Helfen Medikamente?

  • Ja, das funktioniert ist aber keine Dauerlösung wie du dir sicher denken kannst. Medikamente haben auch Nebenwirkungen und ersetzen keine Therapie.


    Man müsste sie ja den ganzen Tag nehmen. Und gerade angstlösende Medis machen oft sehr müde. Manchmal darf man dann nicht mehr Auto fahren oder Sport mache. Dann frage ich mich was das mit meinen gesunden Ängsten mache würde?

  • Also ich kann von mir sagen, dass es allenfalls den Leidensdruck reduziert, was bei einem fliehenden BA eher dazu führen würde, dass aus dem „Jein“ ein „Nein“ wird.


    Ich nehme täglich Escitalopram. Ich bilde mir ein, dass ich manchmal regelrecht merke, wenn die Tabletten Wirkung zeigen. Ich kann ab und an daran Trigger erkennen, die mir ohne die Medis vlt nicht aufgefallen wären.

  • Also ich kann von mir sagen, dass es allenfalls den Leidensdruck reduziert, was bei einem fliehenden BA eher dazu führen würde, dass aus dem „Jein“ ein „Nein“ wird.


    Ich nehme täglich Escitalopram. Ich bilde mir ein, dass ich manchmal regelrecht merke, wenn die Tabletten Wirkung zeigen. Ich kann ab und an daran Trigger erkennen, die mir ohne die Medis vlt nicht aufgefallen wären.

    das finde ich interessant! wieso wird da aus dem Jein schneller ein Nein? ich dachte eher, dass der fliehende aus Angst flieht? Müsste es dann nicht eher zum Ja werden durch so Medis?

    Was genau meinst du mit du kannst dadurch die Trigger besser erkennen?

  • Ich nehme auch seit Jahren Antidepressiva. Auf meine VA/BA haben sie nach meiner Erfahrung keine Auswirkungen. Sie puffern lediglich echte Panikattacken in einem gewissen Rahmen ab.

    Hast du in Verbindung mit der Bindungsangst Panikattacken oder jetzt in anderen Bereichen? Weil du schriebst dass die Medis auf deine BA/VA keine Wirkung zeigen.

  • Reine Theorie, ich bin keine Ärztin.

    Als Beispiel:

    Bindungsangst kommt selten allein. Mir wäre kaum ein Fall bekannt, bei dem die betroffene Person *nur* Probleme in Liebesbeziehungen hatte.

    Fehlende Abgrenzung, fehlende Reflexion usw. sind ja aufgedröselt Beispiele, die mit "BA" einhergehen. Diese Baustellen zeigen sich dann aber häufig überall, nicht nur in Liebesbeziehungen (aber in unterschiedlichen Ausprägungen).

    Ich meine, dass daraus langfristig Depressionen entspringen können/ bzw. dies dies Depression vielleicht fördert. Und Panikattacken wahrscheinlich auch.

    Die Depression und Panik kann man mit Medikamenten sicherlich gut beeinflussen. Die "Auslöser" der ganzen Problematik aber ja nicht.

    Unreflektiert bleibt unreflektiert, egal wie viele Pillen man sich einwirft. Wer unreflektiert ist, kann sich nicht sauber abgrenzen, weil er ja gar nicht weiß, wo die Grenzen liegen usw.

    (Diese beiden Beispiele reichen natürlich bei Weitem nicht aus. Das Thema ist viel komplexer)


    Für mich wäre die Ideal-Kombi eine geeignete Therapie + bei Bedarf entsprechende Medikamente.

    Antidepressiva stehen zudem in der Kritik, weil es teils große Wirkungsunterschiede gibt und die Medizin noch gar nicht weiß, warum eigentlich.


    Also nein, es gibt keine Pille, die Bindungsangst heilen kann.

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  • Die Theorie als solches klingt natürlich sehr logisch und ja auch dass eine Pille in dem Sinne nicht heilen kann ist klar, meine Überlegung war halt, ob nicht durch die Unterdrückung der Angstsymptome, die ja diesen Druck bei dem BA auslösen, nicht der Fluchtreflex lahmgelegt werden müsste. Natürlich muss das Problem als solches bearbeitet werden damit es eine Chance hat zu verschwinden aber wie gesagt war mein Gedanke dass die Flucht ausbleiben könnte dadurch. Aber weiter oben meinte ja schon jemand das Gegenteil wäre der Fall wobei mich das vor ein großes „warum“ stellt 🤔

  • Das einzige Medikament was ich kenne, das die Symptome einer „BA“ unterdrücken kann, nennt sich Propofol. :D

    (Oh Gott, hoffentlich versteht ihr diesen echt flachen Witz, den ich mir mit etwas Galgenhumor erlaubt habe).


    Mal im ernst.

    Dafür müsste man meiner Meinung nach die Menschen sedieren oder heftig unter Drogen setzen. (Also so weit dröhnen, dass die bewusste Wahrnehmung schwindet)

    Meistens handelt es sich bei Ba um schwere Traumata und Prägungen. Das sind teils tiefgreifende „Fehlprägungen“, die umgepolt werden müssten.

    Sowas kann man nicht unterdrücken. Und die wirklich harten Klopper der Medizin sind meistens alle für die Dauereinnahme nicht geeignet oder bringen eine kilometerlange Liste an möglichen Nebenwirkungen mit.


    Nicht einmal bei Tieren gelingt das umpolen. Oder wenn, dann mit wirklich langwieriger Fummelarbeit.

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  • das klingt ja schon heftig… aber kannst du auch erklären, warum so Medikamente bei anderen Ängsten helfen? Wo ist denn der Unterschied? Ich seh das halt nicht anders als eine Sozialphobie zb die ja auch mit Medikamenten unterdrückt werden kann🤔

  • Warum sollte man denn auf Gedei und Verderb irgendwas im menschen unterdrücken müssen?

    Das wäre, als würde man ich bei einem gebrochenen Bein NUR mit Schmerzmitteln behandeln lassen. Macht man das auf Dauer, gehen Organe in die Knie und der Bruch heilt einfach gar nicht bis schlecht.


    Medikamente können bei Sozialphobien BEHILFLICH sein, aber kein Medikament kann die Erkrankung heilen.

    Antidepressiva (zB SSRIs und SNRIs) werden meines Wissens nach bei Sozialphobien nur eingesetzt, um die Symptome zu reduzieren, nicht unterdrücken.

    Benzodiazepine wirken "sedierend", bzw. "beruhigend" und können ebenso kurzfristig Linderung schaffen. Die sind aber dafür bekannt ein riesen Suchtpotenzial mitzubringen. Das ist nichts für eine dauerhafte Einnahme.

    Ich würde für meinen Partner gar nicht wollen, dass er/sie solche Klopper nimmt, um sich selbst irgendwie zu unterdrücken und dadurch eine "Beziehung" zu ermöglichen.


    Als Linderung für Depression und Panik ok. Aber ´ne Ehe auf Benzos käme für mich nicht in Frage.

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  • es geht mir ja hier eher um die Theorie dass wenn jemand jetzt zb selber möchte, dass eine Beziehung hält, ihn die Angst aber immer in die Flucht treibt, ob so Medikamente ihm dann helfen könnten… das ist jetzt einfach nur eine Überlegung, ich würde nie jemaden dazu bewegen wollen aber es könnte ja sein, dass es Betroffene gibt, die diesen Weg wählen wollen würden.

  • Nein, das funktioniert nicht. Möchte ich zumindest ziemlich sicher so behaupten.

    Und ich würde aus diversen Gründen auch sehr davon abraten.


    BA ist wie gesagt keine Krankheit, sondern eine psychologische Störung. Es gibt meines Wissens keine Medikamente, die für die Behandlung dieser Störung vorgesehen sind.


    Bindungsangst kann in einer langfristig angelegten Therapie behandelt werden. Meiner Ansicht nach muss die Ursache dringend adressiert werden, damit man das Problem an der Wurzel packen kann. Medikamente kenne ich da nur begleitend, nicht als alleinige Behandlung.

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  • Also: Ich nehme die Medikamente wegen meiner Depression und meiner Panikattacken in Bezug auf meine Angst ohnmächtig zu werden oder zu sterben. Da helfen die Medikamente insofern bedingt, als sie gewisse Panikspitzen abfedern.


    BA ist aber etwas sehr diffuses. In Bezug auf dieses Symptom helfen mir die Medikamente praktisch gar nicht.


    Insgesamt muss man bedenken, dass Antidepressiva inzwischen relativ umstritten sind. Im Bereich der Depression sollen sie beispielsweise standardmäßig laut Leitlinien nur noch bei Patienten zum Einsatz kommen, die eine klinisch schwere Depression haben. Bei einer mittelgradigen Depression kann ein Antidepressivum zum Einsatz kommen, muss es aber nicht, weil neuere Studien zeigen, dass es nur einen geringen Unterschied im Effekt zwischen Medikament und Placebo gibt.


    Überhaupt muss man bedenken, dass Antidepressiva lediglich eine Krücke sind, weil sie nur Symptome in einem gewissen Rahmen abmildern können (bei entsprechenden Nebenwirkungen). Zudem gilt es für neuere Antidepressiva, also SSRI und SNRI, als erwiesen an, dass es bei einer Reduktion der Dosis und beim Absetzen zu einem sogenannten Absetzsyndrom kommen kann. Man spricht zwar nicht von Abhängigkeit, aber die Effekte beim Ausschleichen eines Medikaments der neueren Generation gehen in eine ähnliche Richtung.

  • das finde ich interessant! wieso wird da aus dem Jein schneller ein Nein? ich dachte eher, dass der fliehende aus Angst flieht? Müsste es dann nicht eher zum Ja werden durch so Medis?

    Was genau meinst du mit du kannst dadurch die Trigger besser erkennen?

    Naja der BA flieht ja, weil ihm die Nähe zu viel wird. Und kommt aus VA dann wieder zurück. Wird also die Angst unterdrückt, dann auch die VA, was wiederum dazu führe, dass der BA nicht ausreichend Leidensdruck hat um zurückzukommen.

  • Naja der BA flieht ja, weil ihm die Nähe zu viel wird. Und kommt aus VA dann wieder zurück. Wird also die Angst unterdrückt, dann auch die VA, was wiederum dazu führe, dass der BA nicht ausreichend Leidensdruck hat um zurückzukommen.

    aber wird dem BA der Druck nicht zuviel weil er eigentlich dahinter auch Verlustängste hat? So hatte ich das verstanden dass bei beiden Polen der Grundgedanke Angst ist. Selbst Angst allein vor Autonomieverlust wäre ja Angst… also du wirst wahrscheinlich wissen wie dein Gefühl sich da verhält, versuche es nur zu verstehen.

  • Viele Menschen fühlen BA ja nicht als "Angst". Sondern die Angst wird von tausend anderen Gefühlen und Reflexen so überlagert, dass man sie nicht mal erkennt. Ich zum Beispiel fühle nur Verlustangst als Angst. Bindungsangst fühle ich als Langeweile, Ekel, Desinteresse, refelxartiges Interesse an allem, nur nicht am Objekt dass die Angst auslöst. Ich will einfach nur weg und blicke in der Regel auch nicht merh zurück.


    Ich denke Floggi hat recht, auch wenn ich da so noch nie drüber nachgedacht habe. Kann denn ein Medikament gegen Angst helfen, wenn man gar keine Angst fühlt?

  • Ich vermute, dass man mit bestimmten Wirkstoffen, die sedieren, eine Art 'scheißegal-Gefühl' erzeugen könnte, so dass einen die Anwesenheit oder Existenz des Partners nicht mehr stresst, er/sie einem dann aber praktisch egal ist? Ob man das haben will, ist die andere Frage.


    Vor allem würde ich mich fragen, mit wem man dann zusammen ist, angenommen mein Gegenüber würde sowas nehmen. Was, wenn er es wieder absetzt und deswegen nach 10 Jahren glücklicher Beziehung schreiend vor mir davonrennen würde? Etwas ähnliches ist mir mit meinem Ex-Partner passiert, der zum Stabilisieren Psychopharmaka genommen hatte, aber sein Behandler hatte die grandiose Idee, dass er das Medikament ausschleichen soll und er nicht den Mut, zu sagen, dass er es bis zu einem gewissen Grad wirklich braucht, um zu funktionieren. Dadurch ist er so eingebrochen, dass er erst seine Ausbildung verloren hat und danach die Beziehung zu mir in die Brüche gegangen ist.


    Meiner Meinung nach sind Bindungsstörungen definitiv nicht den Angststörungen zuzurechnen, sondern gehen von der Symptomatik her eher in Richtung Traumatisierung (Bindungstraumatisierung) bzw. Persönlichkeitsakzentuierungen bzw- störungen. Auch von den HIntergründen würde ich bei Bindungs'angst' auf andere Ursachen (in erster Linie Probleme auf der Strukturachse) schließen, als bei Angststörungen (vermutlich in erster Linie Störungen auf der Konfliktachse).

    Aber im Zweifelsfall: ausprobieren. :|


    Meiner Meinung nach können Medikamente aber allenfalls die Symptome vorübergehend mildern oder beseitigen, auf lange Sicht ändert sich am inneren Erleben vermutlich so gut wie nichts, wenn man die Medikamente wieder absetzt. Aber wenn der Leidensdruck extrem ist, kann man sich vermutlich alles mögliche geben, manche Menschen nehmen ja schon bei normalem Liebeskummer Benzodiazepine. Da hat man dann hinterher vermutlich nicht nur die Liebessucht zurück, sondern gleich noch eine Medikamentenabhängigkeit dazu. Aber vermutlich muss das jeder selbst wissen. Ich kann jeden verstehen, der Medikamente, Drogen und Alkohol nimmt, um die emotionalen Qualen auszuhalten, die mit einer Bindungsstörung einhergehen. :|