Heyhey Mary,
ich denke am Wichtigsten ist es nicht mit Biegen und Brechen "geheilt" zu werden und zu hoffen, dass man irgendwann normal lieben und leben kann. Ich denke im Grunde reicht es schon aus zu wissen, dass man Beziehungsängste hat und sich selbst nichts vormacht.
Für mich ist das Online-Dating viel zu viel Druck. Ich finde es sehr stressig mich mit Leuten auszutauschen, von denen ich weiß, dass sie Partner/Partnerinnen suchen. Das macht mir schon von vornherein Angst. Außerdem würde ich mir auch selbst immer sehr gestresst vorkommen, weil ich ja ebenso offensichtlich auf der Suche bin. Und man hat so riesige Erwartungen ... und wenn man sich dann in der Realität trifft, dann ist das so ein großes Gefühlschaos, dass bei mir bisher IMMER in "Weglaufen" oder sowas geendet hat. Sogar viel früher, als bei normal kennengelernten FreundInnen.
Aber da ist auch vielleicht jeder anders. Mir hat das Wissen geholfen, dass mir reale Kommunikation besser tut, als virtuelle und bei dir ist es eben anders rum.
Also ich weiß nicht, ob ich das richtig erkläre. Aber "langsam-Angehen" hat bei mir nichts damit zu tun, dass ich den/die Bekannte nur alle paar Wochen sehen kann und wir sozusagen dazu gezwungen sind unsere Bedürfnisse zurückzuschrauben. Ich kann mir sogar vorstellen, dass man bei einem Chat-Date diesen Leidensdruck noch viel, viel stärker hat. Jeder der beiden Anwesenden weiß ja, dass man sich in einem Online-Dating-Chat getroffen hat, deswegen steht schon gar nicht Mal die Frage im Raum, OB man überhaupt einen Partner möchte. Sondern es ist relativ sicher, dass man auf der Suche ist. Und man setzt sich damit selbst so unter Druck. Unbewusst möchte man es sich doch beweisen, dass das Date perfekt passt. Schlimmer ist es dann noch, wenn der Dating-Partner "normal" liebend ist und sozusagen versucht Nähe relativ schnell anfängt aufzubauen. Wahhh, das würde bei mir schlimm enden ...
Mir tat es immer gut jemanden kennen zu lernen ohne jetzt darauf bedacht zu sein, dass wir beide zusammen passen müssen. Das entlastet ganz schön, man kann sich geben wie man möchte und kann den anderen ungezwungen näher kommen. Dabei redet man auch ganz viel! Und das machst du wahrscheinlich richtiger als ich! Ich bin nämlich auch eher der Mensch, der mit allen Menschen reden kann und das auch gerne tut. Sollte ich aber plötzlich mit jemanden zusammen sein, finde ich keine Worte mehr für meine "Gefühle". Das ist ganz seltsam. Wahrscheinlich lag es immer an der Tatsache, dass ich mich dann plötzlich nicht mehr öffnen wollte/konnte.
Und jetzt fragst du dich bestimmt, ob ich nun mit meinem Freund auch nicht mehr rede? Doch, ganz viel sogar! Bisher hab ich mich noch nicht dabei erwischt, dass ich wieder einmal anfange Dinge für mich alleine zu regeln. Klar, größtenteils mache ich das schon, da ich ja hier alleine in meiner Studentenstadt bin und am Wochenende nur nach Hause fahre, aber wir können schon sehr gut über unsere Beziehung sprechen!
Kennen tun wir uns schon seit der ersten Klasse. Wir waren beide zusammen in der Grundschule. Hatten da aber nicht sehr engen Kontakt. Erst seit dem Schulwechsel 2009 (also vor 6 Jahren), haben wir uns richtig kennen gelernt. Und ja, ich kann dich verstehen. Schräg ist es schon irgendwie! Eben weil wir viel miteinander zu tun hatten. Wahrscheinlich hört sich das für dich auch total unwirklich an, wenn man nach 6 Jahren plötzlich mit dem Besten Kumpel eine Beziehung eingeht. Aber ich hab in der letzten Zeit darüber nachgedacht und so plötzlich war das irgendwie auch wieder nicht.
Ich war eben immer mit Frauen beschäftigt. Hab mich auch selten um seine Gefühle gekümmert und ihn sicherlich ein paar Mal ganz übel verletzt. Mit 16-17 war ich eben nicht bereit mich Männern zu öffnen bzw. wollte ich das nicht. ABER ich habe es dann doch einmal versucht. Obwohl ich schon geoutet war, wollte ich es unbedingt wissen und bin eine Beziehung mit einem Kerl eingegangen. Das ganze war nicht lange, die Standart-4-Wochen sollten es sein. Ich habe auch kaum jemanden davon erzählt. Natürlich erfuhr mein (Noch-Nicht)Freund davon und jetzt weiß ich auch, warum ihm damals die Gesichtszüge so entglitten ... Das hat ihn wirklich, wirklich sehr verletzt. Das tut mir auch bis heute noch leid, auch wenn ich es wohl nicht mit Absicht gemacht habe.
Ich weiß nicht, ob ich "brüderliche" Gefühle zu meinen ganzen Kumpels hatte. Ich wusste nur immer, dass ich mich in Männer nicht verlieben wollte! Attraktiv hab ich sie schon gefunden (fand das auch immer sehr seltsam) und öfter lachen, als wie mit den Frauen konnte ich auch mit ihnen (also das merke ich zur Zeit, wenn ich das ganze ein bisschen so reflektiere), aber für mich waren sie einfach immer tabu! Frauen riefen kein unangenehmes Gefühl in mir hervor und auf eine gewisse Weise macht das nämlich auch zufrieden!
Als er damals mit seiner Freundin zusammengekommen war, war ich irgendwie erleichtert, aber auch sehr, sehr eifersüchtig. Ich schob es auf die Gefühlsebene, dass wir verdammt gute Freunde waren und ich ihn jetzt teilen musste. Aber froh war ich ja auch irgendwie, weil ich mir wieder einmal beweisen konnte, dass ich meinen (Noch-nicht)Freund zwar mochte, ABER nicht liebte.
Ich glaube, das passiert, wenn man Mütter die ganze Zeit sagen hört "Oh, ihr seid so ein süßes Paar!". Das hat sie damals schon ein paar Mal aus Spaß gesagt. Und ich konnte eben nicht meinen Stolz überwinden. Ich war da immer sehr Anti! Man will ja selten dem Traum der eigenen Eltern entsprechen und so macht man genau das Gegenteil ...
Letztendlich hatten wir ja während seiner Beziehungszeit kaum Kontakt. Und da ich sozusagen 2 Jahre Zeit hatte vieles aufzuarbeiten, mich optisch verändert hatte und mich auch als neuer Mensch fühlte, ging ich auch anders auf ihn zu. Irgendwie hatte ich nach der Aussprache mit meiner Mutter das Bedürfnis JETZT endlich das zu tun, was ich vielleicht schon vor ein paar Jahren hätte tun können.
Ich war nicht mehr die burschikose Kumpeline, sondern durchaus eine Frau Weißt du, der Punkt 0 in meinem Leben ... das war tatsächlich wie ein Neuanfang.
Zusammengefasst: Ich hatte eine Strategie, wie ich Männer aus dem Weg gehen konnte und fühlte mich auch sehr wohl dabei.
Aber letzt endlich findet man doch irgendwie zueinander! Nur Mut, nur Mut.
Wie sieht es denn bei dir zur Zeit aus, Mary?
GLG