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da es so schwer ist, frage ich mich sogar, ob es überhaupt für den sozialen menschen generell "natürlich" wäre, so zu kommunizieren?
hat dir deine dozentin dazu auch etwas gesagt? warum es einem so schwer fällt?
Hmm, ich überlege gerade...
Ich denke, es könnte natürlich sein, so zu kommunizieren. Aber der Mensch ist ja ein Gewöhnungstier. Soll heißen: Die GfK unterteilt ja sehr häufig in Wolfssprache und in Giraffensprache. Die Giraffensprache ist die Sprache der GfK, die Wolfssprache ist keine GfK. Es wäre aber auch nicht korrekt zu sagen, dass sie das Gegenteil ist, da die Giraffensprache die Absicht impliziert, gewaltfrei zu kommunizieren. Das heißt aber nicht, dass die Wolfssprache umgekehrt die Absicht impliziert, andere zu verletzen. In der Wolfssprache finden sich auch viele Dinge, die für unsere Art uns auszudrücken (gesellschaftlich gesehen) ganz normal sind, eben wie dein (indirektes) "Ich fühle mich zurückgewiesen". Platt gesagt ist es in etwa wie der Slogan "Raider heißt jetzt Twix": kennt man, sagt man und dann ist der Ausdruck plötzlich falsch.
Abgesehen von Raider/Twix hat meine Dozentin das auch ähnlich erklärt
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was ich auch ganz schwer finde, ist, ein bedrüfnis zu formulieren, das nicht so generell ist, das der andere noch versteht, inwiefern es in dieser situation relevant ist.
im endeffekt sind die grundbedürfnisse ja übersichtlich, aber wo bringt man ein, wie man sich in dieser spezifischen situation in dem bedürfnis verletzt gefühlt hat? oder soll man auch nicht sagen, dass man sich verletzt gefühlt hat?
Genau das meinte ich. Ich verstehe, was die GfK meint, wenn sie sagt, dass (vermeintliche) Gefühle, die andere Personen als ihren Verursacher implizieren, eigentlich keine Gefühle sind und auch, dass sie als Vorwurf beim anderen ankommen können. Ich sehe es aber genau wie du: Ein "Ich bin traurig" reicht eben nicht soweit wie ein "Ich fühle mich vernachlässigt"*, ich frag mich da auch manchmal, wie der andere überhaupt darauf kommen soll. Wahrscheinlich muss man das dann in das Bedürfnis einbauen, etwa: "Ich bin traurig, weil ich das Bedürfnis nach Nähe habe. Könnten wir den Abend eventuell ganz in Ruhe zu zweit verbringen?"
Übrigens gibt es hier den nächsten Stolperstein: Bedürfnisse verwechselt man gern mit Strategien. Zum Beispiel, wenn man direkt sagt, dass man "das Bedürfnis" hat, die Wohnung zu putzen. Das Bedürfnis dahinter ist das Bedürfnis nach Ordnung, das Putzen der Wohnung die Strategie.
An dieser Stelle hab ich dann versucht, Parallelen zu einigen speziellen Fällen in meinem Leben zu ziehen. Denn wenn du gewaltfrei kommunizieren willst, hälst du dich selbst dazu an, bei jedem das Bedürfnis hinter der Strategie zu suchen, auch wenn der andere es gar nicht kommuniziert. Wenn meine ehemalige Freundin mich beleidigt hat, ging es ihr nicht primär darum, mich zu beleidigen, sondern selbst besser dazustehen, also war das eine Strategie, ihr Bedürfnis nach Aufmerksamkeit oder Anerkennung zu befriedigen. Und hier ist dann für mich die Stelle, an der GfK ihre Grenzen hat. Selbst wenn ich damals schon der GfK mächtig gewesen wäre bzw. überhaupt von ihrer Existenz gewusst hätte, ich glaube nicht, dass sie bei jedem Gegenüber fruchten kann. Ich mag auch einfach nicht das Bedürfnis von jemandem suchen oder es gar erfüllen, wenn jemand offensichtlich mehrfach und gezielt gegen mich arbeitet. Manchmal ist und bleibt es besser, sich aus Situationen oder gar der ganzen Kommunikation zurück zu ziehen.
*hier übrigens noch eine Art Leitfaden von meiner Dozentin:
Ein echtes Gefühl kann man immer mit "Ich bin..." ausdrücken, wenn man den Satz beginnt mit "Ich fühle mich..." ist das schon ein Zeichen dafür, dass kein echtes Gefühl gemäß GfK folgen wird.
Edit: Ganz vergessen.... das war ein Kurs für die Uni. Optionalbereich, alias Beschäftigungstherapie für Studenten mit zuviel Freizeit *hüstel* Da hab ich von solchen Kursen mehr, als wenn ich ein Semester Kernphysik belege
Falls du bei Facebook bist, könntest du aber mal hier schauen:
https://www.facebook.com/gewaltfreie.kommunikation
Da werden auch Seminare und Termine veröffentlicht.