Es muss nicht immer BA sein

  • Ich habe ein Anliegen für alle hier, die gerade mit aktiven BÄ-lern am Kämpfen sind und nicht so richtig weiterkommen. Und zwar ist mir klar geworden, dass es nicht unbedingt immer nur BA sein muss, die für das ambivalente Verhalten eines Menschen verantwortlich ist.


    Als ich mich vor über 3 Jahren hier registriert habe, war meine Lage völlig aussichtslos. Damals war ich schon über 3 Jahre in einen Mann verliebt, der mich extrem auf Abstand hielt. Er ist ein Festivalbekannter, der auf Festivals und Konzerten total anhänglich war, aber private Treffen nur sehr selten zugelassen hat. Wann, wo, wie oft und wie lange wir uns trafen, bestimmte ausschließlich er. Je mehr Zeit verging, umso seltener wurden unsere Treffen. Irgendwann vergingen mehrere Monate zwischen den Begegnungen und wir hatten auch zwischendurch lange keinen Kontakt, weil er Telefonate nicht mag und im Laufe der Zeit immer weniger geschrieben hat. Ich hatte auch keine Chance, ihn auf Konzerten/Festivals öfter zu sehen, weil er seine Aktivitäten auf FB nicht mehr regelmäßig postete und seine Entscheidungen meistens erst traf, nachdem ich mich entschieden hatte (bei Zusagen meinerseits sagte er ab und umgekehrt).
    Bei den Treffen war er meistens sehr lieb und anhänglich, aber er verhielt sich auch sehr egoistisch. Genervt war ich von seinen kindischen Faxen, wenn er mich ohne Grund total feindselig anschaute und so.


    Im August/September 2014 hatte ich keine Kraft mehr und entschied mich für einen Rückzug. Ich meldete mich nicht mehr und reagierte nicht mehr, wenn er mich anschrieb. Ich habe sogar einige Konzerte spontan abgesagt, wenn ich erfuhr, dass er dort sein wollte. Ich wollte ihn so selten wie möglich sehen und endgültig vergessen.


    Nach über 2 Jahren ohne direkten Kontakt und nur ganz wenigen zufälligen Begegnungen mit seltsamer Stimmung kam er im November letzten Jahres auf mich zu und bat mich, nach der letzten Band mit ihm etwas trinken zu gehen. Wir hatten eine Art Aussprache, schlossen Frieden und verstehen uns seitdem so gut wie noch nie. Der Kontakt ist beständig, die ersten Monate war er noch locker, seit Ende April ist es intensiver und wir daten uns tatsächlich. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass ich zu den hoffnungslosesten Fällen hier im Board gehörte. Und nein, ich muss mich nicht komplett nach seinen Bedürfnissen richten, wir sind zwei gleichberechtigte Menschen auf Augenhöhe.


    Was mir zu denken gibt ist die Tatsache, dass sich der Mann um 180 Grad gedreht hat. Den egozentrischen Ich-Menschen, der mir böse Blicke zuwarf, alles bestimmen wollte und nur an sein eigenes Wohl dachte, gibt es nicht mehr. Er zeigt sich höflich, interessiert, aufmerksam und gibt sich wirklich Mühe. Für mich sind Sätze wie „Ich hab´ dich vermisst“ oder „Du hast mir gefehlt“ aus seinem Mund kleine Wunder, weil ich jahrelang mit sowas nie und nimmer gerechnet hatte.


    Natürlich habe ich mich gefragt, wie es denn genau zu so einer krassen Veränderung gekommen ist. Dass er eine Therapie gemacht hat, glaube ich nicht. Es wäre schwierig, das mit seinen Arbeitszeiten zu vereinbaren. Es spielt mit Sicherheit eine Rolle, dass ich entspannter geworden bin und er spürt, dass ich unterschwellig keinen Erwartungsdruck mehr ausübe. Einer seiner Langzeitsingle-Kumpels ist inzwischen glücklich verheiratet. Aber ich denke, dass der Hauptgrund für seine Veränderung woanders liegt. Er war ja nie der Typ BA-Mann, der mich mit Sprüchen wie „Ich kann dir nicht geben, was du brauchst“ usw. vertröstet hat. Und auch sonst entsprach sein Verhalten nicht den typischen Mustern, die man immer wieder hier im Forum liest. Ich vermute, dass er sich lange über mich geärgert hat (den Grund dafür weiß ich nicht) und mit seinem ambivalenten Verhalten in erster Linie seine Wut äußern wollte.


    Mir ist aufgefallen, dass bei weitem nicht alle Menschen mit Wut so umgehen wie ich. Wenn ich wütend bin, dann äußere ich das in dem Augenblick, in dem ich die Wut spüre. Und dann sage ich auch ganz deutlich, warum ich wütend bin. Viele Leute schlucken ihre Wut im ersten Moment runter und sagen nichts. Dafür kommt dieses Gefühl zu einem späteren Zeitpunkt wieder hoch, und sie lassen es auf eine andere Weise raus. Manche brüllen ihr Gegenüber wegen Kleinigkeiten an, andere grenzen es aus/strafen es mit Ignoranz, wieder andere sticheln schön fies, etc. Ich habe schon mehrmals die Erfahrung gemacht, dass in der Vergangenheit irgendwas vorgefallen sein muss, wenn ein Mensch nett zu mir ist und zwischendurch immer mal wieder gemein wird.


    Aus diesem Grund möchte ich euch nahe legen, in euch hineinzugehen und darüber nachzudenken, ob es vielleicht etwas geben könnte, worüber sich euer Partner womöglich ärgert. Der Mann, den ich date, hat sicher irgendwie BA, sonst wäre er mit Mitte 30 kein Dauersingle. Aber ich schätze, dass seine BA nicht so stark ist wie ich die ganzen Jahre gedacht habe. Sonst wäre so eine starke Veränderung ohne professionelle Hilfe nicht möglich.

  • Hallo Reni,


    danke für deine Geschichte. Meine Frage ist: bist du dir ganz sicher, dass seine "Symptome" weg sind? Wie schaut es mit eurer Beziehung aus: seid ihr jetzt zusammen? Ich muss aus meiner Erfahrung sagen, dass BA's IMMER wenn der Partner seine Unabhängigkeit wiedergewinnt so lieb und zuvorkommend sind. Und zwar solange, wie die Beziehung sich stabilisiert. Klar, kann er jetzt dir keine böse Blicke zuwerfen oder egoistisch sein: weil er will dich für ihn gewinnen. Solange er dich sicher hat, besteht eine große Chance, dass sein Verhalten sich wieder ändert.


    Ich möchte dir raten, aufzupassen und nicht zu früh zu denken "er hätte sich geändert". EIne Bindungsangst geht NICHT ohne Therapeuten weg, egal wie lieb der BA in der ersten Beziehungsphase (was ihr im Moment wieder habt) ist.


    Klar, kannst du ihm keine Diagnose stellen und hoffst, dass es nur "unterdrückte Wut" war. Weißt du übrigens jetzt welche Wut es genau bei ihm war, die er dir "nicht zeigen wollte"? Aber genau das macht doch einen BA aus: er kann seine Wut nicht auf dem direkten Weg zeigen, sondern vermauert sich mit kalten Aggressionen. Das ist erst der Grund, dass er BA hat: weil er sich nicht abgrenzen kann und ständig das Gefühl hat, deine Erwartungen erfüllen zu müssen - die Wut darüber nutzt er aber aus, um sich von dir zu distanzieren.


    Wie schaut es jetzt mit euch aus? Würde mich freuen, von deiner Erfahrung zu hören.

  • Ich schließe mich da MissAnn absolut an.


    Was du beschreibst ist zudem ganz typisch für BA! Sobald der Druck nachlässt, kommen die Ba wieder aus sich raus, geben sich Mühe, öffnen sich auf eine gewisse Weise. Das liegt daran, dass sie sich deinerselbst wieder versichern müssen. Wenn der Partner dann auf den fahrenden Zug wieder aufsteigt, macht der BA eine Vollbremsung aus voller Fahrt und zwar genau dann, wenn man auf dem Höhepunkt seiner Gefühle angelangt ist und sich in völliger Sicherheit wägt, zusammen am Bahnhof anzukommen.
    Eine Haltestelle vor dem Wunschbahnhof, entzieht er einem dann den gültigen Fahrschein und wirft einen aus dem Zug und der Partner rennt dann dem fahrenden Zug hinterher, kann ihn aber nie einholen....


    Solange du nach seinem Fahrplan funktionierst, verläuft die Fahrt sehr ruhig und ohne Hindernisse. Sobald du aber damit beginnst eigene Fahrtrichtungen und Ziele zu äußern, wechselt der BA den Zug. Und den Rest kennst du bereits...

  • MissAnn12: Nein, wir sind nicht zusammen. Wir waren noch nie zusammen, der Mann hat mit Mitte 30 noch keine Beziehung gehabt.


    Am WE habe ich mich mit ihm getroffen. Wir haben u. a. über sein Verhalten von früher geredet. Es ist ihm schon bewusst, dass er ein Problem hat. Er hat die ganzen Schwierigkeiten zwischen uns auf seine Kappe genommen. Allerdings geht es doch nicht um unterdrückte Wut, wie ich vermutet hatte. Er behauptet, er wäre sehr unreif und überfordert gewesen und hätte sich wie ein Depp benommen. Ich habe in seinen Augen nichts falsch gemacht.


    Aktueller Stand: Wir treffen uns ca. 2x im Monat (wohnen über 100 km auseinander) und unternehmen was Schönes, haben auch sonst mehrmals in der Woche Kontakt (meistens Facebook). Er bemüht sich sehr, will mich jetzt stärker in seine Familie einbinden, seine Freunde kenn´ ich schon länger.
    Problematisch ist es mit dem Körperkontakt. Am Anfang waren nicht mal normale Umarmungen/leichte Berührungen möglich. Wenn er mich ganz leicht berührte und ich das erwiderte, zuckte er voller Panik zusammen und riss sich erschrocken von mir los. Das hat sich mittlerweile gebessert, aber Sex hatten wir immer noch keinen. Er ist sehr ambivalent, wenn es um Zärtlichkeiten geht. An manchen Tagen ist er sehr anschmiegsam, will kuscheln und küssen, und an anderen Tagen so wie letztes WE will er das gar nicht. Freitag bis Sonntag gab es nur Anlehnen im Bus/Zug/Taxi und er hat mit meinen Haaren gespielt.


    Wir hatten schon problematischere Zeiten. Da gab es manchmal 3 Monate am Stück keine Treffen, weil er angeblich keine Zeit hatte. Er meldete sich wochenlang nicht, hielt seine Konzertplanung geheim (damit wir uns nicht so oft sehen mussten) und bestand beim Weggehen immer auf streng getrennte Rechnungen (auch das Teilen, was er jahrelang verweigert hat, ist auf einmal gar kein Problem mehr für ihn). Auf FB ignorierte er mich komplett. Während er heute immer mal wieder was von mir liked und kommentiert, gab es das früher gar nicht. Wenn ich ihm was auf seine Pinnwand schrieb, hat er das gelöscht.


    Früher war emotional sehr von ihm abhängig. Das hat sich im Laufe der Jahre gelegt. Ich kümmere mich um meine Pflichten und Hobbys, vernachlässige nichts mehr seinetwegen. Ich war schon krass drauf, kannte kein anderes Thema mehr außer ihm und beschäftigte mich nicht mal mehr mit diversen Hobbys, die ich zuvor jahrelang intensiv gepflegt hatte.

  • Zitat

    ...hat er das gelöscht.


    Das hab ich auch mal getan, ganz am Anfang, hat der BAler bei mir gepostet, das er auf mich auf Skype wartet. Weil ich ein Leben ausserhalb Internet habe und wollte nicht, das es publik ist für andere, das ich Skype habe, weil ich das nicht möchte. Heute nutze ich das eh nicht.

    Um in der Welt etwas zu bewirken, bedarf es liebevoller Emotionen, nicht kaltherziges Denken!


    Wenn du mein Licht erst kennst, dann weißt Du, wie hell dein Tag sein kann und wie hinreißend die Freude die Du, durch mich erfährst.

  • Zitat von SugarLea

    Wenn der Partner dann auf den fahrenden Zug wieder aufsteigt, macht der BA eine Vollbremsung aus voller Fahrt und zwar genau dann, wenn man auf dem Höhepunkt seiner Gefühle angelangt ist und sich in völliger Sicherheit wägt, zusammen am Bahnhof anzukommen.
    Eine Haltestelle vor dem Wunschbahnhof, entzieht er einem dann den gültigen Fahrschein und wirft einen aus dem Zug und der Partner rennt dann dem fahrenden Zug hinterher, kann ihn aber nie einholen....


    Diese Metapher erinnert mich so sehr an das Verhalten meines langjährigen Kumpels. Wir hatten vor 2-3 Jahren unsere Probleme, die wir letztes Jahr aber gut in den Griff bekamen - dachte ich zumindest. Ich war total froh, erleichtert und glücklich, dass wir uns wieder so gut verstanden und wähnte mich in völliger Sicherheit. Bis er sich Anfang Dezember wieder eine Gemeinheit leistete und ich deswegen ausrastete. Seitdem bin ich für ihn die Böse, unser Verhältnis existiert nur noch oberflächlich, eine Freundschaft will er derzeit nicht mit mir führen. Ich habe einiges probiert, damit wir uns wieder vertragen. Manchmal schien es, als würde er einen Neuanfang wollen... aber dann kam unerwartet ein Rückzieher und die nächste dumme Aktion seinerseits.


    Jetzt habe ich keinen Bock mehr. Mein BÄ-ler (dem ich nicht die ganze Story erzählt habe, sondern nur paar wenige grobe Stichpunkte) hat mir den Tipp gegeben, andere Leute generell zu ignorieren, wenn sie sich immer wieder unmöglich benehmen und erst dann wieder offen für einen Neuanfang zu sein, wenn sie ihre Fehler eingesehen haben und ihr Verhalten aufrichtig bereuen. Er sagte, dass viele Leute ihren Frust an anderen Personen auslassen, wenn sie gerade Probleme mit sich selbst haben. Das wusste ich schon vorher, aber das ist keine Entschuldigung für schlechtes Benehmen.

  • Zitat

    Wir hatten schon problematischere Zeiten


    Abweisendes Verhalten kann bei manchen Menschen das Gegenteil von dem bedeuten, was sie fühlen. Bei männlichen Teenagern kommt es häufig vor, dass sie rasend verliebt sind aber aus Unsicherheit der Angebeteten gegenüber die kalte Schulter zeigen oder gar noch unfreundlicher sind als zu anderen Mädchen. Bei manchen Männern legt sich dieses Verhalten leider nicht. Sie verhalten sich auch als Erwachsene so. Dies ist dann z.B. das Ergebnis einer Persönlichkeitsstörung oder zumindest eine psychischen Auffälligkeit.


    Ich kannte mal jemand mit einer diagnostizierten PS, schizoid/passiv-aggressiv, sowas in der Art, der saß nur zu Hause, ging so gut wie nie unter Menschen und war immer ruppig zu fast jedem. Er war in eine ehemalige Klassenkameradin verliebt und wenn er die mal traf, hat er sie übelst beschimpft, sie soll sich verpissen und ihr blödes Maul halten (und noch schlimmeres) und er hatte sogar Gewalt- und Mordphantasien ihr gegenüber. Dabei hat er sie angebetet! Der Mann war richtig gestört auf eine Art, auf die andere Art sehr sensibel, wir hatten so eine Art E-Mail-Freundschaft...


    Das ist ein extremes Beispiel, aber ich glaube es gibt es auch in weniger drastischer Form und was Reni so schreibt über den BÄ hört sich ein bisschen danach an. Aus meiner Sicht ist so ein Verhalten aber eben Zeichen einer schwerwiegenden Störung und kann leider auch vermutlich nicht durch Geduld und Verständnis eines anderen Menschen geheilt werden, es sein denn es ist ein Therapeut. Traurig aber wahr... :(

  • Zitat von Griselda

    Das ist ein extremes Beispiel, aber ich glaube es gibt es auch in weniger drastischer Form und was Reni so schreibt über den BÄ hört sich ein bisschen danach an.


    Von anderen Männern weiß ich, dass sie im Umgang mit einer interessanten Frau abweisend sind, wenn diese Frau schon anderweitig vergeben ist oder sie glauben, keine Chance bei ihr zu haben. Bei meinem BÄ-ler denke ich, dass es einfach so war, wie er es gesagt hat. Er war überfordert. Der Mann war es gewohnt, dass Frauen nicht auf ihn stehen und er grundsätzlich abgewiesen wird. Von daher konnte er mit meinem Interesse nicht so richtig umgehen. Außerdem hatte er große Probleme damit, dass ich schon immer männliche Kumpels in meinem Umfeld hatte.


    Wenn es nicht um mich bzw. Liebesgeschichten allgemein geht, ist er ein umgänglicher und unkomplizierter Mensch. Er hat schon gut 15 Jahre den gleichen Freundeskreis, der aus über 20 Personen besteht, wobei er aber nur mit 2-3 Männern wirklich eng befreundet ist. Auch im Beruf ist er definitiv kein Typ, der bei irgendwelchen Leuten aneckt. So schräg, wie er sich damals mir gegenüber verhalten hatte, ist er sonst gar nicht. Ich kannte ihn ja schon einige Jahre, bevor ich mich in ihn verliebte und hatte bis dahin einen sehr positiven Eindruck von ihm.


    In den letzten Jahren hat er sich auf jeden Fall zum Positiven verändert. Vielleicht hat er im täglichen Kontakt mit den Frauen im Büro etwas besser gelernt, wie man mit Frauen umgeht.