Erste Beziehung

  • Hallo zusammen,


    ich (w/19) beschäftige mich jetzt schon eine Weile mehr oder weniger mit Bindungsangst und bin dabei auf dieses Forum gestoßen. :)
    Ich bin nicht hundertprozentig sicher, ob ich Bindungsangst habe, aber vielleicht macht meine Geschichte es etwas deutlicher und ihr könnt entscheiden, wie ihr persönlich das seht.
    Erstmal möchte ich noch sagen, dass ich introviert bin, also schon von Natur aus öfters Zeit für mich brauche. Während meiner Schulzeit habe ich mich immer gefragt, wann ich mich denn mal verlieben würde, weil meine Klassenkameraden nach und nach alle in einer Beziehung landeten. Etwas später habe ich dann festgestellt, dass es wenig Sinn macht, auf die Liebe zu warten, und habe mit Onlinedating angefangen (in einer Kleinstadt und ohne Lust, Clubs zu besuchen, hat man leider nicht viel mehr Möglichkeiten). Letztlich habe ich mich auch mit mehren Männern getroffen, aber vor jedem dieser Dates hatte ich das dringende Bedürfnis, abzusagen - manchmal habe ich es getan, meistens konnte ich mich überwinden, hinzugehen. Keinen von denen habe ich irgendwie anziehend gefunden und dementsprechend gab es auch keine weiteren Treffen mit ihnen.
    In der Zwischenzeit hatte ich mit dem Studium angefangen und vor ein paar Monaten hat mich ein Komilitone gefragt, ob ich mit ihm ausgehen würde. Ich habe damals direkt abgeblockt, weil ich zum einen wusste, dass er frisch getrennt war (und ich nicht sicher war, ob er sich mit mir nur ablenken will) und weil ich zu dem Zeitpunkt Null Interesse an ihm hatte. Ich habe gemerkt, dass ihn die Abfuhr schon etwas mitgenommen hat, aber irgendwie haben wir wieder zu einem normalen Verhalten gefunden. Manchmal habe ich ihn später angesehen und überlegt, ob ich vielleicht die falsche Entscheidung getroffen habe. Ich weiß nicht mehr, wie es kam, aber wir haben später sehr viel freundschaftlich miteinander geschrieben.
    So viel, dass ich dann festgestellt habe, dass er charakterlich ein toller Mann ist. Ich habe gefragt, ob das Angebot zum Essen gehen noch steht, und seit dem Daten wir uns.
    Ich war noch nie verliebt und bin es auch jetzt nicht. Ich habe auch noch nie jemanden geküsst (er hat mal im Kino gefragt, ob er mich küssen darf und ich habe nein gesagt ...) oder bin abgesehen von Umarmungen jemandem körperlich nahe gekommen. Da ich festgestellt habe, dass die Liebe auf den ersten Blick mich nicht zu erwählen scheint, habe ich mich auf die Treffen mit ihm eingelassen - in der Hoffnung, dass sich etwas entwickeln würde. Zwischenzeitlich habe ich sogar mal so etwas wie ... mhm ... Regungen gehabt, die bei mir am ehesten dem nahekommen, was ich mir als verliebt sein vorstelle. Die sind aber schlagartig verschwunden, als er mich im Kino küssen wollte.
    Interessanterweise hatte ich bei ihm nicht diesen Fluchtinstinkt vor den Treffen. Bis gestern, wo wir eigentlich bei ihm einen Film schauen wollten und sich alles in mir gesperrt hat.
    Ich habe ihm auch davon erzählt, dass ich noch nie in dieser Situation war, dass ich wahrscheinlich viel Zeit brauche, und dass ich nicht weiß, ob ich mich jemals in ihn verlieben werde. Er war da sehr verständnisvoll und ich weiß, dass er mir auch alle Zeit geben wird, die ich brauche.
    Mein "Problem" ist, dass ich weiß, dass er da emotional deutlich tiefer drinsteckt als ich. Ich habe schon mehrmals überlegt, ob ich das Ganze beenden sollte, bevor er noch mehr verletzt wird als ohnehin. Deshalb habe ich ihm auch all das (kurz: mit mir ist sowas kompliziert) erzählt, damit er selbst entscheiden kann, ob er das weiterführen möchte. Überraschung - er meinte, dass er sich eine Frau wie mich doch nicht entgehen lassen würde. Und dass es für ihn auch schon zu schwer wäre.
    Ich weiß, wie sehr er sich auf die einmal-pro Woche Treffen mit mir freut, und umso mehr Schuldgefühle habe ich, wenn ich sie absage.
    Körperlich finde ich ihn auch nicht anziehend (aber auch nicht abstoßend), aber ich bin bisher auch noch keinem Mann begegnet, wo das anders war (und auch keiner Frau, fürs Protokoll).


    Hat hier vielleicht jemand einen Rat für mich? Unsere Dates laufen jetzt seit etwa zwei Monaten und ab Oktober werden wir uns drei Monate lang fast jeden Tag an der Uni sehen. Macht es Sinn, das noch weiter zu führen und mir selbst die Chance zu geben, dass da mehr draus wird? Ich habe halt auch irgendwie die Angst, dass ich mir immer alles (was Beziehungen angeht) selbst vermassel, weil ich
    a) zu früh abbreche
    b) die Flucht ergreife
    oder c) glaube, dass es die rosarote Brille und Schmetterlinge im Bauch auch für mich geben muss und ich sie innerhalb der ersten Treffen haben sollte.

  • Hey du!


    Willkommen im Club der verschrammten Seelen :D
    Kleiner Scherz am Rande~


    Also...mich würden ein paar Dinge interessieren, bevor ich auf deine Fragen eingehe.
    Magst du mal mehr über dich erzählen? Wie bist du aufgewachsen, wie waren Beziehungen zur Familie,Eltern, Großeltern, vielleicht Geschwister?


    Nicht Jeder, der deine Probleme hat, ist automatisch Bindungsängstlich.
    Ich mag so "Diagnosen" eh nicht sonderlich gerne.
    Aber vielleicht magst du uns ja noch Etwas über dich erzählen :)

    I can buy myself flowers

    Write my name in the sand

    Talk to myself for hours

    Say things you don't understand

    I can take myself dancing

    And I can hold my own hand

    Yeah, I can love me better than you can

  • Hallo Radieschen,


    danke fürs Willkommen heißen :D. Ich denke, ich bin relativ normal aufgewachsen. Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich fünf oder so war, aber ich muss zugeben, dass ich mich auch kaum an die Zeit davor erinnern kann. Mein Vater hat da so gut wie keine Rolle gespielt, mehr meine Mutter, älterer Bruder (15 Jahre Unterschied) und meine Zwillingsschwester, der ich sehr nahe stehe. Später kam noch mein Stiefvater hinzu, mit dem das Verhältnis auch gut war - bis die Pubertät kam, aber das passiert wohl den meisten. Mittlerweile ist es wieder deutlich besser. Andere Verwandte habe ich nicht wirklich, und mit den wenigen verstehe ich mich halbwegs gut (bin aber auch froh, wenn sie wieder abreisen).
    Generell hatten wir in der Familie aber nie ein besonders ... mhm ... intimes Verhältnis, sag ich mal, in dem Sinne, dass wir täglich umarmt haben oder so.
    Meinen leiblichen Vater sehe ich so ein bis zweimal im Jahr, aber das ist glaube ich beiden Seiten Recht.
    Abgesehen von der Familie ist die einzig wirklich wichtige Beziehung die zu meiner besten Freundin. Vor fünf Jahren ungefähr gab es da mal einen Riesenstreit, der mich sehr mitgenommen hat (wenn ich jemals etwas hatte, das man als Liebeskummer bezeichnen kann, dann das :'D), aber wir haben uns dann irgendwie wieder zusammengefunden.
    Mir wäre es natürlich mehr als lieb, wenn meine Probleme nicht auf Bindungsangst zurückzuführen sind, aber ich wollte die Möglichkeit dennoch nicht ausschließen :).

  • Falls ich dir jetzt zu nahe trete...nimm´s mir nicht böse, ja?


    Du bist sicher nocht Homosexuell?
    Ich hatte mal einen guten Freund, der hat mir ziemlich ähnliche Fragen gestellt und Geschichten berichtet. Der fand dann heraus, dass er vielleicht auf´s falsche Pferd gesetzt hatte.


    Unabhängig davon: Verstehe ich richtig, dass bei euch in der Familie eher ein kühleres Klima herrschte? Also wenig Umarmen, wenig Küssen? Auch wenig "ich hab dich lieb"-Krams? Wurde das nicht so offen kommuniziert?
    Kommunizierst du sowas denn zu deinen Mädels? Also deinen Freunden gegenüber? Oder überhaupt Jemandem gegenüber? Ich meine mangelndes Kommunizieren heißt ja nicht dass man sein gegenüber nicht mag, aber sagst du es offen? Oder zeigst du es irgendwie?


    Und Sexualität?
    Bist du daran interessiert? Also siehst du manchmal einen Menschen und denkst dir "Alter Falter! Das Bett würde definitiv brechen!"? :D Oder in die Richtung?

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  • Nein, keine Sorge :D.
    An Frauen bin ich definitiv nicht interessiert (wenn dann wäre es mir neu). Wenn ich jemanden sexuell anziehend finde, dann sind es Männer. Also nicht, dass ich das Gegenteil nicht auch schon in Betracht gezogen hätte, aber da habe ich bisher noch nichts bemerkt.


    Das hast du richtig verstanden. Also gelegentlich wird das schon kommuniziert, aber eher selten. Ich versuche es mittlerweile offener zu zeigen, aber es ist noch im Anfangsstadium, sag ich mal.


    Interessiert an Sexualität ja, aber so einen Menschen habe ich bisher noch nie gesagt :D. Vielleicht liegt das wiederum an fehlender Erfahrung.