Täter sein

  • hallo zusammen,


    wie geht ihr mit dem leid um, den ihr als bä anderen zugefügt habt?
    wie gehen bä mit den anderen zugefügten verletzungen um?


    aufgrund meiner verlustangst war mein verdrängungsmechanismus, mich mit gebundenen männern einzulassen.
    nachdem ich stefanie stahls buch (nochmals) gelesen habe wurde mir das erste mal so richtig bewusst, dass ich dadurch auch viel leid zugefügt habe. speziell der ehefrau des mannes, dessen nebenbeziehung mit mir aufgeflogen ist. ich hatte dann das spontane bedürfnis, mich zu entschuldigen, habe es aber gelassen, weil da seit jahren kein kontakt mehr besteht und ich nicht alte wunden aufreissen wollte.


    da gibt es aber auch diesen bä, bei dem mir mein bauchgefühl sagt, dass ich ihm wichtig bin. der aber immer wieder zum teil krasse distanzierungsaktivitäten startet.
    der mir im einen moment sagt, dass er mir wichtige dinge verschwiegen hat, weil er angst hatte, mich deswegen zu verlieren, der aber in den tagen danach den kontakt so gut wie komplett einschlafen lässt. okay, ich war so "böse" und hab meinen schmerz und meine überforderung artikuliert.


    ich frage mich grad, ob das vielleicht ein verdrängungsmechanismus auf der kindlichen ebene ist.
    so nach dem motto, wenn ich dich nicht sehe, dann siehst du mich auch nicht. bzw. wenn ich das verursachte leid nicht sehe, dann ist es auch nicht da.


    soviel zu meinen gedanken zum sonntag ;-)


    liebe grüsse


    zahir

    Spock: You mistake my choice not to feel as a reflection of my not caring, while I assure you the truth is precisely the opposite.
    (Star Trek Into Darkness)

  • Ich denke, deine Fragen können auch unabhängig von BA gestellt werden. Denn dort, wo Menschen aufeinandertreffen, gibt es immer wieder Verletzungen.


    Und das in Ehen / Beziehungen fremd gegangen wird, ist beileibe kein ausschließliches BA-Phänomen.

    "Vergiss nicht, der Zaun, mit dem du dich vor anderen schützen willst, umschließt auch dich"

  • hallo ratsuchend,


    stimmt, da hast du natürlich recht.


    ich denke aber, dass meine rolle als geliebte viel mit meinem nähe vermeiden zu tun hat(te).
    oft, wenn es so aussah, als könnte tatsächlich was daraus werden (was es dann doch nie tut ;-)) geriet ich in panik.


    ich wollte mich meinen ängsten stellen, nähe aushalten, geniessen.....und ja, ich wusste, dass dazu auch gehört, dass ich unter umständen verletzt werde.
    und ich wollte deswegen auch nicht grad sofort aufgeben. wollte einfach sagen können, du, das hat mir jetzt weh getan. ohne, dass das gegenüber dann grad völlig dicht macht.
    aber seine ängste, die dadurch ausgelöst wurden, haben es mir de fakto meist unmöglich gemacht, meine bedürfnisse zu äussern.


    schon komisch, dass ausgerechnet der mensch, der in mir das bedürfnis weckt, mich öffnen zu können, so gar nicht mit nähe umgehen kann.....schade :-(


    die fragen über das zugefügte leid können und sollen aber durchaus ganz allgemein, unabhängig von ba, gesehen werden.


    liebe grüsse


    zahir

    Spock: You mistake my choice not to feel as a reflection of my not caring, while I assure you the truth is precisely the opposite.
    (Star Trek Into Darkness)

  • hallo zusammen,


    ich mach einfach mal hier weiter mit gedanken und erlebnissen...


    gestern hatte meine nichte geburtstag, die ganze familie war da.
    mein bruder hat drei kinder.
    der eine neffe, das älteste seiner kinder, war auf einmal sehr traurig und bockig, enttäuscht, weil seine schwester gestern im mittelpunkt stand.
    mit der zeit stellte sich heraus, dass er auch enttäuscht war, weil zu seinem geburtstag nicht so viele leute da waren.
    und was war die reaktion meiner familie (meines bruders, meiner mutter)?


    "die welt dreht sich nicht immer nur um dich"
    "nächstes mal bist dann du wieder dran"
    "das ist doch nicht so schlimm"
    ....


    niemand kam auf die idee, dem kind einfach zu sagen, ich verstehe, dass du enttäuscht bist. das ist in ordnung. ich bin da und begleite dich in deinem schmerz.


    mir fallen solche dinge jetzt auf, weil ich denke, dass genau dieses gefühl, dass die eigenen emotionen nicht sein durften, das ist, was mir jetzt probleme bereitet.


    liebe grüsse


    zahir

    Spock: You mistake my choice not to feel as a reflection of my not caring, while I assure you the truth is precisely the opposite.
    (Star Trek Into Darkness)

  • hoi missing,


    ich finde psychologie richtig spannend.
    interessant, welche mechanismen und strategien da völlig unbewusst ablaufen.
    und das heisst natürlich übehaupt nicht, dass ich deswegen nicht in die fallen tappe, im gegenteil.
    (haben nicht alles psychologen irgendwie selber ein rad ab? ;-))


    ich habe damals meine therapie abgebrochen, als es darum ging, ursachenforschung in meiner kindheit zu betreiben. ich war einfach noch nicht bereit, bzw. hatte das gefüh, dadurch meinen eltern "schuld" geben zu müssen, und diese gedanken konnte ich damals noch nicht zulassen.


    es fällt mir heute einfach mehr auf. es ist mehr ein staunendes wahrnehmen. ein erkenne, was abläuft, mit dem heutigen wissen, dass es auch ganz anders sein könnte.
    traurig sein, enttäuscht sein, das dufte irgendwie nicht sein. man musste etwas tun, lösungen finde, sich ablenken.
    ich hatte einfach vermisst, erkenne ich heute, dass mir jemand sagt, ich verstehe, dass du traurig bist, dass du enttäuscht bist, das ist in ordnung so.


    geht durch die sensiblen antennen wirklich die persönlichkeit flöten, oder könnte auch sein, dass man daduch seine persönlichkeit besser erkennt und auch darauf achtet, dass sie nicht angegriffen, sondern anerkannt wird, so wie sie ist?
    etwas zu verstehen muss ja nicht bedeuten, dass man sich damit identifiziert. sondern einfach annimmt und anerkennt, dass es da ist.
    zum beispiel auch die bä des partners.
    erkennen, was es ist, es als das sehen, was es ist, es verstehen und auch als überlebensstrategie aus der kindheit wertschätzen und anerkennen, sich dem aber nicht ausliefern und das spiel nicht mitmachen.


    liebe grüsse


    zahir

    Spock: You mistake my choice not to feel as a reflection of my not caring, while I assure you the truth is precisely the opposite.
    (Star Trek Into Darkness)

  • Zu dem, was Du geschrieben hast, Missing: warum sollte man nicht mehr authentisch sein können, wenn man sich in andere einfühlt? Klar gelingt das nicht immer, und klar sollte man - Erwachsenen gegenüber - seine Meinung und Sicht sagen können. Gegenüber Kindern allerdings hat man deutlich mehr Verantwortung, da geht es um deren Bedürfnisse, um das, was sie brauchen, denn sie sind abhängig von Erwachsenen und sehr verletzlich. Ich denke, wenn man zu sich selber und der eigenen Geschichte einen Zugang hat, wachsen automatisch die Antennen dafür, was andere verletzt. Gegenüber Kindern ist das, finde ich, Grundvoraussetzung, um überhaupt Umgang mit ihnen zu haben. Wer sich nicht an die eigene Kindheit und die eigenen Gefühle von damals erinnern kann, wird die Gefühle von Kindern nicht wirklich respektieren können. Klar, dass trotzdem manchmal was rausrutscht oder passiert, was dem Kind gegenüber nicht fair ist. Aber die Grundhaltung sollte stimmen. Und ich bin immer wieder entsetzt, wenn ich mitkriege, wie manche Leute ihre Kinder behandeln. Warum haben sie denn dann welche, wenn sie gar nicht ehrlich Anteil an ihnen nehmen und empathisch mit ihnen umgehen können? Ich empfinde gedankenlose Kommentare, die ein Kind nicht ernstnehmen, wenn es traurig ist, als ziemlich brutal - wie gesagt, es kann natürlich immer mal wieder passieren, aber das sollte nicht die Regel sein. Und Erwachsene sollten, wenn sowas passiert, das auch wahrnehmen und reflektieren. Sonst enden diese Kreisläufe nie, und aus den Kindern werden Erwachsene, die ihren eigenen erlebten Frust wieder unbewusst an ihre Kinder weitergeben und gar nicht merken, was sie da tun. Aber meine Sicht ist Dir wahrscheinlich viel zu psychologisch;-)

  • klar gibt es immer wieder ausnahmen.
    niemand ist perfekt, und das ist auch nicht nötig.
    so wie man selber verzeihen können sollte, so kann man das beim gegenüber auch voraussetzen.


    mir geht es eher um eine gewisse grundhaltung.
    ich habe für mich festgestellt, dass es mir viel mehr gut tut, wenn mir jemand in einer stresssituation einfach sagt, dass er mich versteht, dass es in ordnung ist, dass ich mich über dies oder das aufrege, mir einfach mal zuhört oder mich in den arm nimmt.
    speziell männer (aber auch meine mutter ist eben so) haben oft die tendenz, lösungsvorschläge zu bringen. ich denke das ist einfach ihre art, damit umzugehen.
    konkrete lösungen zu bieten ist auch oft einfacher, als eine unangenehme situation einfach stehen zu lassen und auszuhalten.
    das ist aber meine ganz persönliche empfindung und muss für andere nicht passend sein.


    ich habe spannende erfahrungen gemacht, wenn ich anderen menschen gegenüber (egal wie alt sie sind) diese verstehende, annehmende haltung eingenommen habe.
    die meisten wissen nämlich selber ganz genau, was sie tun können oder wollen. sie möchten einfach mal ihre wahrnehmung loswerden können (ist das nicht auch, warum wir hier im forum schreiben?)


    für mich ist es eher so, dass ich mit psychologie erklärungen suche für mein bauchgefühl.
    die ambivalenz im verhalten eines ba, zum beispiel. das gabe einfach kein stimmiges gesamtbild.
    mit der psychologisch zumsammengebastelten these konnte ich für mich ein bild schaffen, von dem ich sagen kann, ja, da passt alles zusammen.
    das emfpinde ich als angenehm und habe weniger grund, zu grübeln.



    Das kind ist 9, seine schwester ist gestern 6 jahre alt geworden.
    klar kann er es verstehen, er weiss schon, dass er nicht immer im mittelpunkt stehen kann und dass seine zeit auch wieder kommen wird.
    das ist die intellektuelle seite des ganzen.
    aber er war auch einfach enttäuscht darüber, dass an seinem geburtstag weniger familienmitglieder zeit hatten, er fühlte sich vermutlich einfach weniger geliebt.
    es macht vielleicht die enttäuschung wirklich nicht weniger, nur weil man es versteht.
    aber, und das finde ich das wichtige an dieser aussage, man sagt ihm damit, dass seine gefühle in ordnung sind. dass es traurig sein darf. oder enttäuscht. dass seine wahrnehmung stimmt.


    das ist mir deshalb so wichtig, weil ich vermute, dass ich als kind die erfahrung gemacht habe, dass meine wahrnehmung und meine gefühle nicht verstanden und nicht anerkannt wurden, und ich diese dinge deshalb weitestgehend abgespalten hatte. erst jetzt lerne ich wieder, meinen wahrnehmungen zu trauen und meine gefühle wirklich zu spüren. sie nicht zu unterdrücken.


    aber vielleicht bin ich auch nur ein sensibelchen ;-)


    liebe grüsse


    zahir

    Spock: You mistake my choice not to feel as a reflection of my not caring, while I assure you the truth is precisely the opposite.
    (Star Trek Into Darkness)

  • hallo zusammen,


    passt zwar nicht mehr ganz zur überschrift, aber ich wollte keinen neuen thread anfangen.


    mich beschäftigen noch einige eindrücke aus meinem urlaub.
    nein, nicht landschaftlich, obwohl das auch sehr eindrücklich war ;-)


    ich habe mich ja alleine für eine gruppenreise angemeldet.
    war ja schon stolz auf mich, dass ich das getan habe, hat einigen mut gebraucht.
    und vor der reise war ich ordentlich nervös.


    war dann aber eine wirklich tolle gruppe. viele andere alleinreisende, und ein ehepaar, das seit 30 jahren zusammen ist.


    ich habe mich in dieser gruppe sehr wohl gefühlt. gut eingebunden, akzeptiert, angenommen, integriert.
    nach der reise haben sich mehrere leute dafür bedankt, dass sie mich kennen lernen durften.


    ich habe nicht das gefühl, dafür etwas spezielles geleistet zu haben.
    das einzige, das anders war als bei anderen war, dass ich meine festplatte dabei hatte (weil ich die fotos überspielen wollte) und darauf auch musik war, die ich oft dann bei längeren autofahrten abgespielt habe.
    da es oft zur landschaft passende musik war hat das bei den anderen ein gefühl ergeben, dass die reise dadurch bereichtert wurde.
    ich hatte sogar einen vorteil dabei: ich durfte im auto vorne sitzen, und habe so die landschaft viel ungehinderter geniessen können :-)


    gegen ende kamen aber auch da erste angstgefühle.
    meinen es die leute wirklich ernst mit ihren aussagen?
    oder sagen sie das nur, weil man das so tut? und was wäre, wenn sie mich über diese drei wochen hinaus besser kennen lernen würden? mit meinen ängsten und kanten?
    tja, da ist sie wieder, die verlustangst, das geringe selbstwertgefühl.


    das heimkommen war dann eher schwierig.
    meine mutter hat sich zwar gefreut, dass ich wieder da bin und hat das auf ihre art auch gezeigt.
    aber als sie dann davon erzählt hatte, was hier alles los war während dieser zeit waren da einfach wieder sehr viele dinge, die ich mehr als vorwurf wahrgenommen habe.
    ist es denn wirklich meine schuld, wenn sich mein sohn als 19-jähriger nicht ganz ihren erwartungen gemäss verhält??
    der bä schweigt immer noch, und so langsam mache ich mir echte sorgen.
    komme mir aber wie ein idio vor, mit "falschen" gefühlen, anscheinend hält er es ja nicht für angebracht, dass ich mir sorgen um ihn mache (machen darf).


    sehr spannend, diese gegensätze so zu erleben.
    ich muss das erst mal noch sacken lassen....


    liebe grüsse


    zahir

    Spock: You mistake my choice not to feel as a reflection of my not caring, while I assure you the truth is precisely the opposite.
    (Star Trek Into Darkness)