Beiträge von Woody Allen

    Darf ich fragen was es mit „Kann nichtmal alleine Emails schreiben ohne schlechtes Gewissen zu bekommen“ auf sich hat?

    Warum schlechtes Gewissen?

    Ich versuche das mit der Bindungsangst und den Reaktionen so gut es geht verstehen und nachvollziehen zu können, daher frage ich :)

    Ich habe mit meiner Freundin zusammengelebt. Ich hatte aufgrund der räumlichen DIstanz mit Deutschland nur selten mit einem Therapeuten gesprochen, aber ich erinnere mich an ein Gespräch, wo ich geschildert habe, wie so ein Abend ausgesehen hat.

    Sie war abends mit türkischen Shows oder ihrem Studium beschäftigt. Wenn ich das Bedürfnis hatte, Emails an Freunde zu schreiben, so bekam ich ein schlechtes Gewissen. Nach dem Motto: du vernachlässigst deine Freundin! Das ist ein selbsterdachtes Gefängnis. Noch dazu war sie - vielleicht auch zu jener Zeit als ich die Geschichte erzählte - bereits depressiv. Das weiss ich nicht mehr.


    Ich denke aufgrund der therapeutischen Hilfe - so selten sie auch war - konnte ich das alles einigermassen managen und die Entscheidung, sie vor die Tür zu setzen, war aufgrund ihrer hohen finanziellen Abhängigkeit in England und der Unfähigkeit, da rauszukommen. Ohne Hilfe wäre ich wahrscheinlich einfach nur durchgedreht. Nichts destotrotz kann ich mich erinnern, dass ich bei der Trennung sehr traurig und zugleich sehr erleichtert war.


    Ich würde mal sagen, dass man an der Geschichte sehen kann, dass BÄ manchmal nicht nur wegen der Angst ausbrechen, sondern weil es ein Thema gibt (Depression), mit dem sie nicht umgehen können und einen Trigger darstellt, erst recht nicht nein sagen zu können. Da entsteht ein zusätzlicher Berg aufgrund der Interaktion miteinander.


    Das kann auch bei anderen BÄ so sein, muss es aber nicht.

    20 Jahre ist ja eine wirklich lange Zeit.

    darf ich fragen, was du in dieser Zeit erreichen konntest? Was du auflösen konntest etc?

    Das ist eine verdammt gute Frage. Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Und man sieht tatsächlich eine Entwicklung-


    AlterEntwicklungsstand
    19kurze Beziehungen <1 Jahr, laufe davon, völlig ahnungslos, was passiert, hoher Leidensdruck von Anfang an (Susanne)
    ca. 25Längere Beziehung ca 1 Jahr, laufe wieder weg. (Nathalie)
    ca. 30Längere Beziehung ca 2 Jahre mit 4x On- and off; Psychologe eingeschaltet; Wahrnehmung und Verständnis des Problems steigt; trotzdem Off, weil ich ins Ausland "muss" (Miro)
    ca. 33Längere Beziehung mit Zusammenziehen (Großbritannien); 2-3 Jahre; Nachwievor verbunden mit hohem Unwohlsein; kann nicht mal alleine Emails schreiben ohne schlechtes Gewissen zu bekommen. Therapie kaum umsetzbar; muss mich wegen ihrer Depression schließlich trennen; relativ kontrollierter Ablauf mit kleinem Outburst (Nesli)
    ca. 35zurück in Deutschland: Affäre (Sabrina), die zu Klammern führt -> therapeutische Betreung, wenig erfolgreich muss man sagen
    ca.42Lange Beziehung startet -> gleich in therapeutische Betreeung. Diesmal in guten Händen, tiefenpsychologisch; Heirat und Kind. Verheiratet seit 5 Jahren;
    irgendwann stirbt der Therapeut ohne Ersatz zu suchen (vor ca 2 Jahren)
    50Outburst nach ca. 8 Jahren und Wegrennenwollen


    Lange Rede, kurzer Sinn:

    1. die Störung geht nicht weg, man muss damit leben
    2. man kann mit Hilfe lernen, besser damit umzugehen
    3. Man versteht die Störung, wenn man genug Ausdauer hat, hinzuschauen
    4. Man versteht, warum das so ist
    5. Familie und Partner können nicht helfen
    6. Freunde können ein wenig helfen
    7. Therapeuten können sehr viel helfen

    Die verdrängen einfach komplett, dass sie sich selbst in jede neue Beziehung mitnehmen. Aus ihrer Sicht ist es dann doch nicht die richtige Partnerin / der richtige Partner gewesen. Schützt davor, sich selbst zu hinterfragen.

    Das kann ich nur bestätigen. Das ist auch ein wenig abhängig von Alter, Selbstwahrnehmung und Erfahrungshorizont. Bei den ersten drei Freundinnen bin ich immer davon ausgegangen, dass es die anderen sind. Nicht die Richtige, nicht richtig verliebt, passt nicht, zu dicker Po oder was auch immer. Beim vierten Mal wurde ich aber langsam nervös, zumal mir meine Familiengeschichte sehr bewusst war.


    Und vor ziemlich genau 20 Jahren war ich das erste mal bei einem Therapeuten, mit der Erwartungshaltung, dass ich nach ein paar Sitzungen alles erledigt ist. Was habe ich mich geirrt! Ws für eine Naivität.

    Vielleicht habe ich mich auch falsch verhalten. Aber was kann ich tun, wenn ich dieses ständige ghosten nicht verkrafte? Meine Grenze setzen und gehen, wie ich es getan habe, obwohl er doch schon viel an sich tut?

    Ich bin von der anderen Seite, also ein Bindungsängstlicher. Das hier ist nur meine Meinung.


    Vergiss die Selbstzweifel. Du kannst für einen Bindungsängstlichen gar nichts tun. Du kannst nichts richtig machen oder falsch machen. Du kannst doch nicht wie auf Eierschalen laufen! Wir Bindungsängstliche sind toxisch. Wir mögen auch darunter leiden, daran besteht kein Zweifel und das was du schreibst bestätigt das auch. Es ist ein Leiden. Es ist kein Narzissmus oder Psychopathie, bei mir z.B. eher überempathisch. Aber trotzdem ist und bleibt es toxisch. Dieses Hin und Her, den anderen verletzt das. Punkt.


    Und wenn Du das nicht verkraftest, wie Du schreibst, dann ist das in Ordnung. Dann darfst auch Du die Tür zumachen. Das ist Dein gutes Recht! Versuche nicht, ihn zu retten. Das wirst Du 1. nicht schaffen und 2. wird es dich selbst überfordern. Und wenn er etwas für sich tut, dann spricht das für ihn, aber achte unbedingt auch auf Dich selbst.


    Du lebst nur einmal!


    My 2 Cents.

    Am besten keine Ablenkung. Sonst reicht die Energie für den Fokus auf Dich nicht aus. Und Ablenkung nimmt einen Teil der Schwere raus. Die Schwere ist aber wichtig für einen starken Leidensdruck als Antrieb der Therapiemotivation.

    mit solchen Vorschlägen wäre ich SEHR vorsichtig. Man muss die Geschwindigkeit der Therapie und das Maß der Ablenkung nach den eigenen Kräften ausrichten. Wenn man es übertreibt, kann das zu massiven Depressionen führen. Jeder nach eigener Kraft. Auch muss das Diskutierte die Möglichkeit haben, sich zu setzen. Man kann nicht monatelang pausenlos leiden.

    Ich hatte mich vorher nie damit beschäftigt, verdrängte Es immer nur.

    Na, dann wirds Zeit! Vielleicht kannst Du versuchen, das schlechte Zeug zu akzeptieren, oder wenigstens tolerieren. Und mal das Zeugs zu fragen, woher es kommt und was es eigentlich will. Es ist ein Teil von Dir.