Beiträge von kowai

    Zitat von Caddy73


    Viel wichtiger ist,....dass man eine Gute Top Leistung,...für sich selbst als Top ansieht. Ja nicht auf das alleine eingehen was außenstehende als gut übermitteln. Das tut zwar auch gut, keine Frage.
    Aber,...das ist nur ein äußeres "Lob",...das nur kurzfristig pushen kann. Aber nicht langfristig hilft. Das ist ja der springende Punkt am Selbswertgefühl.
    Dass man selber mit seiner Leistung (seinem Tun) zufrieden ist,... und nicht von der Beurteilung Außenstehender!


    Ja, das stimmt, das hab ich mir auch durch den Kopf gehen lassen, aber in meinem Fall ist es so, daß ich mich eher runterschrauben muß, von meinen überzogenen Ansprüchen mir selbst gegenüber. Die sind nämlich deutlich höher als die Ansprüche, die von außen an mich herangetragen werden. D.h. etwas, womit ich bisher "100 %" zufrieden war, habe ich mir oftmals durch zuviel Streß und Druck teuer erkauft. Das möchte ich für mich nicht mehr als "excellence" definieren, sondern eher etwas, das schlicht und einfach genügt, etwas, womit die Menschen, für die ich die Leistung nun mal erbringen muß (beruflicher Kontext), absolut zufrieden waren und mir das auch rückgemeldet haben. Wo ich mich einfach gut gefühlt habe, ohne mich zu überfordern. D.h., in dieser Vorstellung, die ich da für mich herausgesucht habe, bin ich einfach bloß zufrieden, nicht abhängig vom Lob anderer, sondern zufrieden damit, "im richtigen Maßstab" etwas sehr gut gemacht zu haben.

    Ich habe mich auch ein wenig mit dem Inneren Kind beschäftigt. Am Anfang fand ich das sehr schwierig, mir vorzustellen, wie man sich gewissermaßen als Kind selbst auf den Schoß nehmen und trösten soll...puh, das war mir irgendwie "zuviel", da kamen mir ja bei der Vorstellung schon die Tränen... Mit der Zeit habe ich mich daran aber gewöhnt und ich finde, ein bißchen bringt es auch etwas. Wenn man erstmal verstanden hat, daß es darum geht, Druck- und Angstsituationen als solche zu erkennen (!) und sich mithilfe des Inneren Kindes zu beruhigen... das finde ich schon hilfreich. Erst kommt es einem komisch vor, sich selbst zu trösten - bei mir kommt noch hinzu, daß ich auch so gut wie keine Erfahrung damit habe, überhaupt irgendein Kind zu trösten - aber es ist doch möglich. Unter therapeutischer Anleitung ist das sicher noch sehr viel ertragreicher. So mit mir allein habe ich das Gefühl, daß ich da im Moment erst noch an der Oberfläche kratze, obwohl ich schon merke, daß da was drinsteckt, was hilft. Ich stelle mir dazu ein bestimmtes Foto von mir als Kind vor, auf dem ich sehr eingeschüchtert, unterdrückt und schwach wirke. Dieses Foto habe ich immer gehaßt. Mittlerweile empfinde ich mich darauf schon anders, ich kann das jetzt besser annehmen (integrieren?), was das Bild darstellt.


    Was auch hilft: die Erinnerung an einen bestimmten "moment of excellence" aufrufen, wenn man in eine Streßsituation gerät - also eher im beruflichen Kontext. Da stelle ich mir eine konkrete Situation vor, in der ich etwas ziemlich gut hinbekommen habe, ohne mich mit den Vorbereitungen dafür überfordert zu haben und ohne, daß die erbrachte Leistung nach meiner Einschätzung "100 % top" war, ich aber trotzdem viel Anerkennung dafür bekommen habe. (Diese "moment of excellence"-Methode wird in der Selbstwertliteratur ja auch manchmal empfohlen.)


    Vielleicht kann man sich so nach und nach einen "mentalen Werkzeugkasten" erstellen, in den man hineingreift, wenn es nötig ist?


    Auch wenn in der Literatur manches etwas abgehoben-esoterisch klingt...man kann sich ja mal drauf einlassen.

    Zitat von podenca

    PS: Habe heute bei 30!!! Therapeuten in meiner Nähe angerufen.


    Bewundernswert!!


    Haben die Praxen denn keine Wartezeiten genannt, wollte man Dich gar nicht erst annehmen?


    Ich habe letztens irgendwo in der Zeitung gelesen, daß die durchschnittliche Wartezeit für einen Therapieplatz mittlerweile bei bis zu 6 Monaten liegt...

    Zitat von Sukramine

    was sagt das Buch?), dass er sich dafür selbst hasst? Wegen Rollenklischees?


    Nein, man muß sich da ein bißchen einlesen, ich kann das auch nicht fachkompetent einwandfrei wiedergeben - es geht grundsätzlich um Spätfolgen einer nicht geglückten Identifikation des männlichen Kindes zuerst mit der Mutter, dann Ablösung von der Mutter, dann Identifikation mit dem Vater und Ablösung von den Eltern... so ungefähr soll es idealerweise laufen. Je nachdem, an welcher dieser Stationen etwas schiefgeht, kommt es zu Fehlentwicklungen im Selbstgefühl als Mann/Frau... so habe ich das zumindest grob verstanden.


    Meiner Erfahrung nach ergibt das Modell durchaus Sinn. Es erklärt u.a., warum einige meiner BÄler, die nach außen hin durch ihre "weichen" Charakterzüge auffallen und (anfänglich) durchaus zu Fürsorglichkeit, Einfühlsamkeit und liebevoller Zuwendung fähig sind, nach einiger Zeit latente Aggressivität durchscheinen lassen und hypermaskuline Typen à la James Bond als Vorbilder betrachten. Mich hatte diese Zerrissenheit immer gewundert.

    Dies ist kein Buch über Bindungsangst, aber es wird aus der Perspektive der männlichen Psyche heraus geschildert, wie Problembeziehungen zustandekommen bzw. woran Beziehungen (immer wieder) scheitern. Dabei geht es anhand von vielen Fallbeispielen oft auch um Beziehungen, die man unschwer als BA-Beziehungen erkennt, wenn man sich hier durchs Forum und durch die einschlägige Literatur gelesen hat.


    Ich finde das Buch aus dem Grund interessant, daß es um problematische psychische Weichenstellungen im Laufe von Kindheit und Jugend geht, die sich später negativ auf die Beziehungsfähigkeit von Männern auswirken. Also zum Teil auch um die Ursachen von BA.


    Ich habe in dem Buch Antworten auf die Frage gefunden, warum mein Muster, es immer wieder mit empfindsamen, zurückhaltenden Männern zu versuchen, wenig erfolgversprechend ist. (Kurze Antwort: weil der Mann sich selbst für diese Eigenschaften haßt, die ich an ihm gut finde. Vgl. dazu auch den BA-Spruch: "In Wahrheit bin ich ganz anders...")


    In den Passagen über männlichen Narzissmus habe ich meine beiden Bekannten, die seit Jahren mit ihrer narzisstischen Persönlichkeitsstörung in Therapie sind, nahezu 1:1 beschrieben gefunden.


    Erschreckend auch die Tatsache, daß es Männer gibt, die sich selbst und ihr Beziehungsleben immer wieder sabotieren und sich als "Versager" hinstellen, weil sie mit ihrem Versagen unbewußt ihre Eltern bestrafen wollen....


    Unterm Strich ist es sehr ernüchternd, daß die Partnerin bei fast allen beschriebenen Beziehungsproblemen so gut wie nichts bewirken kann, weil es nämlich gar nicht um sie geht - sondern um ungelöste Probleme, die der Mann mit seiner Mutter und seinem Vater hat und die er als Erwachsener munter weiter mit sich durchs Leben schleppt.


    Trotzdem gibt es an einigen Stellen Tipps, wie man als Partnerin mit einem "Problemmann" umgehen sollte. (Passen natürlich nur für Frauen, die überhaupt (noch) Kontakt zu ihren Männern haben.) Viele davon scheinen darauf hinauszulaufen, das jeweilige Problemverhalten zu ignorieren bzw. nicht darauf einzusteigen mit seinen eigenen Ängsten... nicht immer ganz leicht, zumal von langfristigen Zeiträumen die Rede ist.


    Daß aber ohne Therapie keine Änderungen beim "Problemmann" zu erwarten sind, wird auch mehr als deutlich. Als Partnerin allein kann man niemanden kurieren, egal, was man macht.

    Ja, tut mir leid, Podenca, das sollte natürlich nicht verletzend sein - war es aber. Ich entschuldige mich!!


    Tatsächlich hätte ich mir einen Mann ersparen können, wenn ich damals mehr auf meine Freunde gehört oder mein Gehirn mehr eingeschaltet hätte - da war ich wirklich nicht sehr kritisch bei der Auswahl. Für den Rest kann ich nichts, das war mein Muster.... :(

    Zitat von podenca

    sein Äußeres/coole Sprache ist eine Sache, ich werte sowas nicht. Jeder ist anders.


    Ich meine vor allem, daß ich den Mann als oberflächlichen Selbstdarsteller empfinde, der NULL Einfühlungsvermögen und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlt. Dieser Mann ist vollkommen anders als die TherapeutInnen, die ich kenne. Ich war wirklich ein wenig entsetzt, als ich das Video gesehen habe.


    Podenca, Du hast doch geschrieben, daß Dir Therapien nichts gebracht haben. Bitte versteh die Frage jetzt nicht falsch - bist Du vielleicht auch nicht gerade sehr kritisch bei der Auswahl gewesen...?

    Zitat von Reni

    tendiere momentan aber eher zum "Nein"... weil ich denke, dass der Typ es nicht wert, auch nur einen Funken Aufmerksamkeit in Form einer Mail von mir zu bekommen.


    Zitat

    Vielleicht bekomme ich eines Tages die Gelegenheit und habe den Mut, ihm direkt ins Gesicht zu sagen, dass er aus meiner Sicht ein ganz falsches Spiel mit mir gespielt hat und ich absolut nichts mehr von ihm halte.


    Hmm, also wenn ich das richtig verstehe, willst Du ihm nicht schreiben, weil er es nicht wert ist - hättest aber nichts dagegen, wenn er mal bei einer Gelegenheit - Konzert o.ä. - auf Dich zukäme, damit Du ihm dann sagen kannst, was Du von ihm hältst (nämlich nichts)? Das klingt für mich so, als wolltest Du ihm eigentlich schon ganz gern mitteilen, wie es in Dir aussieht, hast aber vielleicht Angst, Dich dadurch verletzlich/angreifbar zu machen und möchtest es "bequemerweise" ihm (oder dem Zufall) überlassen, eine Kontaktsituation zu schaffen, damit Du Deine Gefühle doch noch irgendwann loswerden kannst... ? :think:


    Ich wüßte auch nicht, was dagegen sprechen sollte, ihm zu schreiben. Ob er das nun "wert" ist oder nicht - die Sache beschäftigt Dich ja ganz offenbar. Das sollte doch der Maßstab sein: ob man ein Problem spürt, das einen belastet, und das man beseitigen will. Wenn Du ihm schreibst, wärst Du die Dinge zumindest mal los. Reagieren wird er vermutlich nicht, Deiner Beschreibung zufolge.

    Ah, das hatte ich wohl nicht ganz richtig verstanden.


    Ich kenne übrigens ein Paar, das geheiratet hat, obwohl keinerlei liebende Gefühle vorhanden waren bzw. sind. Sagen die ganz offen. Beide waren Ende 30 und Dauersingles. Für ihn war es nützlich, eine Familie zu haben, damit er in der (konservativen) Firma ins Top-Management aufsteigen konnte - nur Familienväter gelten dort als "verantwortungsbewußt". Sie konnte die Vorwürfe ihrer Eltern nicht mehr hören, wann sie denn endlich heiratet und Kinder bekommt. Also gesagt, getan... eine reine Zweck-Ehe. Sie leben nebeneinander her: sie mit den Kindern zu Hause, er "nur" auf Arbeit. Keine Ahnung, wie sich das später mal auf die Kinder auswirkt. (Aber ob das beides BÄler sind, weiß ich nicht, dieses Beispiel fiel mir nur gerade dazu ein.)


    Viel Erfolg in Deinem Job!! :)

    Was ist das denn für ein Hipster-Therapeut?! Der redet ja wie ein Mittzwanziger! So unempathisch, als ob er das Ganze gar nicht richtig ernst nimmt... und wie der vor der Kamera rumhängt... und dann noch rasch ein paar lockere Ratschläge an den Mann bringt... puh.


    Also, mit dem würde ich jedenfalls keine zweite Sitzung ausmachen... :shock:


    Was der Mann referiert, kann man doch in diversen Büchern mit mehr Tiefgang nachlesen. Nichts Neues.


    "Was würde James Bond tun?" :silent:

    Auf diese Frage hier einige Antworten, die ich von BÄlern bekam:


    - der Wunsch, eine stabile familiäre Umgebung zu schaffen, die einem Halt gibt (Angst vor der "feindlichen Welt", in der man immer Leistung bringen muß)
    - die Frau durch Kinder an sich binden zu können (Verlustangst)
    - Kinder als Menschen, die einen "niemals verlassen" werden (Verlustangst)
    - Angst, als Single in der Gesellschaft schief angesehen zu werden (geringer Selbstwert)
    - die Erwartungen der Eltern erfüllen, selbst eine Familie zu gründen (nicht als "Versager" dastehen wollen)


    Außerdem kann es ja sein, daß man jemanden heiratet, während man ihn noch liebt - und die Liebe verschwindet danach erst. Trotzdem möchte man die Beziehung dann wg. der oben genannten Gründe aufrechterhalten.


    Mit der Zeit kommt dann offenbar das schlechte Gewissen, weil man merkt, daß man emotional "nichts geben" bzw. "nichts erwidern" kann, gerade auch gegenüber den Kindern. :( Ich vermute, die große praktische Hilfsbereitschaft kommt dann auch aus diesem Hintergrund.


    Zitat

    die BÄ in diesen Familien, mit deren (junge Erwachsene-)Kinder ich Gespräche führte


    Hast Du beruflich mit solchen Familien zu tun, weil Du vielleicht in einer Art Beratung tätig bist?

    Zitat von Sukramine

    Tja, also, ich hab auch ne Bekannte, die seit inzwischen so etwa 20 Jahren eine (zumindest nach außen hin) glückliche Ehe führt.
    Wenn man fragt, wie sie das macht: Naja, ihr ist klar, dass Männer bestimmte Dinge einfach nicht können- also fordert sie es auch nicht. Weiterhin ist sie der Meinung (und das macht sie in der Praxis auch so), dass man in einer Beziehung (also dem Mann gegenüber) nur bestimmte Persönlichkeitsaspekte zeigen darf.
    Also, im Prinzip achtet sie auch darauf, dass sie nicht (außer vielleicht in typischen Frauentätigkeiten) besser oder intelligenter rüberkommt als ihr Mann (obwohl sie das m.E. auf jeden Fall ist). Sie hat sie auch meist um die Kinder gekümmert bzw. ist jahrlang zu Hause geblieben. Der Mann hat also das Geld verdient. Ich glaube, das gibt Männern halt oft das Gefühl, ein richtiger Mann zu sein.


    So etwas meine ich ausdrücklich nicht. So etwas habe ich von den Frauen - und Männern -, mit denen ich über ihre Beziehungen spreche, absolut nicht gehört. Die leben so auch nicht.


    Hmm, kann es sein, Sukramine, daß Du ein etwas holzschnittartig-negativ gefärbtes Männerbild hast? Irgendwie erinnern mich Deine Zeilen an meine eigene Einstellung von vor einigen Jahren, die - vielleicht ähnlich wie bei Podenca - irgendwie so aussah: alles ist besser, als so eine verkorkste Beziehung, wie meine Eltern sie hatten, inkl. konservativem Rollenbild. Und ich war enttäuscht, als ich sah, daß es sogar in meiner Generation wieder Paare gab, die so lebten. Dann lieber BÄler, die nichts von mir verlangen...(mir aber auch fast nichts geben).


    Bei mir hat sich das in den letzten Jahren jedenfalls geändert. Ich habe nun die Paare im Blickfeld, die so leben, wie ich das auch gut finden würde, inkl. "emanzipierten" Männern, von denen es viel mehr gibt, als ich früher dachte. Eigentlich ist die Männer-Frauen-Welt gar nicht so schlecht... ich stehe nur leider offenbar noch in der falschen Ecke.

    Zitat von Sukramine


    Naja, wenn ich mich denn schon vergleichen muss.....dann kann ich mich mit Leuten vergleichen, die viel mehr Geld, eine schönere Wohnung, einen besseren Job haben, sich mehr leisten können, eine tolle Familie....
    Oder ich vergleich mich mit den anderen, den Menschen in Afrika, den Obdachlosen, den Arbeitslosen, den Flüchtlingen, den Gemobbten...
    Wann wird es mir vermutlich besser gehen? Beim Vergleich mit den ersten oder den zweiten?


    Ich vergleiche mich eigentlich kaum noch, wie ich das früher gemacht habe, sondern bin inzwischen vielmehr auf der Suche nach Orientierung, weil ich was ändern will: wie machen das diese Paare, die ich kenne, die in einer Beziehung leben, die ich als gut empfinde? Was brachten die als Voraussetzungen mit, was waren deren Erwartungen, wie sind die mit Konflikten umgegangen, mit Veränderungen der Lebenssituation usw. usw.


    Früher dachte ich, ich könnte auf Beziehungen im Grunde keinen Einfluß nehmen, sondern muß halt akzeptieren, wie der Mann ist. Entweder bleib ich dann bei ihm, oder ich gehe, oder es geht irgendwie auseinander... Bei manchen ist das ja auch wirklich so, hab ich ja auf die harte Tour gleich beim ersten Freund gelernt: wer dermaßen psychisch erkrankt ist, kann nichts ändern, da hat man keine Chance. Bei vielen BÄlern, von denen hier die Rede ist, ist das wohl auch so, wenn da z.B. handfeste Persönlichkeitsstörungen dahinterstecken oder sie generell therapieunwillig sind. Das ist leider meine/unsere Klientel, und die Fragen, die hier rauf und runter diskutiert werden, halte ich nach wie vor für zentral: warum gerate ich immer wieder an solche Menschen? Und warum bleibe ich so lange bei ihnen?


    Klar gibt es auch "normal bindungsfähige Menschen", die charakterlich einfach mies sind. Aber die waren nie mein Problem, denen bin ich eigentlich immer ganz gut aus dem Weg gegangen.


    Ich weiß halt sehr sicher, daß es auch andere Menschen gibt, weil ich die schlicht und einfach kenne. Idealpersonen sind das natürlich alles auch nicht, und die kommen auch nicht alle aus superglücklichen Elternhäusern, aber die kriegen beziehungsmäßig etwas hin, das ich gut finde. "Aushandeln", "Beziehung gestalten", na ja, letztlich einfach: reden, reden, reden... ist für mich leider reine Theorie. Ist aber doch ganz wesentlich für eine Beziehung, die ich als "gut" definieren würde. Da finde ich es schon echt hilfreich, was mir meine befreundeten Paare darüber so sagen, wie die das machen... Und natürlich haben die auch Probleme, aber keine, die ich als no-gos sehen würde: fremdgehen, Frau bleibt zu Haus - der Mann arbeitet usw. Die leben schon weitgehend so, wie ich mir das auch wünschen würde, und da bin ich einfach neugierig, wie die das wohl hinkriegen, warum sie so viele Jahre zufrieden, wenn nicht sogar glücklich miteinander sind.

    Zitat von Sukramine

    tja, da ist ein Bindungsphobiker ja noch das kleinere Übel, nicht wahr?


    Mich erinnert diese Sichtweise ein wenig an meine Beziehung zu meinem ersten Freund, der meine Nähe immer seltener ertrug, weil er leider unter Schizophrenie im Anfangsstadium litt. Niemals gemeinsame Übernachtungen, Treffen nur ungefähr 1 x die Woche für einen Nachmittag, am Ende dann wochenlange Funkstillen. Aber wenn wir zusammen waren - die völlige körperliche Verschmelzung, extreme Gefühle, Weinen vor Glück... (Kennt jemand noch den Film "Betty Blue" aus den 80ern? Ein bißchen so ähnlich war das.... :( )


    Als seine Rückzüge immer länger wurden, habe ich mir das anfangs noch schöngeredet. Habe mir andere Paare angeschaut und gedacht, ok, mein Freund ist viel besser, der würde mich nie betrügen oder verlassen, der fordert nicht von mir, "Heimchen am Herd" für ihn zu sein, und wir haben ja eine viel intensivere Liebe als die Paare, die sich täglich sehen und bei denen schon Routine eingekehrt ist... Ich wollte einfach auch glücklich sein bzw. vor den anderen glücklich scheinen. Dabei haben mich seine Rückzüge immer stärker verletzt, vor allem sein Schweigen darüber, warum er sich immer mehr zurückzieht - es gab im Grunde am Ende gar keine richtige Kommunikation mehr, er wurde mir richtig fremd. Sowas will/kann ich nicht mehr.


    Klar, wenn man BÄler mit "Negativexemplaren" vergleicht, mag man auch Gutes in BA-Beziehungen sehen. Schlechteres als das findet man immer. Ich möchte mich aber lieber an denen orientieren, die gute Beziehungen leben können, die gibt es nämlich auch, zumindest in meinem Freundes- und Bekanntenkreis.

    Zitat von Hanna1000

    Warnzeichen übersehe bzw. sie sehe, aber dennoch den Kontakt weiter halte, keine konkreten Fragen stelle an den Mann, und ich mache dies auch, weil ich ganz, ganz schnell Gefühle aufbaue, wenn ich jemanden interessant finde, ihn dann nicht verlieren will. Die Gefühle sind da, bevor ich den Mann wirklich kenne.


    Das klingt nach einer heißen Spur!


    Daß man sich verliebt, bevor man den anderen wirklich kennt - finde ich normal.


    Aber bei mir ist es auch so, daß ich anfangs zu wenig Fragen stelle oder zumindest erstmal lieber keine "kritischen" Fragen stelle, aus Angst, dieser Mann könnte plötzlich verschwinden, weil ich dadurch die schöne romantische Atmosphäre zerstöre oder was weiß ich. Ich will "keinen Druck machen" - aber das ist vielleicht genau das Fehlverhalten, das ich in meinen BA-Beziehungen gelernt habe, wo manchmal vollkommen harmlose Sätze, gar Komplimente als "Druck" empfunden wurden. Dann lieber nichts fragen, es wird sich schon alles irgendwie ergeben... scheint der falsche Ansatz zu sein.


    Mein jetziger BÄler hat eigentlich von Anfang an recht viel über sich erzählt, aber z.B. habe ich mich nicht getraut, ihn zu fragen, wann denn eigentlich genau seine Scheidung war, wie lange er denn schon genau von seiner Frau getrennt ist. Und warum sie sich überhaupt getrennt haben. Wie er sich sein weiteres Leben vorstellt. Für meine Freunde war das unvorstellbar, daß man das nicht fragt! Aber ich fand, na ja, wir haben ja Zeit, das wird er schon noch sagen, bloß keinen Druck machen... und so reitet man sich dann auch selbst mit in die BA-Geschichte rein.

    Zitat von Sukramine

    Zum einen frag ich mich, wo der Unterschied zwischen 1 und 2 ist. Also, wie "entscheidet" (jaja, ich weiß schon, dass das wohl kaum eine bewusste Entscheidung) ist, ein Bäler in welche Kategorie ein Partner fällt?
    Oder anderes gefragt: Wovon ist das abhängig? Von welchen Persönlichkeitsmerkmalen/Eigenschaften/Verhalten des Partners?


    Ich bin zwar nicht Sara, glaube aber gut zu verstehen, was sie meint, da ich solche Beziehungen, die sie schildert, auch kenne. Habe ich auch weiter oben schon mal geschrieben, ich zitiere mich hier mal selbst:


    Zitat

    Ich bin nicht Sara, kann aber bestätigen, daß es so etwas gibt. Da werden z.B. Partner/innen genommen, die materiell unterlegen sind - und somit abhängig von einem selbst, d.h. man bekommt dadurch die "Garantie", daß die einen nicht verlassen. Oder Partner/innen, die ein viel niedrigeres Bildungsniveau haben, ganz andere Interessen als man selbst - dadurch ist ein gewisser Abstand bzw. die "Erlaubnis" für Einzeltouren oder Rückzüge von vorneherein eingebaut, siehe auch den BA-Spruch: "Man muß doch nicht alles miteinander teilen"... Oder Partner/innen, die man gar nicht so attraktiv findet, weil man sich aufgrund seines niedrigen Selbstwertgefühls an die, die man eigentlich viel toller findet, nicht rantraut... usw. Da scheint es oft in erster Linie erstmal darum zu gehen, sich einen Partner/in zu sichern. Vielleicht auch gleich mit Kindern, Haus usw. Bänder zu knüpfen, die langfristig zusammenhalten sollen.


    Wie das dann auf emotionaler Ebene funktioniert, sobald die erste Phase der Verliebtheit und des gemeinsamen Aufbruchs vorbei ist, ist eine andere Frage. Da wird dann wohl oftmals wirklich eher nebeneinanderhergelebt, mit dem BÄler in der "inneren Emigration" durch viel Arbeit, zeitaufwändige Hobbies - was hier ja auch vielfach so beschrieben wird. Aber aus Sicht des BÄlers besser als Alleinsein. Und irgendwann kommt dann die Scheidung, wenn der Partner es nicht mehr aushält. Na ja, so ungefähr.


    Ich glaube, das Einordnen in diese 2 Kategorien geht relativ schnell, das passiert noch in der Kennenlernphase. Und dann wird man als potentieller Partner entweder verlassen (weil man tatsächlich sehr gut zusammenpassen würde, vgl. BA-Spruch: "Ich weiß, Du bist die ideale Frau für mich, aber ich kann nicht"), oder der BÄler hält es weiter mit einem aus (weil er emotional nicht so sehr gefordert ist).


    Zum Idealisieren von Beziehungen, die keine wurden, habe ich weiter oben auch schon mal was geschrieben. Ob das regelhaft so ist, weiß ich natürlich nicht, aber ich habe beobachtet, daß eigentlich fast alle BÄler, die ich kenne, relativ früh im Leben verlassen wurden, vielleicht sogar gleich von dem/der ersten Freund/in. Oder sie haben sich früh unsterblich in jemanden verliebt, der das nicht erwidert hat. Und die Erinnerung an diese Verletzung schleppen sie dann mit durchs Leben und "schützen" sich davor, indem sie potentielle Partner, die wirklich was in ihnen berühren, am besten gar nicht mehr an sich ranlassen.


    Ein Extremfall in dieser Hinsicht ist eine Bekannte, die sich mit 17 in einen verheirateten Familienvater Mitte 30 verliebte, der eine Affäre mit ihr begann und ihr erzählte, er würde bald/irgendwann seine Frau für sie verlassen. Darauf wartet sie heute noch - mit Ende 40! In der Zwischenzeit - 30 Jahre - hatte sie eine Kurzzeitpartnerschaft nach der nächsten, darunter viele Verheiratete, aber auch einige "gute", passende Männer - aber sie hat alle relativ bald wieder verlassen, um für ihren "Ideal-Mann" frei zu bleiben, für den Fall, daß er sich endlich scheiden läßt.


    Mein guter Freund mit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung - der es mehr als 15 Jahre lang in einer on/off-Beziehung mit seiner Freundin aushielt - hatte immer das Gefühl, er könne gar nicht richtig lieben, weil nie wieder eine Frau ihn so emotional berührt hat wie damals in der Schule das tolle Mädchen in seiner Klasse, das er jahrelang angeschwärmt hat, ohne ihr je seine Liebe zu gestehen, weil er so Angst vor Zurückweisung hatte.


    Ach, sind das alles verkorkste Geschichten... :cry:

    Danke, quati, für die interessante Schilderung.


    Wie schön, daß Du da so eine große Last losgeworden bist! Ich denke, das ist ein gutes Zeichen.


    In meiner eigenen Therapie damals war es auch so, daß ich diesen riesig-schweren Rucksack auf einen Schlag loswurde, der mich jahrelang belastet hatte. Ein tolles Gefühl. Ich hatte damals auch die Befürchtung, daß das vielleicht nicht nachhaltig sein könnte - war es aber doch. Wenn man erstmal die "richtigen" Bilder hervorgebracht hat, ist schon sehr viel gewonnen. Eine lebenslange Glücksgarantie ist das (leider) natürlich nicht, aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß mich seitdem nichts mehr so tief runterziehen kann, wie es vor der Therapie der Fall war.


    Ich wünsche Dir weiterhin gute Fortschritte.

    Ich fände es ganz wichtig, hier nicht nur Zeiträume zu nennen, sondern auch dazuzusagen, sofern das möglich ist, welche Störung(en) im Einzelfall genau vorliegen, die therapiert werden. BA ist ja in vielen Fällen "lediglich" ein Ausdruck einer tieferliegenden, komplizierten Persönlichkeitsstörung, deren Heilung unter Umständen sehr lange braucht. Die Spitze des Eisbergs, gewissermaßen.


    Mal zwei Beispiele von Bekannten, deren BA aus einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung resultiert: Fall 1 seit 6 Jahren in Therapie, Besserungen auf vielen Gebieten, aber ohne erkennbare Wirkung auf die Beziehungsfähigkeit - der Betreffende will es jetzt erstmal mit "emotionslosen Sexbeziehungen" probieren. Fall 2 seit etwas über einem Jahr in Therapie, ihm geht es schon sehr viel besser - er kann wieder zur Arbeit gehen! - aber das Thema "Beziehung" wurde bisher nicht ein einziges Mal angesprochen. Der Betreffende will von Beziehungen erstmal gar nichts wissen.


    Bei anderen mag es wiederum ganz anders aussehen.


    Ich will nur sagen: es gibt nicht "DIE BA-Therapie", die soundso lange dauert. Ist in jedem individuellen Fall anders, was genau das Problem ist und wie lange es dauert, daran zu arbeiten.