Roman: "Widerrechtliche Inbesitznahme"

  • Dies ist ein Roman über eine BA-(Nicht)-Beziehung.


    Eine Frau verliebt sich in einen älteren Mann, einen Künstler, der als Narzisst geschildert wird: charmant, charismatisch - und abhängig von (weiblicher) Zuwendung und Anerkennung, dabei völlig empathieunfähig und hilflos im Umgang mit den unangenehmen Gefühlen anderer. Sie verläßt für den BÄler ihren Langzeitfreund, nähert sich dem BÄler an, man hat ein wenig Sex, sie schwebt auf Wolke 7, denkt, nun geht es los mit der Beziehung... und er - meldet sich nicht. Ein Jahr Leidenszeit beginnt. Die Frau versteht die Welt nicht mehr, verfällt in BA-Anpassungsverhalten: interpretiert jede seiner (seltenen) Äußerungen zu ihren Gunsten, möchte ihn am liebsten jeden Tag anrufen, will ihm aber keinen Druck machen, übersieht Hinweise auf andere Frauen, demonstriert ihm gegenüber ihre Anspruchslosigkeit und Unabhängigkeit - was er aber gar nicht zur Kenntnis nimmt, schließlich versucht sie, ihn zur Rede zu stellen, irgendwas aus ihm rauszukriegen, um Klarheit zu bekommen...


    Ich habe mich von Anfang bis Ende darin wiedergefunden. Der Anfang ist fast original die Geschichte, die ich mit Ende 20 mit meinem "Katastrophen-Mann" erlebte. Der Rest erinnerte mich an Elemente aus anderen BÄler-Erfahrungen.


    Das Buch ermöglicht es, mit "Theaterblick" auf sein eigenes Drama zu schauen. Ein seltsames Gefühl...


    Hier ein Interview mit der Autorin:


    http://sz-magazin.sueddeutsche…Sex-ist-nicht-kompliziert


    Und hier eine Rezension:


    http://www.literaturkritik.de/…ezension.php?rez_id=20666


    Im Internet finden sich noch viele andere Rezensionen. Ich habe aber bisher noch keine gefunden, die diese Geschichte als "BA-Beziehung mit einem Narzissten" interpretiert, obwohl das eindeutig so ist. Stattdessen fragen sich viele RezensentInnen nach dem Motto: "Er steht einfach nicht auf Dich...", wie diese Frau bloß so lange an diesem Mann festhalten kann.


    Mein Fazit: Die Dynamik einer Spielart von BA-Beziehung wird absolut authentisch erzählt. Auf eine tiefenpsychologische Analyse, welche Prägungen aus der Kindheit beider Verhalten zugrundeliegen, wird aber verzichtet. Der Reiz liegt darin, quasi seine eigene Geschichte lesen zu können...


    :study:

  • Wahnsinn!...obwohl kein Wort wie Binddungsangst vorkommt, wird aus Sicht der Frau beschrieben in welchen Unsicherheiten sie sich befindet , wie sie schwimmT und versucht sein Verhalten zu deuten.....und beklemmend zu lesen, wie sie aus seinen unbedeutendsten Bemerkungen Hoffung zieht.als Außenstehender erkennt man sofort seine Unverbindlichkeit.


    Die Autorin muss so was erlebt haben, sonst könnte sie das nicht so beschreiben. Es sind solche so Sätze wie:" Sie war vorsichtshalber passiv, um keine Last zu werden und keine Schuldgefühle zu erregen." ,
    " es war, als wäre er auf Reisen oder auf der Flucht." ",
    eines Tages würde das richtige Leben beginnen, wenn die Arbeit getan wäre. "
    " wer bremst bestimmt immer. Wer weniger will, hat die Macht." ,
    " Sie dachte, es sei schade,dass er sich nicht so sehr nach ihm sehnte" ,
    die einen sehr bekannt vorkommen .

    Mitten im Winter habe ich erfahren, dass es einen unstillbaren Sommer in mir gibt.
    Albert Camus