• Mir ist heute aufgefallen, dass ich mich zwar seit Wochen intensiv mit BA beschäftige, mit dem B darin - also mit Bindung - aber eigentlich gar nicht. Dabei soll es ja das sein, wovor man Angst hat. Ich habe bislang ohne weiter nachzudenken Bindung als emotionale Bindung gesehen (s.Bindungstheorie). Aber Bindung kann ja noch in anderen Formen auftreten, die auch angstauslösend sind, weil sie alle die Freiheit, d.h. die Möglichkeit wegzugehen, wenn es schlecht für einen wird, einschränkt.


    Ich schreibe mal auf, was mir zu Bindung einfällt, vielleicht springt ja der/die ein oder andere darauf an und ergänzt das oder schreibt seine Gedanken dazu.


    1. emotionale Bindung, d.h. vermehrt Gefühle zu einer Person, negative Gefühle, Schmerz, wenn die Beziehung auseinandergeht und damit verbunden eine hohe Motivation die Beziehung aufrecht zu erhalten, ggf. auch wenn sie nichts mehr bringt oder sogar schädlich ist. Ist gut, weil sie Beziehungen stabilisiert und in Krisenzeiten ein leichtes Auseinanderfallen verhindert, ist schlecht, wenn eine Person in einer Beziehung leidet und sich dennoch nicht lösen kann. Ist das daselbe wie emotionale Abhängigkeit (bzw. ist das die starke Ausprägung und Kehrseite davon)?


    2. Bindung durch Versprechen/Pflicht/Schuldgefühle. Schuldgefühle binden einen an eine Person, verhindern, dass man sich trennen kann, selbst wenn es besser für einen wäre.


    3. Lebensumstände/Kultur: Verbot oder Erschwerung von Scheidungen. Finanzielle Abhängigkeit. Gemeinsame Wohnung/Haus. Gemeinsamer Arbeitsplatz.


    4. Bindung über andere Personen (gemeinsame Kinder, Familie, gemeinsame Freunde).


    Für mich bietet das mögliche Erklärungen für ein paar Dinge, die ich vorher nicht verstanden habe. z.B. warum viele die erste Verliebtheitsphase genießen können und erst dann Angst bekommen, wenn man zusammenziehen will, sich verloben will, Kinder haben will. Bei diesen Personen ist die emotionale Bindung vielleicht nicht so stark, d.h. sie können sich problemlos nach einem halben Jahr Verliebtheit trennen, aber sie würden große Schuldgefühle bekommen, wenn sie eine Verlobung auflösen würden oder wenn sie den Eltern erklären müssten, dass wieder eine Beziehung "gescheitert" ist.


    Bei mir waren früher Liebesgeständnisse ganz schlimm. Und wenn ich darüber nachdenke, warum das so war, dann ist es eindeutig die Verantwortung, die ich dann für den anderen empfunden haben oder glaubte, dass er mir aufdrücken wollte. Ich liebe dich, also kümmer dich gefälligst um mich und verlass mich nicht, das würde mich ganz furchtbar verletzen. Wie kann man nur so mit einem liebenden Menschen umgehen, wie kann man es ihm antun, so kalt zu sein etc etc.


    Angst vor emotionaler Bindung habe ich seltsamerweise weniger, obwohl das für mich eigentlich die schlimmste Bindungsform ist, weil man gegen sich selbst kämpfen muss, um sie zu überwinden. Ich weiß nicht wie das bei anderen ist, aber das kann auch einfach eine Fehleinschätzung der Gefahr sein. Viele Menschen haben z.B. auch große Angst vorm Fliegen und wenig vorm Autofahren, obwohl Autofahren viel gefährlicher ist.


    vielleicht ist das für euch alle schon längst klar, aber ich war ziemlich fokussiert auf die emotionalen Bindung, die anderen habe ich nie so richtig einordnen können. Jetzt sehe ich klarer.

  • Hallo delah,


    ich habe ja selber keine BA, weiß daher nicht wie interessant meine Gedanken zu dem Thema für dich sind aber ich werde es trotzdem mal schreiben da ich diese Ansätze richtig gut finde.
    Ich habe deinen Beitrag gelesen und mir mal einige Gespräche mit meiner EX durch den Kopf gehen lassen. Mir sind dann einige Sachen eingefallen, die im entfernteren Sinn, mit Bindung zu tun haben und kann mich an ziemlich unterschiedliche Reaktionen erinnern ..
    -Thema gemeinsames Konto: es gab bei uns des öfteren "Streiterein" wer wen jetzt auf das Essen/trinken einlädt. Irgendwann ließ ich die Aussage fallen "ich freue mich schon wenn wir ein gemeinsames Konto haben, dann sind diese Diskussionen vom Tisch", woraufhin sie eigentlich sehr positiv reagierte und sie meinte es würde für sie einen wahnsinnigen Vertrauensbeweis darstellen.
    -Thema gemeinsames Leben/Kinder/Haushalt: Auch immer sehr positiv, wenn das Thema aufkam. Egal bei welchem Thema genau waren wir oft der selben Meinung, drifteten nie wirklich auseinander. Auch wenn sie einen "BA-Anfall" hatte kam das eigentlich nie zur Sprache, sondern nur die Zeit bis wir verheiratet wären und wie schwer es werden würde bis zur Hochzeit.
    -Thema Eltern: Nie und nimmer hätte sie es ihren Eltern erzählt. Sie wurde sogar einmal von ihren Eltern nach mir gefragt, sie leugnete vollens dass sie einen Freund hat. Woran es liegt, dass kann ich nur spekulieren. Wusste sie, dass es sowieso nicht lange halten würde, wollte sie es nicht erzählen weil ich nicht aus ihrer Kultur komme oder hat es ihre BA einfach nicht zugelassen vor ihren Eltern zu mir zu stehen. Ich weiß es nicht ..
    - Thema ich liebe dich: Ich bereue es zwar nicht, dass ich es ihr gesagt habe, weil ich es ihr einfach sagen musste, aber es hat denke ich so ziemlich alles zerstört. Es war der Anfang vom Ende. So im Nachhinein sehe ich wie sie sich ab dem ich liebe dich, langsam aber stetig verändert hatte, immer mehr und mehr auf Abstand ging bis sie dann eben den Schlussstrich zog. Was genau es in ihr ausgelöst hat, nun ja das kann ich auch nicht genau sagen aber ja es hat eine Reaktion in ihr ausgelöst ..

  • Zitat von überfragt

    Thema Eltern: Nie und nimmer hätte sie es ihren Eltern erzählt. Sie wurde sogar einmal von ihren Eltern nach mir gefragt, sie leugnete vollens dass sie einen Freund hat. Woran es liegt, dass kann ich nur spekulieren. Wusste sie, dass es sowieso nicht lange halten würde, wollte sie es nicht erzählen weil ich nicht aus ihrer Kultur komme oder hat es ihre BA einfach nicht zugelassen vor ihren Eltern zu mir zu stehen. Ich weiß es nicht ..


    Eine andere Kultur kann schon sehr schwierig sein. Meinen Eltern habe ich auch nie was von Freunden erzählt. Meine Mutter hat immer gesagt, ich kriege eh nie einen Mann ab, oder bei mir bleibt keiner, so wie ich bin. ich hätte ihre Schadenfreude/ihren Triumph bei einer gescheiterten Beziehung nicht ertragen. Es sind mehr Mütter so als man denkt. Die Konkurrenz und der Neid, den Mütter gegenüber ihren Töchtern empfinden kann groß sein. Aber es kann auch einfach sein, dass man sich als Versager fühlt, wenn Beziehungen zerbrechen und man vor den Eltern nicht als solch ein Versager dastehen möchte. Oder als Flittchen/Frauenheld. Es gibt jedenfalls eine Menge möglicher (guter) Gründe dafür den Partner nicht den Eltern vorzustellen, die nichts mit mangelnder Zuneigung zu tun haben. Wenn die Eltern erst einmal von dem Partner wissen ist der Druck hoch, dass die Partnerschaft bestehen bleibt.


    Zitat von überfragt


    - Thema ich liebe dich: Ich bereue es zwar nicht, dass ich es ihr gesagt habe, weil ich es ihr einfach sagen musste, aber es hat denke ich so ziemlich alles zerstört. Es war der Anfang vom Ende. So im Nachhinein sehe ich wie sie sich ab dem ich liebe dich, langsam aber stetig verändert hatte, immer mehr und mehr auf Abstand ging bis sie dann eben den Schlussstrich zog. Was genau es in ihr ausgelöst hat, nun ja das kann ich auch nicht genau sagen aber ja es hat eine Reaktion in ihr ausgelöst ..


    Das ist tragisch. Ein weiterer Grund für so drastische Reaktionen auf Liebesgeständnisse (neben den Pflicht/Schuldgefühlen) könnte sein, dass man mit diesem Satz etwas zu verlieren hat. Vorher kann man sich immer einreden "der hat mich eh nie geliebt". Aber geliebt zu werden und dann die Liebe verlieren, dass ist richtig schmerzhaft. Das muss dann ja an einem selbst liegen. Wenn man aber geht, dann verliert man die Liebe nicht.

  • Hallo delah,


    natürlich kann es eine Vielzahl verschiedener Gründe geben, wieso sie dieses und jenes so gemacht hat und dieses und jenes anders.
    Was die einzelnen Sachen für eine Reaktion ausgelöst haben, das weiß ich nicht.
    Sicher gibt es für jede Entscheidung eine Begründung, aber über diese will ich mir jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Hab so und so schon genug im Kopf, dass ich gerne verstehen würde ..


    Aber ich bleibe dabei, deine Ansätze in wievielen unterschiedlichen Möglichkeiten sich Bindung zeigt finde ich wirklich interessant. Ich glaube, wenn man in einer Beziehung mit einem BA ist, kann man daran arbeiten und sollte sich das einmal genauer betrachten was, wie stark die BA der jeweiligen Person auslöst