Beiträge von kowai

    Ich weiß nicht, ob wir das selbe meinen, deshalb möchte ich klarstellen, daß ich mich mit "esoterisch" auf den Stil des Buches beziehe, nicht auf den Inhalt. (Es gibt ja auch Teile der populärwissenschaftlich-psychologischen Literatur, die sich auf diverse Formen von "Spiritualität" stützen, das ist hier nicht der Fall.) Im Vergleich mit den Büchern von Frau Stahl läßt das Buch von Frau Cuppen an Klarheit vermissen.


    Was Du mit "holistisch" bezeichnest, könnte der Ansatz sein, über mehrere Generationen in die Vergangenheit zurückzugehen?


    Dazu möchte ich Lektüre von Sabine Bode empfehlen, die diesen Ansatz meines Wissens nach vor ein paar Jahren mit ihrem Buch über die "Kriegskinder" als erste in die öffentliche Diskussion eingebracht hat:


    http://www.sabine-bode-koeln.de/bücher/kriegsfolgen/


    Wenn ich das richtig verfolgt habe, wird dies auf wissenschaftlicher Ebene inzwischen sogar mit dem Feld der Epigenetik verknüpft diskutiert. Es geht dabei um Veränderungen im Erbgut, die in einem Menschen durch traumatische Erfahrungen ausgelöst werden und die wiederum zum Entstehen von Krankheiten, auch psychischen, führen können.


    Daß dieser intergenerationelle Ansatz einen Gewinn an Erkenntnis bringt, finde ich ganz persönlich sehr gut nachvollziehbar. Als ich das erste Mal davon hörte, ist mir erstmals aufgefallen, daß ich in einer Siedlung großgeworden bin, die für sog. "Kriegerwitwen" zu finanziell besonders günstigen Konditionen errichtet worden war. Mit anderen Worten: da wohnten ausschließlich Familien, in denen die Eltern (inkl. mein Vater) im Kindesalter ihren Vater im Krieg verloren hatten oder die aus den ehemaligen Ostgebieten geflüchtet waren usw. Lauter Menschen mit traumatischen Erfahrungen, die natürlich niemals aufgearbeitet, sondern munter an die folgende Generation durchgereicht wurden. Das war für mich ein weiteres Puzzleteil, um verstehen zu können, wie aus mir die Verlustängstlerin wurde, die ich nun mal bin.


    Die Frage ist nur, wieviel nützt diese zusätzliche Erkenntnis im konkreten Umgang mit dem Problem Bindungsangst? Gerade bei "Verlustängstlern" gehört ja die starke Außenorientierung mit zur Symptomatik, man beschäftigt sich doch viel lieber mit der Psyche von anderen "Problempersonen" als mit der eigenen... Obwohl man als BA-Partner (zumindest, wenn man Wiederholungstäter ist) ebenso vor der Aufgabe steht, eigene Wahrnehmungsmuster zu verändern und hoffentlich auch irgendwann das eigene Handeln.


    Meiner Erfahrung nach kommt die Familienbiographie im therapeutischen Gespräch ohnehin zur Sprache, wenn es um die Auseinandersetzung mit den Eltern geht und man gefragt wird, warum man glaubt, daß die sich so verhalten haben, wie sie es nun mal taten. Der Schwerpunkt der Therapie (90 %) liegt jedoch auf der Auseinandersetzung mit sich selbst im Hier und Jetzt, wobei die biographische Dimension natürlich immer einbezogen wird.


    Insofern empfinde ich die Erwähnung dieser Facette im Buch von Frau Cuppen, das offenbar ebenso wie die Stahl-Bücher für Deutschland als populärwissenschaftliche Einsteigerlektüre gilt, bestenfalls als Ergänzung, die im ungünstigen Fall auch zur Ablenkung (von sich selbst) genutzt werden kann. Wer mit dem akuten Problem "Bindungsangst" konfrontiert ist und in seiner Verzweiflung erstmal nach Erklärungen und vor allem nach einer Handhabe sucht, ist mit den Stahl-Büchern besser beraten. Wer sich mit Familienbiographien, intergenerationeller Weitergabe von Traumata usw. auseinandersetzen mag, wird dazu wiederum spezialisierte, tiefergehende Lektüre finden.

    Wieder ein update über meinen alten Freund, der nun seit über 2 Jahren wegen seiner narzisstischen Persönlichkeitsstörung in Therapie ist (BA ist nur eines der damit verbundenen Probleme).


    Die Therapie läuft wohl so langsam aus, es liegen große Abstände zwischen den letzten Sitzungen und es kommen keine neuen Erkenntnisse mehr. Ihm geht es soweit gut, beruflich ist wieder alles ok, er hat keine Depressionen mehr und kommt ohne Medikamente aus.


    Das Thema "Beziehungen" hat er sich jedoch nicht getraut anzusprechen, das ist für ihn zu schambesetzt. Seine Therapeutin hat es wohl probiert, aber er hat dichtgemacht. Da kommt er also nicht weiter. Im wahren Leben lernt er wohl durchaus ab und zu eine attraktive Frau kennen, mit der er sich dann auf facebook befreundet, aber Beziehungsversuche unternimmt er nicht.


    Damit zusammenhängend hat er sich auch nicht getraut, sein Verhältnis zu seiner Mutter zu klären. Die Therapeutin hat ihm schon vor einem Jahr erklärt, daß es ihm helfen würde, endlich einmal seine Eltern, speziell seine Mutter mit dem zu konfrontieren, was damals in seiner Kindheit schiefgelaufen ist. Dem ist er jedoch aus dem Weg gegangen und er sagt immer noch, daß das für ihn absolut nicht in Frage kommt. Das könne er seiner Mutter nicht antun, ihr zu offenbaren, daß er als Kind unter ihrem Verhalten gelitten hat und 30 Jahre lang Depressionen hatte, weil sie dann bestimmt einen Nervenzusammenbruch bekäme. Das könne er nicht aushalten. Auf der anderen Seite weiß er jetzt eben, daß er da noch eine ungelöste Aufgabe vor sich hat, und das nervt ihn wiederum...


    Stattdessen schenkt er seiner Mutti eine gemeinsame Reise zum 80. Geburtstag... :shock: Für mich unbegreiflich, daß er immer wieder die Nähe zur Ursache seines Unglücks sucht und so tut, als wäre alles in Ordnung - der liebe Sohn und die liebe Mutter. Inzwischen hat er ja sein Eltern-Thema intensiv aufgearbeitet und die Zusammenhänge gut verstanden. Wahnsinn, wie hartnäckig diese Psycho-Geschichten sein können - trotz Therapie. :cry:

    Zitat von Reni

    Und er hat sich Hoffnungen auf einen Austausch von Zärtlichkeiten gemacht, aber darauf habe ich mich nicht eingelassen. Das möchte ich mir für einen Mann aufbewahren, der mich als feste Partnerin an seiner Seite haben will. Wer auch immer das sein wird.


    Jawohl, finde ich gut, Reni!! :flower: Nicht rückfällig werden, nach vorne schauen! :P

    Bei diesem Buch handelt es sich offenbar um die niederländische Version der BA-Aufklärungsbücher von Frau Stahl. Das Phänomen "Liefdesbang" wird beschrieben und anhand der Bindungstheorie erklärt, es werden Auswege aufgezeigt. Im Grunde kennen wir das alles schon aus den Büchern von Frau Stahl, etwas Neues gibt es hier nicht. Im direkten Vergleich finde ich die Bücher von Frau Stahl sehr viel klarer und verständlicher, plakativer und gradliniger formuliert. Das Buch von Frau Cuppen wirkt dagegen etwas "schlaff", umständlich und in Teilen verträumt mit Hang zum Esoterischen.


    Interessant finde ich, daß die Autorin, eine Sozialpädagogin und Psychotherapeutin, selbst betroffen war. Sie hat offenbar jahrelang selbst BA-Beziehungen gehabt, in denen sie der verlustängstliche Teil war. Im Buch wirkt sich das so aus, daß der Schwerpunkt hier mehr auf den Verlustängstlern liegt - nicht, wie bei Frau Stahl, auf den aktiven Wegläufern. Obwohl auch Frau Cuppen weiß, daß das lediglich 2 Seiten der selben Medaille sind, trennt sie im Text zwischen der verlust- und der bindungsängstlichen Perspektive. Ich als primäre Verlustängstlerin fühlte mich hier mehrfach direkt angesprochen, wenn etwa erklärt wird, wie man als Kind darauf konditioniert wurde, emotional unerreichbare Menschen lieben zu wollen. Hierin geht Frau Cuppen über Frau Stahl hinaus.


    Das Buch geht auch insofern noch etwas über die Stahl-Bücher hinaus, als daß hier "Familienforschung" betrieben wird, die über die Elterngeneration bis in die Großelterngeneration hineinreicht. Familiale Traumata in der Großelterngeneration, z.B. ausgelöst durch Krieg oder hohe Kindersterblichkeit, werden in ihren Nachwirkungen auf das Bindungsverhalten der aktuellen Generation beschrieben.


    Ich würde nach wie vor als Einsteigerlektüre die Stahl-Bücher vorziehen. Dieses Buch wäre mehr zur Abrundung und Ergänzung des bereits Bekannten zu empfehlen.


    :study:

    Oh, das finde ich gut, ich bin gespannt!


    Frau Stahl mag ja vielleicht etwas zuviel von dem haben, wovon sie glaubt, daß wir es zuwenig haben - Selbstwertgefühl! - aber in einem Punkt hat sie völlig recht: dieser Mann ist überhaupt nicht vom Fach... und ich kann verstehen, daß es sie nervt, daß er soviel mediale Aufmerksamkeit bekommt.


    Ich fände eine sachliche Diskussion zum Thema mal schön, an der verschiedene Expert/innen beteiligt sind, z.B. in einer Sendung wie "scobel".

    Dies ist das Buch zur wöchentlichen Kolumne "Midlife Ex-Wife", die ich im Guardian so gern gelesen habe: https://www.theguardian.com/profile/stella-grey


    Die Autorin (50) beschreibt darin die 2 Jahre, die sie mit online dating verbrachte. Sie meldete sich auf rund einem Dutzend Plattformen an (kostenfreie und zahlungspflichtige) und machte dabei eine Menge vielfältiger Erfahrungen. Am Ende traf sie den Mann, mit dem sie jetzt zusammenlebt.


    Was ich aus der Perspektive unseres Themas "BA" interessant finde:


    1) Die Autorin gab sich stets authentisch. Interessiert an einer engen, stabilen Partnerschaft, kommunizierte sie dies auch den Kandidaten.


    2) Am längsten kleben blieb sie an 2 Typen, die wir vielleicht als BÄler klassifizieren würden. An einem gutaussehenden Mann im gleichen Alter, mit Tiefgang und Stil - der nur leider seine Scheidung noch nicht verdaut hatte und im Kopf irgendwie nicht frei war, was sich negativ auf sein Sexualleben auswirkte, woraufhin er sich schließlich unter einer Ausrede zurückzog. Und an einem Narzissten voller Esprit, der mit ihr scheinbar total auf gleicher Wellenlänge war, sich jedoch leider stets nach 15 Jahre jüngeren Frauen umsah, die er beeindrucken konnte, denn wer weiß, vielleicht wollte er ja doch noch Kinder? Die anderen z.T. sehr skurrilen Begegnungen, die die Autorin hatte, scheinen keinen bleibenden emotionalen Eindruck auf sie gemacht zu haben. Es sind die verflixten Doppelbotschaften, die einen ankleben lassen.


    3) Als sie den Mann traf, mit dem sie mittlerweile zusammenlebt, kriegte sie selbst einen BA-Anfall und zog sich tagelang voller Zweifel zurück. Er reagierte seinerseits authentisch: ließ sich nicht beirren, schickte liebe Nachrichten, nahm sie in den Arm und kriegte ganz feuchte Augen, als sie sagte, sie sei sich nicht sicher... "aber wir lieben uns doch"...und durch seine Sicherheit verschwand ihre Angst. Hach.


    Ein recht interessantes Buch.


    Ihre Lehre Nummer 1 für online dating: bloß nicht zu lange schreiben und falsche Nähe aufbauen, telefonieren muß eigentlich auch nicht sein - die Kandidaten möglichst rasch treffen...!

    Also, in meinem Fall ist es ja so, daß ich es mit einigen Männern zu tun hatte, die tatsächlich diagnostizierte Depressionen/Ängste/Persönlichkeitsstörungen/Schlimmeres haben, und die dank Therapie selbst genau wissen und mir das auch gesagt haben, daß sie aus diesen Gründen keine Beziehung können - obwohl ich ja jeweils die "Traumfrau", "ganz tolle Frau", "ideale Frau" usw. für sie bin/war. Ich hab' das ganze Problem quasi mit Brief und Siegel auf dem Tisch...


    Bei anderen, die so etwas bei ihren Partnern nur vermuten können, sieht es vielleicht anders aus.

    Zitat von SugarLea


    In solchen Fällen würde ich aber klar sagen, sind die Ängste einfach auch begründet. Der Mensch entfernt sich von einem und man selbst spürt das ganz genau. Das macht Angst.


    Ja, genau, das ist völlig normal, da kriegt ja jede/r Angst. Die Frage ist, wie gehe ich dann damit um? Ich bin durch meine Vorprägung (Vater) und leider auch durch entsprechende Beziehungserfahrungen dahin gekommen, mich dann zurückzuziehen nach dem Motto: "Bloß keinen Druck machen...dann wird alles nur noch schlimmer...im Moment kann er halt nicht anders, weil ihn xy grad so sehr beschäftigt...das wird bestimmt später wieder anders werden, da wird er dann wieder so wie früher..." - leider die falsche Vorgehensweise. Nachfragen, Konfrontation (die ja auch sanft sein kann), Bedürfnisse artikulieren: "Hör mal, wenn Du Dich plötzlich nicht mehr meldest, krieg ich aber Angst, daß Du mich verlassen willst - ich brauche, daß wir täglich zumindest kurz mal miteinander sprechen, das beruhigt mich" oder so - und zwar schon sehr früh, wenn man in die Verlustangst hineinkommt - das wäre richtig. Und dann halt sehen, wie er reagiert. Manch langen Leidensweg hätte ich mir dadurch abkürzen können.

    Ich fände es gerade gut, wenn diejenigen, die mit ihren akuten BA-Geschichten durch sind, trotzdem ab und zu noch schreiben würden, wie es ihnen weiterhin ergeht an der Beziehungsfront. Denn es stimmt ja, daß sich die Geschichten immer wieder gleichen. Was hier fehlt, finde ich, sind die Fortsetzungen... Gerade bei denjenigen, die sich schon lange mit diesem Problem herumschlagen und auch Verbindungen zur eigenen Kindheit usw. herstellen können - wie findet man da raus, und wie geht es dann weiter? Welche Probleme (oder auch nicht, wäre ja auch schön!) ergeben sich in neuen Beziehungen? Was ist in neuen (Nicht-BA) Beziehungen mal anders, und wie erkennt man, daß es diesmal "richtig" ist? Solche gelegentlichen Einblicke würden mich wirklich sehr interessieren. Sie könnten Mut machen (hoffentlich) und man könnte dem Forum auch auf diese Weise etwas zurückgeben.

    Also, für mich als begeisterte Küchenpsychologin klingt das so, als hättest Du in dem Mann Deine Sehnsucht nach einem lieben, gütigen Vater erfüllt gefunden. Aber mit Papi kann man halt keinen Sex haben... :wink:

    Zitat von podenca

    Mit einem Kerl, der alles 100% im Griff hat und total happy ist in Beruf und Privatleben könnte ich nix anfangen. Weil ich mich selbst daneben als kleine Looserin fühlen würde... weils bei mir eben auch etliche Baustellen gibt.


    So hab ich ja auch lange gedacht... Aber mittlerweile stelle ich mir vor, daß jemand, der grundsätzlich mit sich und seinem Leben zufrieden ist und keine größeren Baustellen hat, wahrscheinlich eher die Ressourcen dafür hat, mir etwas zu geben, als ein Problemmann, der mich vor lauter eigenen Problemen ja nichtmal wahrnimmt...


    Ich glaub auch, man muß sich gar nicht als Looserin fühlen mit seinen Baustellen, irgendwo hat ja jeder ein Thema und was unsere Eltern mit uns veranstaltet haben, als wir klein waren, dafür können wir nunmal nix... Was wir jetzt damit machen, dafür können wir aber schon was.

    Eine Bekannte von mir ist seit einem Jahr in Therapie wg. langjähriger Eßstörungen, nun will sie wechseln, weil sie nicht das Gefühl hat, große Fortschritte gemacht zu haben. Hier mal die Beschreibung eines Therapeuten, mit dem es nicht funktioniert:


    - er rechnet Einzeltermine mehrfach ab (Ärger mit Krankenkasse)
    - er notiert sich Termine falsch, mehrere Patienten erscheinen zur selben Zeit
    - er ist oft für mehrere Wochen nicht da, auch außerhalb von Urlaubs- und Fortbildungszeiten, nächster Termin: in einem Monat
    - er macht sich keine Notizen, schreibt kein Protokoll und kann sich folglich an zurückliegende Gesprächsinhalte nicht mehr erinnern
    - er stellt keine Fragen :shock:
    - er "erklärt" der Patientin gewisse Zusammenhänge ausgiebig anhand von allgemeinen Theorien, geht jedoch auf ihr jeweiliges spezielles Problem nicht ein
    - er hilft der Patientin dabei, darüber zu spekulieren, warum gewisse Personen sich ihr gegenüber so verhalten, wie sie es tun --> bestärkt sie in ihrer Außenorientierung, anstatt sie darauf zu lenken, in ihr Inneres zu schauen


    Die Bekannte hatte den Therapeuten ursprünglich nicht wirklich gut ausgesucht, sondern ihr Leidensdruck war halt schon sehr groß und als eine Kollegin von ihr zufällig ihren Therapieplatz bei dem Mann wg. Umzugs aufgab, konnte sie den Platz sofort übernehmen. Nun will sie sich etwas bewußter und kritischer auf die Suche nach einer neuen Therapeutin machen.

    Zitat von RafaelaSpaeth


    Sie hatten alle eine berufliche Krise: Student der nicht fertig wird /jemand der sein Fach wechseln muss / mit seiner Berufswahl (selbstständig und eigene Firma, jetzt auch wieder, aber andere Branche), 2x einen neuen Job angetreten und unglücklich damit, unentschlosen am herumjobben, nicht erfolgreich genug im gewählten Beruf und deswegen unzufrieden. In der Startphase waren sie tatsächlich sehr oft, auch wenn sie vorher schon was anderes gemacht haben. Sie waren alle nicht sehr gesetzt, vom ganzen Lebensstil her.


    Also, unter "Krise" würde ich etwas anderes verstehen. Eine Krise passiert einem: Krankheit, Todesfälle, Firmenpleite, plötzliche Arbeitslosigkeit... und dann endet sie auch wieder irgendwann, bzw., man überwindet sie. So, wie Du diese Männer beschreibst, würde ich eher nicht sagen, daß sie berufliche Krisen hatten, sondern es scheint mehr so, als ob sie Probleme mit sich selbst hätten, die sie daran hinderten, beruflich zufrieden zu sein oder Entscheidungen zu treffen usw.


    Du hast es also nicht mit Männern zu tun, die Du in Lebenskrisen (s.o.) retten willst, sondern eher mit Problemtypen, die ihr Leben irgendwie nicht so richtig im Griff haben, ein bißchen lebensuntüchtig sind und ständig mit sich hadern...? Dann scheidet "Helfersyndrom" wohl wirklich aus.


    Warum ich bei ähnlichen "Problemtypen" geblieben bin:


    1) Ich habe in meiner Herkunftsfamilie nicht kennengelernt, was eine gute, nahe Beziehung ist. Überspitzt gesagt: solange der Mann nicht brüllt und prügelt, ist er doch ok, da kann ich doch schon zufrieden sein.


    2) Männer, die ständig mit sich selbst beschäftigt sind, haben einen großen Vorteil: sie sind nicht damit beschäftigt, Beziehung von mir zu fordern, oder überhaupt etwas von mir zu fordern. Früher fand ich das gut, weil ich lange Zeit dachte, Männer wollten ja doch nur das eine: nämlich eine Hausfrau und Mutti, die ihnen zu Hause alles schön macht...dafür wollte ich nicht zur Verfügung stehen, deshalb waren mir Männer sehr recht, die mich so sein ließen, wie ich wollte. (An deren emotionaler Unerreichbarkeit bin ich aber natürlich früher oder später verzweifelt. Irgendwann dachte ich, es gibt nur Männer, die entweder beziehungsfähig sind - und dann aber eine Hausfrau und Mutter wollen -, oder solche, für die ich zwar nicht die Mutti geben muß, die aber leider auch gänzlich beziehungsunfähig sind. :blackeye: )

    Was für Lebenskrisen meinst Du denn? Kannst Du vielleicht ein paar Beispiele dafür geben?


    Oder geht es vielleicht gar nicht so sehr um Männer in Lebenskrisen, sondern eher allgemein um Männer, die emotional nicht erreichbar sind? (Weil sie z.B. in einer Krise stecken und nur mit sich selbst beschäftigt sind - wobei dies auch einen anderen Hintergrund haben könnte... ?)

    Ich denke, es ist auf jeden Fall sehr hilfreich, mit diesem Wissen im Hinterkopf in das Abenteuer Single-Börse zu starten.


    Das Format SB macht es einem ja erstmal ziemlich schwer, potentielle BÄler zu erkennen. Man schaut halt im Steckbrief, ob man zusammenpassen könnte anhand von Kriterien wie Hobbies oder Zeitschriften, die man gerne liest, oder was weiß ich. Über die Beziehungsfähigkeit eines Menschen sagt das nur leider gar nichts aus. Insofern fehlt eigentlich die relevanteste aller Informationen: kann dieser Mensch überhaupt Beziehung?


    Früher, als Kontaktanzeigen noch das Mittel der Wahl waren, war es leichter, Problempersonen zu erkennen, denn da mußte man ja handschriftlich und frei formuliert über sich Auskunft geben. Auf diese altertümliche Weise konnte man eigentlich schon ganz gut einen persönlichen Eindruck von jemandem gewinnen. Und was man da nicht alles zu lesen bekam... :shock: Heute sind diese schrägen Typen halt ins vorgegebene Format einer SB gepreßt, wo sie sich nicht so exponieren können, weil es keine Möglichkeit dafür gibt. Das macht es dann wohl sogar schwieriger als früher, finde ich, obwohl der Aufwand für die Partnersuche durch die Einführung der SBen andererseits natürlich gesunken ist.


    Eigentlich wäre die professionelle Partnervermittlung doch ein super Geschäftsmodell für erfahrene Paartherapeuten, denn die wissen wenigstens, wie es um die Bindungsfähigkeit ihrer Klientel bestellt ist und können Menschen vielleicht ganz gut miteinander kombinieren.

    Ich finde, wie sehr man sich als BÄler-PartnerIn mit sich selbst beschäftigen sollte, hängt wesentlich davon ab, wie häufig man bisher mit BA-Beziehungen zu tun hatte. Wenn man 1mal an einen BÄler gerät - das kann nun wirklich jedem/r passieren, das sagt noch nicht sonderlich viel über einen selbst aus. Deshalb bin ich relativ gelassen, wenn hier im Forum arme Teufel aufschlagen, die noch nie im Leben eine BA-Geschichte hatten und erstmal ziemlich verzweifelt sind, weil sie das alles verständlicherweise gar nicht nachvollziehen können. Ja, das ist das heulende Elend, aber eigentlich noch kein Grund dafür, sich den Kopf über sich selbst zu zerbrechen, wenn man ansonsten immer "normale" Beziehungen hatte und vielleicht auch noch relativ jung ist. Erst, wenn sich ein Muster im eigenen Leben zeigt, sollte man intensiver in sich gehen, finde ich.


    Wenn sich das - wie in meinem Fall - seit vielen Jahren immer wiederholt, und wenn zudem belegt ist, daß das tatsächlich alles "Partner" mit diagnostizierten psychischen Problemen waren - dann sollte man sich in der Tat mal einer Generalrevision unterziehen und sein offensichtlich bestehendes Beziehungsproblem von allen Seiten durchleuchten. Mit der Suche nach "Schuld" hat das ja nichts zu tun.


    Zitat

    Viel wichtiger finde ich anzuerkennen, dass das Leben einem manchmal auch Prüfungen auferlegt, dass es manchmal Leid für einen bereit hält und dass dies NORMAL ist. Wenn man lernt, besser mit dieser Tatsache umzugehen, kommt man sich auch selbst ein ganzes Stück näher...


    In hartnäckigen Fällen wird eher umgekehrt ein Schuh draus: wenn man die Ursachen seines Problems erkannt hat, kann man besser mit Beziehungskatastrophen umgehen, bzw., diese BA-Geschichten vielleicht künftig auch mal vermeiden. Ich glaube, ansonsten kann ich ziemlich gut bzw. normal mit anderweitigem Leid umgehen, das ich natürlich auch erfahren habe, aber nichts - Todesfälle, Krankheiten von lieben Menschen, Arbeitslosigkeit, was auch immer - hat mich je so runtergezogen wie diese BA-Geschichten, und das wurde eben mit der Zeit und mit erneuten Wiederholungen schlimmer. Gleich meine erste Beziehung überhaupt war ja so eine Beziehung, ich habe sie beendet, natürlich auch viel gegrübelt, warum der junge Mann sich immer wieder zurückzog, obwohl er mich doch so sehr liebte, mich damals tatsächlich auch schuldig gefühlt, weil er sich ja von mir auf mysteriöse Art und Weise eingeengt fühlte, aber letztlich hatte ich das noch gut überwunden und nach ein paar Monaten vergessen, auch durch den Beginn einer neuen Beziehung. Das war wahrscheinlich eine "normale" Art der Verarbeitung. Leider hörte es damit aber nicht auf, sondern es folgten weitere BA-Geschichten, und eine davon endete ja auch mal in einer handfesten Depression. Wenn es soweit kommt, muß man sich mit sich selbst auseinandersetzen, davon bin ich überzeugt.


    Daß jede/r irgendein Thema hat, nicht zuletzt, weil es eine ideale Kindheit nicht gibt, ist auch klar. Ob das eigene Thema so groß ist, daß es einen in seinen Beziehungen immer wieder beeinträchtigt und daher vielleicht doch besser mal professionell besprochen werden sollte, kann letztlich nur eine Fachperson beurteilen. (Bei mir ist es halt so.)