Sind Bindungsängstliche hochsensibel?

  • Ich bin selbst BÄ und ich weiß seit einigen Monaten auch, dass ich hochsensibel bin (HSP).


    Ich frage mich, ob es da einen Zusammenhang gibt.


    v.a. im Rückblich auf meine Ex-BÄ-Männer, bei denen ich sehr den Eindruck hatte, dass sie mindestens so sensibel sind wie ich.
    Sie erspürten jede Emotion, jeden Gedanken, es musste fast nichts ausgesprochen werden...


    Gibt es hier noch andere BÄs die auch HSPler sind oder Erfahrungen in der Richtung haben?

  • Ja, ich habe darüber sehr viel nachgedacht die letzten Tage...
    nachdem wir Hochsensiblen alles verstärkt wahrnehmen, leiden wir auch viel mehr bei einer Trennung etc.


    Und dieser wahnsinnige Schmerz, den steckt man als HSpler nicht einfach so weg... wäre kein Wunder, wenn sich daraus eine BA entwickelt!


    Bei mir war es sicher so, wobei in meiner Kindheit auch nicht alles OK war.
    (was wiederum ein Grund dafür sein kann, dass sich die Hochsensibilität entwickelt hat).

  • Also mein BÄ war definitiv nicht hochsensibel. Er hat sich immer darüber gewundert, dass ich so emotional bin (Ich meine damit kein Drama, sondern dass ich mich über schöne Dinge viel mehr freuen konnte und über schlimme trauriger war) und meinte, dass er alle Emotionen nicht so stark fühlt. Ich glaube er war mit Emotionen generell überfordert. Kein Wunder, wenn man keinen Zugang dazu hat...

    “All men should strive to learn before they die, what they are running from, and to, and why.”
    – James Thurber

  • Ich kann mir gut vorstellen, dass ich hochsensibel bin. Mein früherer BA-Mann ist auch sehr sensibel, aber nur wenn es um seine eigenen Belange geht. Meine Bedürfnisse haben ihn kaum interessiert.

  • Zitat von Caramel

    Also mein BÄ war definitiv nicht hochsensibel. Er hat sich immer darüber gewundert, dass ich so emotional bin (Ich meine damit kein Drama, sondern dass ich mich über schöne Dinge viel mehr freuen konnte und über schlimme trauriger war) und meinte, dass er alle Emotionen nicht so stark fühlt. Ich glaube er war mit Emotionen generell überfordert. Kein Wunder, wenn man keinen Zugang dazu hat...


    Ja das stimmt, wobei man nicht vergessen darf, dass beim BÄ in der PANIK-Phase bzw. bei zu viel Nähe die Gefühle verschwinden....
    Ich habe einen BÄ Mann in der Familie, der definitiv hochsensibel ist (er muss bei emotionalen Dingen im TV sofort losheulen etc) ABER: wenn es um seine Partnerin/Eltern etc. geht wirkt er oft EISKALT. gerade die Menschen, die ihm sehr nah sind, haben emotional keinen Zugang zu ihm. Da ist er absolut blockiert.


    Aber natürlich kanns auch BÄs geben die keine HSPler sind, ganz klar...

  • An die HSP hier in der Runde: Wie kommt Ihr damit klar, macht euch das auch so oft zu schaffen wie mir? Ganz ehrlich, ich wünsche mir oftmals, weniger sensibel zu sein und habe das Gefühl, dass mir die ausgeprägte Sensibilität immer wieder Steine in den Weg legt.

  • Ja Reni, es macht mir sehr zu schaffen... ich bin viel verletzlicher als der Durchschnittsmensch und muss dann immer alles rational hinterfragen "darf ich jetzt verletzt sein?" "ist das normal?"
    Ich trau mich fast nie meine Gefühle gleich zu zeigen, weil ich immer denke, "nee warte mal - erstmal überlegen wie das jetzt ankommt" ... einerseits möchte ich das nicht, es wäre schön wenn ich immer alles gleich zeigen dürfte und einfach ICH sein dürfte, aber das geht garnicht.
    Da find ich mich selbst dann wieder nicht liebenswert... habe Angst andere zu belasten mit meinem "Gefühlsmüll"
    :?


    Wie ist das bei euch?

  • Mir geht es ähnlich. Ich trau´ mich oftmals schon gar nicht mehr, im RL zu sagen, dass ich verletzt bin. Viele Leute empfinden das als "nerviges Rumgestresse". Deshalb rede ich lieber hier über meine Probleme als mit Menschen, die ich persönlich kenne.


    Ich habe sehr daran zu knabbern, dass mir manche Verhaltensweisen anderer sehr weh tun, die für andere Leute ganz harmlos sind. Dann bekomme ich das Gefühl, ich würde ihnen das Leben schwer machen.

  • Zitat von Sukramine

    Hohe Sensibilität bedeutet ja, viele Sinneseindrücke, viele Nuance in Emotionen, sowohl bei sich selbst, als diese natürlich auch bei anderen "lesen" zu können.


    Das gehört natürlich auch dazu.



    Zitat von Sukramine

    Bei mir ist es z.B. so, dass mich laute Geräusche extrem anstrengen, oder mich helles Licht blendet, oder ich extrem auf manche Sachen, wie z.B. Koffein reagiere.


    Mich stört laute Musik nicht so sehr, aber ich reagiere äußerst empfindlich auf einen plötzlichen Knall. Silvesterböller, Faschingspistolen und geplatzte Luftballons machen mich WAHNSINNIG. Oder wenn jemand eine Tüte aufbläst und dann mit dem Handrücken draufschlägt, um sie platzen zu lassen *schüttel*. Grelles Licht ist auch furchtbar. Und ich habe diverse Lebensmittelunverträglichkeiten, was ja auch immer wieder beim Thema Hochsensibilität erwähnt wird. Ganz schlimm ist es bei mir, wenn ich mit vielen Menschen auf wenig Raum zusammensitzen muss. Ich hasse überfüllte Verkehrsmittel wie die Pest.

  • was ich mich schon gefragt habe: ist diese erhöhte sensibilität, speziell was zwischenmenschliche emotionen angeht, vielleicht auch erlernt?
    und hat ihre ursache in einer kindheit, in der man (ich) gelernt hat, genau zu erspüren, was eine geliebte person will, um es ihr dann recht machen zu können, um von ihr wahrgenommen und geliebt zu werden?

    Spock: You mistake my choice not to feel as a reflection of my not caring, while I assure you the truth is precisely the opposite.
    (Star Trek Into Darkness)

  • Zitat von zahirch

    was ich mich schon gefragt habe: ist diese erhöhte sensibilität, speziell was zwischenmenschliche emotionen angeht, vielleicht auch erlernt?
    und hat ihre ursache in einer kindheit, in der man (ich) gelernt hat, genau zu erspüren, was eine geliebte person will, um es ihr dann recht machen zu können, um von ihr wahrgenommen und geliebt zu werden?


    So steht das auch in Alice Millers "Das Drama des begabten Kindes". Allerdings ist es doch bei Hochsensiblen auch so, dass sie generell alle zwischenmenschlichen Energien viel stärker wahrnehmen und sich deswegen z.B. ungern in großen Menschenmengen aufhalten. Kenne mich da aber auch nicht so gut aus

    “All men should strive to learn before they die, what they are running from, and to, and why.”
    – James Thurber

  • Zitat von zahirch

    was ich mich schon gefragt habe: ist diese erhöhte sensibilität, speziell was zwischenmenschliche emotionen angeht, vielleicht auch erlernt?
    und hat ihre ursache in einer kindheit, in der man (ich) gelernt hat, genau zu erspüren, was eine geliebte person will, um es ihr dann recht machen zu können, um von ihr wahrgenommen und geliebt zu werden?


    soviel ich weiß, ist ein Teil davon tatsächlich "erlernt" d.h. das Kind muss von klein auf sehr viel ERSPÜREN weil die Eltern sich eben komisch verhalten & das Kind lernt sich dann durch erhöhte Sensibilität anzupassen an die Wünsche der Eltern... das ist leider alles sehr traurig, denn am Ende spürt man eben NUR noch die anderen und kaum noch sich selbst. So ist es ja auch in diversen BA Büchern beschrieben und auch bei Alice Miller.


    Andere sensorische Fähigkeiten der HSPler sind (glaube ich) z.T. auch angeboren - verstärkter Geruchssinn/Lärmempfindlichkeit etc.

  • Zitat

    Die andere Frage, die ich mir aber oft stelle ist, warum ich so auf sehr sensible Menschen abfahre (und zwar nicht nur in Beziehungen, auch was Freundschaften betrifft). Ob das wirklich nur daran liegt, dass ich selbst vielleicht Näheangst habe und mir daher Menschen suche, die ähnliches erlebt haben.


    wenn man selbst Näheangst hat, dann funktioniert es natürlich am besten mit Leuten, die ähnlich veranlagt sind und auch nicht so viel Nähe fordern... sonst gibts früher oder später Krach. Das gilt für Freundschaften wie für Beziehungen.


    Zitat

    Und meine Theorie ist , dass das eben nur zum Teil stimmt. Der andere Teil ist, dass ich durch die Hochsensibiltät einfach auch in Bereiche vordringen kann, die anderen verborgen sind. Und ich deshalb einfach auch - bewusst oder unbewusst (ich meinem Falle würde ich fast sagen: eher bewusst) Menschen suche, die eben einen ähnlichen "Zugang" zur Welt haben. Und dass diese dann vielleicht eben schwierige Kindheitskonstellationen erlebt haben und daher Beziehungen schwierig sind, eher aben auch so was wie ein unerwünschtes Nebenprodukt ist, weil es eben da eine recht hohe Korrelation gibt.


    Ja - ich selbst verliebe mich immer in sehr sensible Männer, das tu ich nicht bewusst, da KLICKT es eben einfach & ich glaube auch, dass es damit zu tun hat, dass einen das Gegenüber ja irgendwie "spiegelt" - ich mag das, wenn ich da Ähnlichkeiten entdecke. Mit so rein rationalen Typen kann ich nix anfangen (erinnert mich auch zu sehr an meinen vater).
    Die meisten meiner Freunde sind auch HSPler, allerdings nicht alle. Bei Freundschaften finde ich es manchmal auch ganz angenehm, wenn man mit Leuten umgeben ist, die nicht SO empfindlich sind (denn es kann teilweise auch einfach total anstrengend sein, gebe ich zu, trifft auf mich sicher auch zu ;)) Aber die schönsten & intensivsten Gespräche habe ich definitv mit Hochsensiblen.


    Zitat


    Wobei das natürlich auch auf Verdrängung beruhen kann, daher beschäftigt mich das auch so, weil ich eben nicht sicher bin, ob ich da wirklich auch ehrlich zu mir selbst bin.


    was meinst du? hab ich nicht verstanden...was beruht auf verdrängung?

  • Zitat von Sukramine


    Die andere Frage, die ich mir aber oft stelle ist, warum ich so auf sehr sensible Menschen abfahre (und zwar nicht nur in Beziehungen, auch was Freundschaften betrifft). Ob das wirklich nur daran liegt, dass ich selbst vielleicht Näheangst habe und mir daher Menschen suche, die ähnliches erlebt haben.
    --- Und ich deshalb einfach auch - bewusst oder unbewusst (ich meinem Falle würde ich fast sagen: eher bewusst) Menschen suche, die eben einen ähnlichen "Zugang" zur Welt haben.


    Für mich persönlich fände ich diese Überlegungen zu verkopft. Ich glaube, ich bin da viel einfacher strukturiert: ich gehe wohl schlicht davon aus, daß sensible Männer mir nicht wehtun können, im Sinne von Brüllerei und Prügelei. Gegenüber sensiblen Männern kann ich die Oberhand behalten. (Bei den Simpsons heißen die sensiblen Typen, aus denen boy bands zusammengestellt werden, "non-threatening boys", um zu erklären, warum Mädchen so auf sie abfahren.)


    Das wiederum deutet laut Fachliteratur darauf hin, daß ich mich Männern wohl grundsätzlich eher unterlegen fühle, also ein geringes Selbstwertgefühl habe und mich deshalb von Männern angezogen fühle, die lieb, empfindsam und verletzlich wirken. Daß aber (gerade) solche Männer mir auch sehr wehtun können, habe ich wohl noch nicht zur Genüge verinnerlicht.

  • Mein aktueller BÄler hat auch eine außergewöhnliche Beobachtungsgabe. Banales Beispiel: Er sieht, daß ich beim Friseur war, auch wenn das schon ein paar Tage zurückliegt und bloß die Spitzen abgeschnitten wurden. Den Unterschied zu vorher erkenne ich ja nicht mal selbst! Ist vielleicht auch kein Zufall, daß die meisten BÄler, mit denen ich zu tun hatte, von anderen manchmal für schwul gehalten wurden.


    Aber auch Stimmungen und Charaktereigenschaften von mir hat er sehr gut erkannt. Verletzlich habe ich mich dennoch nicht gefühlt, denn all das trug bei ihm zu meiner Idealisierung bei. Er hat quasi an mir nur das Positive erkannt/erkennen wollen. Manchmal lag er allerdings auch daneben, wenn er nämlich Wunschbilder, die er gern leben würde, auf mich projiziert hat.


    Ich wünschte, er würde auch mal meine Schwächen sehen. Wir sammeln hier ja die "BÄ-Sprüche". Ich vermute, auch die Partner von BÄlern haben wahrscheinlich typische Sprüche, die sie immer wieder sagen. Meiner ist beispielsweise: "Ich bin doch auch nur ein normaler Mensch!". Im Sinne von: Ich habe auch Gefühle! Ich habe auch Ängste! Ich fühle mich auch mal schwach! Aber das zu erkennen würde ihnen ja das Gefühl geben, sich um mich kümmern zu müssen, und wegen ihres geringen Selbstwertgefühls glauben sie ja leider nicht, daß sie das können...


    Diese Sensibilität, so faszinierend sie sein mag, nervt mich auch. Erstens gibt sie mir das Gefühl, den BÄler wie ein rohes Ei behandeln zu müssen. Das ist leider nicht meine Stärke... Depressionen sind ja letztlich übersteigerte Empfindungen, die jede/r kennt, und ich denke ständig, oh Gott, bloß nix Falsches sagen, er nimmt ja alles 3x mal so schwer wie normale Menschen...ich weiß nicht, wie man mit solchen Menschen Konflikte austragen kann, ohne daß sie gleich anfangen zu weinen oder sich zurückziehen, in depressive Zustände abdriften. Zweitens vermindert diese Sensibilität ja offenbar die Beziehungsfähigkeit. Manchmal denke ich, mir wäre vielleicht auch ein grober Klotz als Mann recht, der zwar niemals bemerken würde, wie es mir geht, der aber handelt und mich unterstützt, wenn ich ihm sage, was ich brauche. Und nicht einfach wegläuft, weil er davon so überfordert ist.

  • @ Sukramine


    Zitat

    Denn das erklärt auch, warum z.B. nicht alle Menschen, die schwierige Kindheitskonstellationen erlebt haben, mit erhöhter Sensibilität reagieren.Umgekehrt haben aber auch nicht alle hochsensiblen Menschen, zwangsläufig schwierige Kindheitskontellationen erlebt. Jedoch gibt es da m.E. eine recht große Korrelation.


    So, das war jetzt der (populär)wissenschaftliche Teil.


    Nicht nur m.E, sondern wissenschaftlich nachgewiesen.
    Es gibt eine sehr große Korrelation zwischen HSP und BÄ (BL).


    Ich nannte meine Ex intuitiv meine Fledermaus mit einem besonderen Antennensystem.
    Sie konnte meine Gedanken (und wirklich, ohne das ich jeh ein Wort sagte nur weil ich am Denken war) förmlich lesen und zwar 1:1.


    Da ich solches noch nie zuvor bei einem Menschen erlebt habe, erstaunte mich das.


    Verunsichert war ich nie, es faszinierte mich nur....


    Später begriff ich, es gehört (insbesondere bei den BÄ Frauen) zum erlernten Instrumentarium der Überlebenssstrategie.


    Imac

  • Zitat von Sukramine


    Nur , er war halt dann durch meine REaktion trotzdem ziemlich lange verletzt, obwohl ich sie ihm erklärt hab und auch gesagt, dass das wenig mit ihm zu tun hatte. Und konnte sich dann erst einmal ein paar Wochen nicht melden.
    Das ist halt die Sache, die mich immer noch sehr verletzt und mit der ich eben nicht gut umgehen kann: Ignoriert zu werden. Ich frag mich aber, ob das dann wirklich mit HS zu tun hat, oder ab das nicht die meisten Menschen treffen würde.


    Also, ich habe in solchen Fällen jedesmal am Rad gedreht. Aus Verlustangst, klar, aber irgendwo auch aus Wut auf so ein "Mimöschen". Wie soll das erst werden, wenn mal richtig handfeste Konflikte auftreten? - habe ich mich dann gefragt. Was ist das für eine Beziehung, aus der sich jemand wochenlang einfach verabschiedet? Ich glaube, so etwas würde jeden sehr treffen, nur würden die meisten Menschen dann wohl relativ rasch die Konsequenz ziehen, die Beziehung zu beenden.


    Wie hältst Du sowas aus?


    Zitat

    Manchmal denke ich, mir wäre vielleicht auch ein grober Klotz als Mann recht, der zwar niemals bemerken würde, wie es mir geht, der aber handelt und mich unterstützt, wenn ich ihm sage, was ich brauche. Und nicht einfach wegläuft, weil er davon so überfordert ist.


    Zitat

    Meinst du das wirklich?


    Nein.


    Zitat

    WEnn ich mir eine Beziehung wünsche, dann geht es mir doch mehr (bzw. fast in erster Linie) um emotionalen Austausch.


    Das wünsche ich mir auch. Aber emotionaler Austausch würde für mich eben auch bedeuten: Trost und emotionale Unterstützung im Krankheitsfall, bei Todesfällen in der Familie, bei Niederlagen im Job usw. Ich habe erlebt, wie es ist, wenn sich ein BÄler leider genau in solchen Krisenfällen zurückzieht. Nicht schön. Emotionalen Austausch möchte ich nicht nur in guten Zeiten, sondern auch in schlechten.