Geschenke, Feste und Geburtstage

  • Hallo ins Forum,


    nach Stöbern im Forum habe ich den Eindruck gewonnen, dass zumindest aus Sicht der Expartner der Umgang bindungsängstlicher Menschen mit Festen und Geschenken schwierig ist. Ich weiß nicht in welcher Diskussion, aber kürzlich kam wieder das Thema Geburtstag auf, und da hab ich nochmal über meine Erfahrungen damit nachgedacht.


    Mein Exfreund mochte besonders Weihnachten nicht, das er meist mit seiner Familie feierte, Mutter, Schwester usw. Er empfand Weihnachten immer als ein "alle tun als ob sie sich mögen, obwohl sie sonst nicht so freundlich miteinander sind". Er erzählte mir immer, wie man sich in seiner Familie gegenseitig Geld schenke, und ich hatte den Eindruck, dass das eine recht lieblose Angelegenheit sei. Einmal war ich aber Weihnachten dort und zwar ursprünglich ungern, weil ich die ganzen schlechten Geschichten, die er mir erzählt hatte, im Kopf hatte. Dann war's aber sehr schön, alle waren nett, die Geschenke, die sie sich gemacht haben, vielleicht nicht topkreativ, aber völlig ok. Es war ja Ausland, also war alles etwas anders als bei uns, ich war nicht so Fit in der Sprache, aber ich hab mich da sehr wohlgefühlt. Großer Kontrast zu dem, was ich befürchtet hatte.


    Wenn ich ihn über Geschenke und Familie erzählen hörte,dann klang das immer so nach Tauschhandel, dass da hauptsächlich praktische Dinge, Geld, Gutscheine oder vorher vereinbarte Dinge verschenkt wurden, und wie gesagt, recht lieblos. Als ich das letzte Mal dort war, hatte er noch immer nicht sein Geburtstagsgeschenk von seiner Schwester bekommen, obwohl der Geburtstag schon drei Monate her war und er sich was ganz Bestimmtes gewünscht hatte.


    Was mich angeht, so hatte ich den Eindruck, dass er mir schon grundsätzlich immer gern was schenken wollte, aber dass das mit Stress verbunden war, denn er könnte mir ja was falsches schenken, ich könnte das Geschenk nicht mögen. Vielleicht war auch stressig, dass ich Geschenke gern mag, also ich mache gern welche und ich freue mich besonders über Geschenke bei denen ich merke, welche Gedanken sich jemand gemacht hat. Wir kannten uns ja schon vor der Beziehung und machten uns zu der Zeit noch keine Geschenke, aber bestimmt hab ich auch schon damals mal von Dingen erzählt, die ich von andern bekommen und über die ich mich gefreut hatte. Vielleicht hatte er deshalb auch den Eindruck, dass die Messlatte hoch liegt.


    Er hatte mich während der Beziehung in sein Hobby eingeführt, und dachte darüber nach, mir etwas zu schenken, das damit zusammenhing. Ich hatte für mein Gefühl schon angedeutet, dass ich mich drüber freuen würde, aber ich musste fast eine "Bestellung" aussprechen, bevor er es verstand, und das wollte ich eigentlich nicht, weil es sich dann nicht mehr wie ein Geschenk anfühlt. Letztendlich bekam ich das Geschenk, aber ich hatte das Gefühl, ihn da sehr viel rückversichern zu müssen, dass ich es auch wirklich mochte und es passend war.
    Er war als Kind ständig von seiner Mutter kritisiert worden, auch als Erwachsener bekam er regelmäßig Kommentare, daher kam bestimmt die Angst, beim Schenken was falsch zu machen.


    Geschenke anzunehmen fand er auch schwierig. Anfangs hab ich ihm recht oft was geschenkt, manchmal einfach nur so, weil ich Spaß dran hatte. Aber die Reaktionen darauf waren eigentlich fast immer verhalten. Letztendlich war ich mir unsicher ob er nicht gern etwas bekam oder ob ich das meiste falsch ausgesucht hatte, sodass ich es dann seltener tat. Während der ersten Trennung erzählte er mir dann, dass er eins meiner Geschenke benutzte, also waren sie womöglich doch nicht so verkehrt...
    Ich fand das in dem Moment seltsam, weil ich selber nach einer Trennung nicht noch ein Geschenk vom ex nutzen würde, weil ich Abstand gewinnen wollen würde...



    Mich würde interessieren zu hören, welche Erfahrungen ihr mit Feiertagen und Geschenken in BA-Beziehungen gemacht habt, und wie das zu dem passt, was Ihr über die Familie Eures (Ex)Partners wisst.

  • Das ist bei vielen BA generell sehr schwierig Geschenke anzunehmen oder selbst welche zu machen.


    Erstens, weil es eine Zuneigungsbekundung ist in Form von "Ich mag, liebe, schätze dich" etc und damit dürfte so jeder BA seine Probleme haben (schafft ja auch eine gewisse Nähe) und zweitens schafft es eine gewisse Erwartungshaltung dem Schenker gegenüber. So nach dem Motto, "Ich habe was geschenkt bekommen, also muss ich mich jetzt freuen, bedanken, dies und jenes Verhalten an den Tag legen, weil ich ja beschenkt wurde und am besten noch ein Geschenk zurück schenken". Damit sind viele BA einfach überfordert.


    Bei mir hatten alle meine BA Probleme mit Geschenken oder selbst zu schenken. Mein letzter hat sich noch nicht mal bedankt, wenn er von mir was bekommen hat. Ich hab dem mal an Weihnachten in vielen Stunden was aufwendiges selbst gebastelt und geschenkt. Er hat bis zum heutigen Tage kein einziges Wort darüber verloren. Als ob es das nie gegeben hätte.


    BA1 hat sich an Weihnachten grundsätzlich von der Familie ferngehalten ( obwohl sie alle unter einem Dach gelebt haben), da hatte ich mehr mit seinen Eltern und Geschwistern zu tun als er selbst. Kurz essen und sofort wieder in seinem Zimmer unter dem Dach verschwunden. Geschenke machte er den Leuten während ich mit ihm zusammen war ( immerhin fast vier Jahre) quasi nie. Egal zu welchem Anlass. Seine Familie ist super lieb, warmherzig, hilfsbereit, offen und großzügig. Alle. Sowohl seine Eltern, als auch seine Geschwister und die Oma. Er ist dort wirklich der einzige, der mit allem und jedem ein Problem hat.


    BA2 ist über die Feiertage was mich anging komplett abgetaucht. Keine Meldung, keine Nachricht, keine Geschenke. Lebt aber mit seiner Familie auf einem Hof und die feiern alle zusammen. Ob es da Geschenke gab, weiß ich nicht. Für seinen Sohn mit Sicherheit - der fällt bei ihm eh aus dem Rahmen in allen Verhaltensweisen. Ich selbst hab nie was geschenkt bekommen. In den über zwei Jahren, in denen wir uns getroffen haben, waren wir anfangs ( und nur da!) mal im Kino, essen, schwimmen. Da hat er immer drauf bestanden zu zahlen ( was ich auch als eine Art Geschenk sehe). Die Familie hält zusammen wie Pech und Schwefel, sehr erfolgsorientiert, zielstrebig und erfolgreich. Genau wie er selbst auch. Workaholic und Sportsüchtig.


    Ich hab ja selbst BA Anteile und tat mir auch schwer was anzunehmen. Ich hab jedesmal Beklemmungen gehabt und wenn ich dann noch im Beisein der Person auspacken sollte, wäre ich am liebsten weglaufen so unangenehm war mir das. Mein Mann hat mir das förmlich ausgetrieben ohne es zu wissen, weil der mir einfach sehr oft "einfach so" was geschenkt hat. Mich mit was überrascht hat ohne einen Grund zu haben. Man gewöhnt sich halt doch irgendwann an alles :wink:

  • Mein Ex BÄ hat mir in den ganze 5 Jahren nur einmal zum Geburtstag gratuliert und das auch nur, weil ich es ihm zwei Tage vorher gesagt hatte. Dann nie mehr. Er will nicht wissen, wann mein Geburtstag ist und interessanterweise auch nicht, wie alt ich genau bin. An Geschenke war demzufolge auch überhaupt nicht zu denken. Weihnachtsgrüße gag es auch nicht regelmäßig, wenn überhaupt dann nur aus Höflichkeit als Antwort auf meine Grüße...Großzügig beim Bezahlen war er allerdings auch immer ohne damit zu protzen. Das hat mir schon gefallen...


    Ich kenne aber auch Nicht BÄ die es mit Geschenken nicht so haben (unter anderem mein jetztiger Freund). Das ist auch durchaus eher ein Männerphänomen. Grundsätzlich glaube ich, dass Mesnchen mit Selbstwertproblemen auch häufig keinen entspannten Umgang mit Geschenken haben. Das kann auch umgekehrt ausarten, indem sie einen mit Geschenken überschütten oder sie zur falschen Zeit in der falschen Größe machen...

  • Zitat von Griselda

    Mein Ex BÄ hat mir in den ganze 5 Jahren nur einmal zum Geburtstag gratuliert und das auch nur, weil ich es ihm zwei Tage vorher gesagt hatte. Dann nie mehr. Er will nicht wissen, wann mein Geburtstag ist


    Zitat von SugarLea

    Bei mir hatten alle meine BA Probleme mit Geschenken oder selbst zu schenken. Mein letzter hat sich noch nicht mal bedankt, wenn er von mir was bekommen hat. [...]


    BA1 hat sich an Weihnachten grundsätzlich von der Familie ferngehalten ( obwohl sie alle unter einem Dach gelebt haben), da hatte ich mehr mit seinen Eltern und Geschwistern zu tun als er selbst. Kurz essen und sofort wieder in seinem Zimmer unter dem Dach verschwunden. Geschenke machte er den Leuten während ich mit ihm zusammen war ( immerhin fast vier Jahre) quasi nie.
    [...]
    BA2 ist über die Feiertage was mich anging komplett abgetaucht. Keine Meldung, keine Nachricht, keine Geschenke. Lebt aber mit seiner Familie auf einem Hof und die feiern alle zusammen.


    Meine Güte, das finde ich alles sehr drastisch. Mein Ex fand es schlimm, wenn man Geburtstage vergaß, er achtete immer penibel drauf, allen zu gratulieren, mindestens per Telefon oder SMS. Wir kannten uns ja vor dem RL-Treffen schon sehr lange online, wobei der Kontakt zu verschiedenen Zeiten verschieden eng war. Ich war anfangs immer diejenige, die Geburtstage vergaß, seit ich ein Smartphone mit Kalender habe, ist das besser.


    Wenn ich Eure Berichte lese und auch an viele andere Beiträge denke, die ich gesehen habe, dann glaube ich, ich hatte das BA-Einsteigermodell zum Reinschnuppern. Beziehung wäre zwar auf normale Art nicht möglich gewesen, aber er war nicht so brutal gemein wie ich's von andern gelesen hab und benahm sich nach außen sozial unauffällig...


    Mit der Familie in einem Haus sein und aber niemandem was schenken oder an irgendwas teilnehmen, das ist schon sehr speziell...


    Zitat von SugarLea

    Ich hab ja selbst BA Anteile und tat mir auch schwer was anzunehmen. Ich hab jedesmal Beklemmungen gehabt und wenn ich dann noch im Beisein der Person auspacken sollte, wäre ich am liebsten weglaufen so unangenehm war mir das. Mein Mann hat mir das förmlich ausgetrieben ohne es zu wissen, weil der mir einfach sehr oft "einfach so" was geschenkt hat. Mich mit was überrascht hat ohne einen Grund zu haben. Man gewöhnt sich halt doch irgendwann an alles :wink:


    Und wie ist das heute für Dich, wenn Du Geschenke bekommst, ist es Dir jetzt überhaupt nicht mehr unangenehm? Und fühlt es sich bei allen Schenkern gleich an, egal ob es Dein Mann oder eine nicht so enge Freundin wäre?


    Und wie macht Ihr es jetzt, trotz Deiner BA-Anteile eine erfolgreiche Beziehung zu führen, und warum ist das möglich geworden? Wenn ich an die Schnipsel denke, die ich von Deiner Geschichte hier im Forum gesehen habe, ich glaube Du hast mehr im geschützten Bereich geschrieben, dann wirkt das immer so ein bisschen wie ein Wunder auf mich, dass es so plötzlich ging. Aber es wird schon kein Wunder gewesen sein, Du wirst schon irgendwas dafür gemacht haben...

  • Ich glaube, dass der Umgang mit Geburtstagen und Geschenken einen ziemlich faszinierenden Einblick in die Grundproblematik eines Menschen bietet. Bei meiner Ex liegt das Problem, so denke ich zumindest, in der Kindheit.. Trennung der Eltern, bei beiden Elternteilen zum Teil aufgewachsen, bei beiden unterschiedliche Formen körperlicher und seelischer Gewalt erlebt. Kurzum - sie kennt keinen normalen familiären Umgang bzw. kein richtiges familiäres Umfeld, keine bedingungslose Zuneigung etc.


    Bei meinem ersten Geschenk ist sie dann auch irgendwie durchgedreht, hat sich zeitweilig totgestellt und in ziemlich heftige Widersprüche verstrickt. Im weiteren Verlauf ging es dann irgendwie besser - sie hat sich immer riesig gefreut, wenn sie gemerkt hat, dass ich mir Gedanken gemacht oder ihr einfach aufmerksam zugehört habe, auch wenn immer so eine gewisse Skepsis vorhanden war. Sie selber hat sich bei Geschenken immer Gedanken gemacht und Mühe gegeben, auch wenn ich immer bemerkt habe, dass sie unsicher war.


    Ich glaube schon, dass sie vieles besser machen will, als sie es früher selber erlebt hat - entsprechend ist es ihr auch wichtig, allen Menschen, die ihr etwas bedeuten, herzlich zu gratulieren.


    Andersrum kommen wahrscheinlich beim Annehmen von Geschenken verschiedene Ängste auf... unter Umständen die gesamte Bandbreite von Verlustängsten bis hin zu dem Punkt, sich selber zu etwas verpflichtet zu fühlen.


    Einmal war sie auch zu meinem Geburtstag bei meiner Mutter und dem Rest meiner Sippe - alle haben sie sofort gemocht, aber sie hat sich erstaunlich schnell wieder aus dem Staub gemacht. Im Nachhinein vermute ich, dass sie einfach nicht damit umgehen kann... sie kennt es nicht, sie hat keine Familie - und wahrscheinlich fördern solche Situationen unheimlich viel Trauer in ihr zu Tage.


    Vielleicht kann man das kaum selber nachvollziehen, wenn man in halbwegs intakten Verhältnissen aufgewachsen ist (auch wenn bei mir bei Weitem nicht alles rosarot war...)