Sicher kennen schon einige hier diesen Beziehungsratgeber von Steven Carter und Julia Sokol. Ich habe es mir inzwischen durchgelesen und in wirklich vielen Textpassagen mich selbst erkannt... echt Wahnsinn, wie oft die beiden Autoren mich beschreiben ! Ich bin der klassische passive Bindungsvermeider. Ich neige dazu, mich in Männer zu verlieben, die aus bestimmten Gründen nicht für eine Partnerschaft geeignet sind. In meinem Kopf mache ich mir eine Vorstellung von ihnen, in welche ich mich dann verliebe. Eines Tages stelle ich fest, dass meine Vorstellung nicht unbedingt der Realität entspricht und bin enttäuscht.
Die Autoren schreiben, dass BÄ-ler oftmals Panik vor einem langweiligen, routinierten Alltag haben. Das ist mein größtes Problem überhaupt. Ich verbringe meine Freizeit am liebsten mit Menschen, die nicht der breiten Masse entsprechen und empfinde den Mainstream als spießig. Diese Einstellung wird im Buch ebenfalls thematisiert. Da ist die Rede von Menschen, die wir eigentlich sympathisch finden, aber mit denen wir uns nicht unbedingt näher abgeben, weil sie uns zu erwachsen, reif und verantwortungsbewusst erscheinen. In meinem Fall absolut korrekt, denn ich habe keine Lust auf ein Leben, welches fast nur aus Arbeit und Verpflichtungen besteht. Es werden sehr viele Punkte angesprochen, die sehr "typisch Reni" sind... ich musste zwischendrin immer mal wieder das Buch zur Seite legen und kurz durchatmen. Hier ein paar Beispiele:
1.) Wohnsituation
Ich lebe ganz bewusst in einer kleinen 2-Zimmer-Wohnung, die eher spärlich eingerichtet ist. Im Fall der Fälle möchte ich die Option haben, schnell und problemlos wegziehen zu können. Eine größere Wohnung mit mehr Ausstattung bedeutet mehr Arbeit. Eigentum geht für mich gar nicht. Das bindet nämlich stärker an einen Ort, was ich nicht möchte. Ich bin auch Männern mit Eigentumswohnungen und eigenen Häusern immer aus dem Weg gegangen, weil mich das Eigentum stärker an sie gebunden hätte. Eigentum = viel Verantwortung und Arbeit, die ich mir nicht aufhalsen möchte. Ich habe noch nie mit einem Mann zusammen gelebt und möchte mir damit viel Zeit lassen, falls ich mal wieder einen Partner finden sollte. Ich möchte mir erst sicher sein, dass er den Großteil der anfallenden Aufgaben nicht auf mich abwälzt, bevor ich mich darauf einlasse. Außerdem ist es mir wichtig, auch in der gemeinsamen Wohnung manchmal für mich alleine zu sein. Das ist wohl die Folge der Wohnsituation damals in meiner Familie. Wir lebten in einer kleinen Wohnung, und es war fast immer jemand da. Das stresst mich.
2.) Arbeit
Flexible Arbeitszeiten sind mir sehr wichtig. Ich hatte mal einen Job mit festen Arbeitszeiten, und das war für mich der Horror schlechthin. Obwohl ich Frühaufsteherin und eine der ersten im Büro bin, komme ich nicht damit klar, wenn ich zu einer bestimmten Uhrzeit anwesend sein muss. Ich möchte die Freiheit haben, auch mal etwas später anfangen zu können, wenn mir morgens danach ist oder früher zu gehen, wenn ich privat etwas geplant habe. Jobs mit Urlaubssperren gehen auch nicht für mich.
Auch im Büro brauche ich sehr viel Freiheit. Z. B. habe ich seit kurzem eine Kollegin, die mich morgens immer sofort bei meiner Ankunft mit irgendwelchen Aufgaben empfängt. Wenn ich ankomme, möchte ich zuerst meine Jacke ausziehen, die Tasche ablegen und in aller Ruhe meinen Rechner hochfahren, bevor irgendwelche Leute zu mir kommen und sagen: "Du, ich hab´ eine Bitte. Kannst du dies, das und jenes machen?" Ich habe kein Problem mit Überstunden, mag es aber nicht, wenn mich ständig jemand durch die Gegend hetzt und in unnötigen Situationen unter Zeitdruck setzt.
3.) Kinder
Mein Kinderwunsch war noch nie sonderlich ausgeprägt. Mit Anfang 20 konnte ich mir zwar noch vorstellen, irgendwann mal Mutter zu werden. Aber als ich bei anderen Personen merkte, wie viel Arbeit das ist, hakte ich das Thema ab. Deshalb habe ich mich auch noch nie auf einen Mann eingelassen, der Kinder mit einer anderen Frau hatte. Wenn ich mir z. B. meine beste Freundin anschaue, deren Partner 2 Kinder aus seiner geschiedenen Ehe hat... au weia! Jedes 2. WE sind die Kinder da und in den Ferien oftmals auch. Ich mag es nicht, wenn ein Großteil meiner Freizeit verplant ist.
4.) Haustiere
Dasselbe Spiel. Ich mag Tiere gerne, könnte mir aber nicht vorstellen, welche zu haben. Z. B. hätte ich absolut keine Lust, bei starkem Regen, Schneefall, extremer Hitze oder Minusgraden mit dem Hund laufen zu gehen. Ich reise sehr gerne und möchte mir nicht vor jeder Reise Gedanken darüber machen, was während meiner Abwesenheit mit den Tieren passiert und nach einem Aufpasser suchen.
5.) Pflanzen
Mir kommt es ganz gelegen, dass meine Wohnung sich in einer Lage befindet, dass nach ca. 10 Uhr morgens keine Sonne mehr reinscheint und die meisten Pflanzen bei mir nicht überleben könnten. Pflanzen sind schließlich auch zusätzliche Arbeit. Kinder, Tiere und Pflanzen bringen Freude in das Leben eines Menschen. Personen mit BA denken hingegen in erster Linie an die Verpflichtungen, die daraus entstehen und haben Angst, diese nicht immer erfüllen zu können.
6.) Mitgliedschaften in Vereinen
Damit habe ich auch so meine Probleme, weil ich in meiner Freizeit weitestgehend spontan sein und nicht allzu viele feste Termine haben möchte. Ich mache sporadisch - aber wirklich selten, nicht jedes Jahr - Kurse bei der VHS. Und wenn ich das mache, dann höchstens 1x pro Woche. Ich will auch generell nicht öfter als 1x pro Woche nach Feierabend etwas außer Haus machen. Am WE bin ich gerne öfters unterwegs, aber nach der Arbeit bin ich froh, wenn ich nach Hause komme und will nicht ständig woanders was erledigen müssen.
7.) Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln wie Telefon, Handy und E-Mail
Ich habe zwar einen Festnetzapparat (viele Leute aus meinem Umfeld haben keinen, weil sie nicht ständig erreichbar sein möchten), bin aber nur in Notfällen rund um die Uhr erreichbar. Ansonsten gilt bei mir abends nicht nach 21 Uhr anrufen und am WE nicht vor 11 Uhr, wenn man nur einfach so mit mir quatschen möchte. Zwar stehe ich auch am WE gerne früh auf, bin aber ein ziemlicher Morgenmuffel und möchte nicht schon um 8-10 Uhr ohne Anlass am Telefon zugetextet werden. Ein Handy besitze ich auch, kann damit aber nur telefonieren und simsen. Es ist kein Smartphone, und ich will auch keins haben. Mir ist aufgefallen, dass viele Smartphone-Besitzer unterwegs permanent angeschrieben werden, ihre E-Mails checken, etc. Ich möchte nicht dauernd für alle erreichbar sein, wenn ich mich mit anderen Leuten treffe. Das ist für mich der reinste Stress. Auf E-Mails und SMS antworte ich schon, wenn auch nicht immer sofort. Das mache ich, wenn es mir zeitlich passt... lasse aber die Leute nicht zu lange warten, so extrem bin ich dann auch wieder nicht. Es gefällt mir aber nicht, wenn meine Antwort noch aussteht und der Absender mir eine zweite Nachricht schickt, bevor ich die erste überhaupt beantwortet habe. Dann fühle ich mich unter Druck gesetzt.
Ich mag es auch nicht, wenn mir Leute ohne konkreten Anlass öfters SMS schreiben. Wenn mir jemand schreibt, dann erwartet er auch eine Antwort. Und jede SMS kostet Geld. Da ich nicht viel verdiene, möchte ich die Kosten für mein Handy in Grenzen halten und kein Geld für sinnloses Gesimse verpulvern. Ich hab´ übrigens schon immer Handys mit Prepaid-Karte gehabt und meide Verträge ganz bewusst. Ein Vertrag ist halt auch eine Verpflichtung, und ich müsste mich mit zusätzlichem Papierkram beschäftigen, worauf ich keinen Nerv habe.
Es gibt noch so viel mehr... nur habe ich jetzt keine Zeit mehr. Vielleicht am Abend oder in den nächsten Tagen .
Als ich mit dem Buch fertig war, fühlte ich mich dermaßen beziehungsunfähig wie noch nie zuvor. Wenn ich über die Worte der Autoren so nachdenke, habe ich das Gefühl, als ob ihrer Ansicht nach nur ganz bestimmte Leute wirklich beziehungsfähig sind - und zwar die sog. "langweiligen Spießer". An einer Stelle schreiben sie ja auch, dass viele Menschen den Fehler machen, interessante Personen als feste Partner in Erwägung zu ziehen und keine Personen, die passend wären. Jetzt frage ich mich ob es tatsächlich Sinn der Sache ist, sich auf einen Menschen einzulassen, den man uninteressant findet. Das habe ich noch nie getan. Ich fand das auch fair gegenüber meinen Mitmenschen. Ganz ehrlich, wenn ich mich auf einen Mann einlassen würde, den ich uninteressant fände, hätte ich das Gefühl, ich wäre nur mit ihm zusammen, weil ich nicht alleine sein könnte. Dann würde ich mir vorkommen, als ob ich diese Person nur für meine Zwecke ausnutze. Und das ist doch auch nicht Sinn der Sache, oder?