hohe Ansprüche, Pech etc. geschoben. Und bin auch eigentlich gerne allein, unabhängig und vor allem selbstständig, aber natürlich nur begrenzt. Ich therapiere mich nicht gerne selbst (bin Ingenieurin kein Arzt), aber die Frage was mache ich falsch stellt sich einfach unweigerlich immer wieder. Ich bin 25 Jahre alt und wurde in meinem Leben noch nie geküsst, war noch nie in einer Beziehung und hatte noch nie sex. Ich empfinde mich selbst nicht als unattraktiv, bin nicht religiös zur Enthaltung motiviert, hatte keinen Mangel an "Angeboten" und bin in meinem Freundes- und Verwandtenkreis sehr gesellig und beliebt. ABER ich war noch nie verliebt, höchstens verknallt und dann nur in Männer die vergeben oder unerreichbar waren. Das geht manchmal so weit, dass ich plötzlich uninteressiert werde oder "definitive" Gegengründe finde, wenn der "Schwarm" plötzlich doch single wird und auch noch Interesse zeigt.


    Ich hatte heute mal wieder ein schönes Glas Wein mit Freunden und bin, als ich alleine nach Hause kam, wieder ins Grübeln geraten und habe mir bewusste diese Situationen ins Gedächtnis gerufen, bei denen ich mit dieser emotionalen Nähe konfrontiert wurde. Danach habe ich aus lauter Unsinn und Ratlosigkeit ANGST bei google eingegeben, da dieses Gefühl, dass mich jedes Mal überkommt dem einer unerklärlichen Phobie am nächsten ist. Ich kann demjenigen, dann kaum noch in die Augen gucken, hab regelrecht Panik und weiche förmlich zurück. Die beschriebenen Symptome für Bindungsängste, die ich im Internet fand, würden eine Menge erklären.


    Meine Frage an euch wäre, wie seit ihr am Anfang damit umgegangen, sprich nach dem "Entdecken", googlen,... ? Könnt ihr mir evtl. verlässliche, hilfreiche Quellentipps im Internet (bin gerade im nichtdeutschsprachigen Ausland, da sind Bücher teuer zu organisieren) geben um mich weiter zu informieren -nicht nur oberflächliche Zeitungsartikel aus Frauenmagazinen? Was war euer nächster Schritt Therapie, Selbsthilfegruppe,...? Bin mir nach wie vor noch nicht sicher, weshalb ich bei letzterem Angst hätte "falsch" zu sein.


    Würde mich über hilfreiche Antworten sehr freuen.


    Ciao Lotte

  • Hallo Lotte,


    du bist hier genau richtig. Hier gibt es viel zu lesen zum Thema Bindungsangst von Betroffenen und deren Partnern/Expartnern. Ich selbst habe als Bindungsängstliche auch durch Google zu dieser Seite gefunden, was für mich sehr hilfreich war.
    Hast du denn schon mal geschaut, was in deiner Vergangenheit/Kindheit/Jugend so passiert ist als eventl. Auslöser für deine Angst? Ist schon mal gut, dass du anfängst, dich mit dem Thema zu befassen, statt es zu ignorieren.


    Von mir gibt es hier eine "Erfolgsgeschichte", in Therapie bin ich immer noch (alleine hätte ich mein Problem nicht bewältigen können) und es gibt immer noch viel zu tun im Hinblick auf Gefühle zulassen, nicht verdrängen etc. Wenn es zu dem Thema eine Selbsthilfegruppe gäbe, würde ich hingehen.....
    Du bist erst 25 Jahre alt. Ich finde gut, dass du jetzt schon anfängst hinzuschauen! Viel Erfolg dabei.


    Viele Grüße von Hermine

  • Hi Hermine,


    Ich hab deine Erfolgsgeschichte gelesen und kann dich nur beglückwünschen. Solche Geschichten geben auf jedenfall Hoffnung. Ich bin immer noch fleißig am Beiträge lesen und versuche zu verstehen, wie weit mich die Angst beeinflusst/einschränkt. Bin bis jetzt davon ausgegangen, dass sich alle bei der Begegnung mit potenziellen Partnern so fühlen, niemand wird gerne zurück gewiesen und man ist halt einfach nervös, wenn man sich öffnet. Die Anderen (z.B. aus meinem Freundeskreis) waren dann eben einfach mutiger als ich es je geschafft habe. Ich hab mir teilweise im Kopf selbst kleine Aufgaben gestellt wie: Schau XXX mind. 5sec in Augen, laufe rüber und fange ein Gespräch mit XXX an, sag XXX dass dir der Abend gefallen hat, etc. Ich würde mal sagen von diesen Aufgaben hab ich vielleicht gerade mal 10% geschafft und meist nur mit schummeln ("weißt du wo ... ist" zählte auch als Gespräch). Ich habe jedesmal Herzklopfen bekommen, war extrem nervös und konnte kaum noch klar denken, was natürlich nicht förderlich für eine Konversation ist. Die Frage für mich ist wie nervös ist ok und ab wann spricht man von "Bindungsangst".


    Das nächste ist, dass ich mit meiner Kindheit ganz zufrieden bin. Ich sehe ein paar Parallelen zu deinen Jugenderfahrungen. Meine Eltern hatten auch eine Scheidung (ich war 13) und natürlich war ich immer in der Mitte, bei Streitereien, Verhandlungen, etc. im Prinzip der Mediator und auch Gesprächspartner der beiden. Ich war immer die Vernünftige und auch eine gute Zuhörerin. Ich hab versucht meinen jüngeren Bruder davor ein wenig abzuschirmen und ihn unterstützt wo ich konnte. Natürlich waren das einschneidende Erlebnisse, ich denke ich bin ein wenig schneller erwachsen geworden, aber beide meiner Eltern lieben mich und ich sie. Wir hatten tolle Zeiten miteinander und sind uns auch jetzt sehr Nahe. Inzwischen verstehen sie sich auch wieder gut (auf freundschafticher Basis).
    Ich hatte in meiner Abitur Zeit nochmal eine schwere Zeit, als es auf die Prüfungen zuging. Ich hatte Panikattacken, keinen Spaß am Leben, Schlaflosigkeit, Lernblockaden,... Es war mir einfach alles zu viel, ich war/ bin extrem Ergeizig und hab in solchen Stressmomenten immer große Verlustängst nachdem Motto, wenn ich dass nicht schaffe ist das Leben so wie ich es mir wünsche und vorstelle nicht mehr möglich. Das war aber schon um mein 17-18 Lebensjahr herum und als "Auslöser" denke ich zu spät. (hab mir danach übrigens ein Jahr Pause verschafft, alleine am anderen Ende der Welt und hab zumindest meine Lebenslust wiedergfunden)


    das ist jetzt doch länger geworden, als ich geplant hatte, aber danke fürs "zuhören".


    Ciao Lotte

  • Hi Lotte,


    je nach dem wie sensibel du bist, kann so etwas wie du erlebt hast schon ausreichen, um in Sicherheit zu gehen und nichts Richtung Partnerschaft zu wagen - behaupte ich mal so als Küchentischpsychologin und Betroffene;-))
    Du beschreibst das Erleben aus deiner Jugend so nüchtern - was macht der Bauch, wenn du so etwas schreibst und dich erinnerst??? Horch mal in dich hinein!


    Es gibt im Netz ein Forum, in dem sich so genannte "absolute beginners" austauschen. Vielleicht ist das auch interessant für dich? Und auf die "Coach" kannst du ja jederzeit, je nach Leidensdruck.


    Für die Liebe ist es nie zu spät, mein Freund war ja auch schon 43!! Jahre alt, als er sich getraut hat, mit mir etwas anzufangen. Man braucht schon etwas Mut, um sich für die Liebe zu öffnen und für die vielen Schritte, die noch davor anstehen, Kennenlernen etc.


    Ich wünsch dir viel Glück!


    Hermine