„richtige“ Reaktion auf Distanzverhalten/Rückzug

  • Ich spüre, dass mich das plötzliche Abtauchen in völlige Panik versetzt hat. Eine furchtbare Verlustangst ausgebrochen ist, die ich so nicht kannte. Bisherige Trennungen taten weh, aber das jetzige ist eine Hausnummer für sich.


    Nachedem sie vorgestern kurz nochmal schrieb, sie denke an mich, antwortete ich nur. Ihr Gefühlstot sei nun mal Symptom ihrer Angst. Diese Situation auch ausgehalten werden könne, um zu lernen, das Bindungen so etwas auch aushalten können. Quasi ein Umlernen im Gehirn stattfinden kann. Sie sich nicht aufgeben soll, sie es wert ist, dass auch ihre Bedürfnisse Gehör finden. Das alles schrieb ich ohne Bezug darauf, dass das jetzt mit uns sein muss. Ich ihr das einfach wünsche.


    Vorhin schrieb sie zurück, sie möchte sich verabschieden. Es geht ihr jetzt gut so, wie es ist, sie möchte keine Bindung und sie möchte auch daran nicht arbeiten, weil viele andere Dinge in ihrem Leben gerade mehr Aufmerksamkeit brauchen als sie selbst. Sie wünsche sich den Kontakt zu mir, verstehe aber, wenn ich es nicht will.


    Mir selbst geht es in den letzten Tagen auch immer besser. Mir ist insgesamt bewusst geworden, wie sehr ihre Angst sie im Griff hat. Vor allem auch gerade ihr jetziger Abschied (für den ich dankbar bin) genau die Macht ihrer Angst ausdrückt. Das um alles andere, nur nicht um sich kümmern müssen. Also um alles, was Bindung bedeuten würde. Auch ihre ganzen Erzählungen aus ihrer Vergangenheit, ergeben nun allesamt Sinn für mich. Das alles lässt in mir immer mehr meine alte, normale Stärke zurückkommen. Ich bin ein echt toller Mann, der viel zu geben hat, gleichwohl auch bekommen möchte.


    Glücklichweise habe ich eine gute Freundin, die Psychotherapeutin ist. Sie hat mir sehr geholfen in den letzten Tagen. Auch habe ich mich eben gleichfalls verabschiedet. Auf eine liebe- und verständnisvolle Weise. Ich bin ihr ja nicht böse; weiß ich doch nun, wieso alles so kam und ist, wie es ist.


    Ich denke, kann damit nun abschließen. Es tut weh, natürlich, ich bin traurig. Aber ich merke nun auch wieder, dass meine Bewältigungsmechanismen nicht ganz so mies sind. Es wird alles wieder gut. Es wird Tage geben, wo ich weinen muss, und ich werde es zulassen. Der Blick geht jetzt nach vorne. Ich habe ein gutes Leben und wenn, dann eine Frau verdient, die lieben kann, beständig in sich selbst ist. Irgendwann kommt sie bestimmt.


    Vielen Dank für alles ihr Lieben. Sicher werde ich hier noch einiges schreiben, wenn es mal wieder sehr weh tut, aber bestenfalls auch helfen können. Ich muss jetzt nach vorne blicken und mein verletztes Inneres streicheln.

  • PS: Das Verrückte: Ich merke nun wieder, wie sehr gefestigt ich im Leben bin und mir tatsächlich eine solch unverbindliche "Affäre" auch hätte gefallen können. Ich nicht zwangsläufig DIE Beziehung brauche. Aber durch diese intensive, nicht normale schnelle Euphorie, die wir zusammen geschaffen haben, kamen Zukunftsphantasien auf, die ich gar nicht hatte. Aber sie waren urplötzlich da. Und dann jäh zerstört. Bähm, kalter Entzug. Woran ich sicher noch zu knabbern habe werde, ist die Vorstellung, jetzt haben wir doch alles hinter uns und können eingehen, was beiden reicht und keine Angst macht. Verrückte Welt. Aber auch davon gilt es nun Abstand zu gewinnen.

  • Ja, Phantasien... Vieles davon bleiben ja welche... Phantasien gab's bei meinem Ex auch viele, das Meiste davon blieb es halt auch.

    Der Kopf spinnt das aber ja weiter.

    Man verliert nicht nur den Menschen, sondern auch diese Zukunft MIT dem Menschen, wo ganz viele schöne Dinge ja noch in Aussicht standen... Urlaube... Keine Ahnung was sonst noch.

    Auch alles weg... Die ganze rosa rote, strahlend glitzernde Illusion.


    Also, streicheln wir weiter unser inneres Verletztes...!

  • So ist es. Dass ich mich habe davon so krass habe mitreissen lassen, möchte ich gern in Zukunft nochmal beleuchten. Wobei ich nun auch öfter gelesen habe, dass auch bindungssichere und stabile Personen mit einem BÄ in solch einen Euphorie-Strudel gezogen werden können.


    Was mich gerade sehr aufbaut, ist auch die Rückmeldung der Freunde und der Psychotherapeutin. Ich hätte mich für diese Frau nicht aufgeopfert, dazu ist mein Selbstwertgefühl zu ausgeprägt. Aber ich hätte sehr gut - weil es mich berreichert hätte ;) - eine schöne Affäre mit ihr haben können. Einfach ohne Zukunftspläne; mehr Egoismus als die "große Liebe". Was daraus evtl. entstanden wäre, erstmal egal! Wenn, dann wäre ich jemand gewesen, der nicht einfach weggelaufen wäre. Es einfach passieren lassen.


    Und das weiß sie. Und da sagen die Menschen um mich herum, insbesondere die Therapeutin, dass sie es irgendwann, wenn die Angst wieder verflogen ist, vermutlich bitter bereuen wird, mich weggeschickt zu haben. Sie konnte es nur nicht anders.


    Genugtuung? Keine Ahnung! Werde ich es je erfahren? Egal!

  • Und was mir gerade noch auffällt: Sie schreibt, sie möchte sich verabschieden, keine Bindung eingehen und nicht an sich arbeiten, ABER fände es natürlich schön, wenn wir in Kontakt bleiben und ab und zu voneinander hören..

  • dass sie es irgendwann, wenn die Angst wieder verflogen ist, vermutlich bitter bereuen wird, mich weggeschickt zu haben. Sie konnte es nur nicht anders.

    Es ist ja nicht soooo unüblich, dass es mehrere Runden gibt.

    Die Runden müssen ja irgendwo her kommen :P

    Und es sind nicht immer nur die VA - ler die das anstoßen.

    Wenn der aktive BA also nicht arg vermeidend ist Kanns eben gut sein, daß sie wieder einen Neustart versuchen.


    Und... Dieses in Kontakt bleiben wollen ist auch nicht selten. Weil das das Türchen eben immer einen Spalt offen lässt.

    Man ist nie ganz aus den Augen, keine wirklich finale Entscheidung.

    Mit Worten, ok.

    Aber in Kontakt bleiben, sofort nach der Trennung dürfte für den Verlassenen immer schwierig sein denke ich.

    Kann mir niemand erzählen, daß da nicht mal der Hoffnungsschimmer aufblitzt.


    Tja, die lockere Affaire... Meist will irgendwann auch wieder einer mehr, dann haste dasselbe in grün, nur daß es nicht Beziehung heißt.

    Viele scheuen sich ja schon, das Ganze Konstrukt überhaupt als Beziehung zu betiteln... Obwohl es eine ist.

    Da ist schon der Name zu verbindlich...

    :S

  • Wir haben heute Morgen telefoniert. Sie wollte nur mal Hallo sagen. Hat etwas von ihrer Woche erzählt, sie hat gerade Urlaub. Ihre Stimme war wieder ruhig, nicht mehr so eiskalt, wie zuletzt. Auch sagte sie, sie hat zuletzt eine gehässige Bemerkung bzgl. möglicher neuer Partner von mir gemacht. Sie tut mir irgendwie leid.. Ich muss auf mich aufpassen, ich weiß. Aber trotzdem tut sie mir leid. Es muss ganz furchtbar sein, innerlich diese Ambivalenz zu haben. Zu sagen - es in dem Moment auch fühlen, es gäbe keine Gefühle mehr, um im nächsten Moment Eifersucht zu spüren.


    Manchmal glaube ich, dieser Gefühlstot ist nur Selbstbeschiss, um sich aus der Bindung zu lösen. Und immer wieder sagen zu können, es sind ja keine Gefühle da. Furchtbar. Sie wollte immer, dass ich sie ganz fest in den Arm nehme. Dabei hatte ich oft das Gefühl, sie braucht das, um nicht innerlich auseinanderzufallen.


    Ich hatte mal eine längere Beziehung zu einer ausgeprägten Borderlinerin (schwerer sex. Missbrauch, Vernachlässigung, volles Programm). Bei der war diese Ambivalenz nicht soooo krass; ich dachte, das wäre schon das Maximum.


    Ach, meine bindungsgestörte Liebste.. Es tut einfach weh. Für mich wäre das alles so einfach (denke ich). Aber für sie ist das ein zu großer Kampf, den sie gerade nicht aufnehmen will. Die Sehnsucht wird wiederkommen, und ja, vielleicht bin ich dann auch noch da und frei. Aber zuallerst muss ich komplett loslassen können. Ich bin auf einem guten Weg.

  • Nicht böse sein gleich, mir fällt das nur bei Deinen Beträgen echt krass auf (meiner Meinung nach, nech)

    Es muss ganz furchtbar sein, innerlich diese Ambivalenz zu haben. Zu sagen - es in dem Moment auch fühlen, es gäbe keine Gefühle mehr, um im nächsten Moment Eifersucht zu spüren

    ... dass Du ebenfalls in Deinem Empfinden echt schwankst.

    Was absolut normal ist bei einer Trennung und schon gerade bei einer Trennung mit gewissen Dynamiken...

    Ich habe das selbst extrem erlebt und stelle das auch heute bei mir noch fest.


    Einen Tag schreibst Du halt sehr stark, Du bist gefestigt, musst nun los lassen, Du bist auf einem guten Weg.

    Klingt alles sehr positiv.

    Und dann bist Du doch wieder traurig, hast Mitgefühl, machst Dir eben Gedanken um die ganze Sache usw.

    Und schreibst Du betäubst das zur Zeit mit Alkohol.


    Das schwankt eben auch,vielleicht auch weil Sie ebenfalls unterschiedliche Signale sendet.

    Man wird selbst emotional extrem durchgerüttelt.


    Und deswegen, auch wegen der Schwankungen UND besonders dem Betäuben mit Alkohol lese ich von außen auch etwas "Selbstbetrug" da raus (Deine Worte) von wegen der gute Weg, gefestigt im Leben stehend. ..


    Pass da auf Dich auf, zur Zeit nach der Trennung musst Du nicht voll gefestigt sein.

    Aber versuche das auch nicht allzu sehr zu verdrängen mit welchen Mitteln auch immer (Wort und Tat)

    Soll nicht heißen, daß Du nun 24 Std heulend in der Bude hocken sollst.

    Soll einfach heißen mach was Dir gut tut und sei nett zu Dir selbst.

    Und wenns mal ne geil teure Flasche Wein ist, auch jut.

    Nur vll nicht jeden Abend oder nicht alleine ;)

  • Danke.. Ja, ich schwanke ständig. Wie bei einer "normalen" Trennung, nur hier so viel krasser. Dessen bin ich mir bewusst. Ich versuche es jetzt hinzunehmen und die Gefühle zu fühlen. Meine Schwester kommt zum Wochenende für ein paar Tage. Das wird mir guttun.

  • Siehst Du, ganz frei von ambivalenten Gefühlen sind wir nämlich auch nicht. Ist gar nicht sooo ungewöhnlich finde ich.

    Von daher kannst Du ruhig mit Dir Mitleid haben und lieb zu Dir sein, statt nur für Sie.

    Schwester ist gut, lass Dich hübsch verwöhnen oder habt Spaß zusammen, was auch immer!

  • Was meinst du mit überanhängliches Verhalten? Der Wunsch nach Nähe und Treffen oder texten bzw telefonieren? Ich hatte bei mir das Gefühl, dass sie in Stressphasen abtaucht. Und da hab ich dann weniger Nachrichten geschickt. Weil von ihr kaum was kam. Nur, wissen kann man das halt nicht, wie es ihr gerade geht. Ich denke einfach, dass hier ein paar Worte reichen würden. Die wurden mir aber nicht gegeben und somit auch meine Verlustangst weiter getriggert.

    Ich erkenne mich hier gut wieder. Ich gehöre zu den Menschen mit ziemlich großem Nähebedürfnis. Allerdings kann ich durchaus meinem Partner seinen Freiraum lassen, wenn ich weiß, wie es ihm geht, was er ungefähr macht, wann wir uns wiedersehen, und wenn ich ihn kontaktieren kann, wann immer ich möchte, und er darauf auch reagiert. Ein Abtauchen in Schweigen, ohne zu wissen was los ist und woran ich bin, ist äusserst qualvoll.