Meine Erfolgsgeschichte

  • Meine Erfolgsgeschichte:


    Wie alles begann....
    Bis zu meinem 9. Lebensjahr bin ich unbeschwert aufgewachsen. Dann fing eine Zeit an, in der alles anders wurde und meine Eltern sich nicht mehr verstanden. Insbesondere mein Vater, der eine Geliebte hatte über viele Jahre, wendete sich von mir ab und zeigte kein Interesse mehr an mir. Ich wusste von der Geliebten, war also Geheimnisträgerin und habe nichts gesagt, weil ich mir nichts mehr wünschte als dass sich meine Eltern nicht scheiden lassen. Diese Geliebte verstand es besonders gut, uns am Wochenende mit anonymen Anrufen zu terrorisieren.
    Meine Mutter, mit der ich mich solidarisierte, war zu ängstlich, um sich von meinem Vater zu trennen. Und so lebte ich 11 Jahre in einer schrecklichen Atmosphäre mit viel Streit, Hass und Angst und hatte dabei auch noch einen Platz in der ersten Reihe durch die Lage meines Zimmers als Durchgangszimmer ins Elternschlafzimmer....


    Ich war trotz allem immer schön angepasst und habe nicht aufgemuckt, anders als mein etwas jüngerer Bruder, der durch den häuslichen Stress eher rebellisch wurde, was ich heute als gesündere Reaktion betrachte. Na ja, kurz und knapp formuliert, durch den Schock nach den ersten superschönen Lebensjahren bin ich erstmal erstarrt vor Kummer und Sorgen.


    Natürlich ging dann als ich älter und erwachsen wurde das Drama mit verschiedenen Beziehungen zu Männern los mit den hier so oft beschriebenen klassischen Symptomen. Immer war ich jedoch der Meinung, den Richtigen noch nicht getroffen zu haben. Dabei habe ich mich mit meinen Abwehrmaßnahmen nur selbst geschützt, es nicht zu nah werden zu lassen in den Beziehungen, um nie wieder so enttäuscht zu werden wie damals von meinem Vater.


    Verheiratet war ich auch, was ein paar Jahre gehalten hat und zwar immer mit dem von mir inszenierten „Sicherheitsabstand“. Das hat wirklich unglaubliche Blüten getrieben. Angst macht auch erfinderisch. Letztendlich habe ich immer geglaubt, halt „so“ zu sein, Nähe eben nicht so gut haben zu können. Klar, mir war bewusst, dass meine späte Kindheit und Jugendzeit Mist waren, habe aber nie einen direkten Zusammenhang herstellen können.


    Immer gab es trotz allem eine große Sehnsucht nach Partnerschaft und den Wunsch, nicht alleine durchs Leben zu gehen und so war ich viele Jahre auf der Suche nach Liebe. Es gab unter anderem auch eine sechsjährige Fernbeziehung, in der ich immer den nötigen Sicherheitsabstand hatte. Als diese beendet war, war das sehr traumatisch für mich. Neben dem Herzschmerz hatte ich auch noch kreisrunden Haarausfall. Wahrscheinlich ein Zeichen meines Körpers, mal genau hinzuschauen und über das Thema „Verlust“ in meinem Leben genauer nachzudenken. Das wurde mir aber erst später klar.


    Nach weiteren kurzen Affären habe ich bei einem Tanzkurs jemanden kennen gelernt, der mich wohl an meinen Vater erinnert haben muss. Nach kurzer Zeit des Zusammenseins mit ihm bekam ich durch einen nichtigen Auslöser eine Panikattacke, die mich dann endgültig mit der Nase in meine Baustelle stieß. Es gab noch ein paar mal on/off, bis ich wieder Single war und mir einen Termin zum Erstgespräch bei einer Psychotherapeutin geben ließ (4 Monaten Wartezeit). Gleichzeitig bin ich auf dieses Forum hier gestoßen und habe mich in fast allen Symptomen wieder gefunden! Das war ein unglaublich befreiendes Gefühl: Endlich eine Diagnose – ich habe Bindungsangst! In vielen Berichten konnte ich mich wieder finden, habe Jein gelesen und angefangen schon vor Therapiebeginn an mir zu arbeiten, z. B. hab ich das Focusing ausprobiert, was in „Jein“ beschrieben wird, was schon gut geholfen hat. Glücklicherweise habe ich ein gutes Erinnerungsvermögen und einen guten Zugang zu meinen inneren Bildern. Gleichzeitig habe ich auch angefangen mich mit Meditation und Buddhismus zu beschäftigen und dabei einen neuen Umgang mit meinen Gefühlen gelernt.


    Vor einem halben Jahr habe ich meinen jetzigen Freund kennen gelernt. In der Kennenlernphase hat es noch mal einen Rückfall von Bindungsangst gegeben, als ich merkte, dass er mehr wollte. Irgendwie sind wir aber doch zusammengekommen und ich habe von vornherein mit offenen Karten gespielt und von meiner Angst und der Therapie erzählt. Sein eigenes Schicksal und seine Kindheit sahen auch nicht so rosig aus. Für ihn ist es jetzt die erste längere Beziehung.
    Mittlerweile habe ich überhaupt keine Angst mehr in der Beziehung. Die alten Strategien, es nicht zu nah werden zu lassen, brauche ich nicht mehr und ich kann zum ersten Mal Zweisamkeit richtig genießen!!!


    Ich bin dem Schicksal dankbar für meine Panikattacke damals. Sonst wäre ich sicherlich immer noch auf dem alten Trip und in dem Glauben, den Richtigen eben noch nicht gefunden zu haben.


    Bei meiner Therapeutin habe ich bedauert, dass ich nicht eher zu ihr gekommen bin. Aber sie meint, dass ich eben erst jetzt reif dazu gewesen sei.


    Eigentlich könnte ich ein kleines Buch schreiben mit dem Titel: „Frau Hermine sucht die Liebe“ – so viele Geschichten habe ich bei meiner verzweifelten Suche nach dem richtigen Mann und der Liebe erlebt!
    Es fing an mit meinem ersten Freund. Er war drogensüchtig und homosexuell (was erst später klar wurde) – also wirklich absolut unerreichbar und ich habe gelitten in der Beziehung so wie ich es aus meiner Kindheit und Jugend gewohnt war – nicht schön, aber vertraut.


    In der Therapie habe ich mich quasi auf dem Stand einer Neunjährigen abholen müssen, um dann eben entsprechend „nachzureifen“ durch die Arbeit mit dem „inneren Kind“. Ich hatte auch noch viele Verhaltensanteile, die man eher der Jugendlichen in mir zurechnen musste, an denen ich auch erfolgreich gearbeitet habe. Zum Beispiel kollabiere ich jetzt nicht mehr, wenn ich einen attraktiven Mann treffe und ich denke auch nicht mehr zwanghaft, dass ich einen „besseren“ Mann verpasst haben könnte.


    Zu meinem Vater habe ich den Kontakt nach über 25 Jahren nach seinem Auszug abgebrochen. In diesen 25 Jahren hatte ich all meine Wut, die ich auf ihn hatte unterdrückt und weiterhin auf braves Mädchen gemacht. Ein klärendes Gespräch dazu hat leider noch nicht stattgefunden. Dazu fehlt mir noch der Mut....


    Vielen Dank fürs Lesen! Ich wünsche allen Betroffenen beider Seiten alles Gute!
    Hermine

  • vielen dank für deinen beitrag! :)

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  • Liebe Hermine,


    vielen Dank für deine offenen Worte!


    Darf ich dich fragen, ob du weiterhin mit dem "inneren Kind" arbeitest?


    Viele Grüße
    idun

  • Mein jetziger Freund hat BA und weiß es auch. Kannst du mir vielleicht einen Tipp geben, wie ich mich verhalten soll wenn er mal wieder eine Panikattake hat? Er geht nicht zum Therapeuten, vielleicht ja irgendwann...aber bis dahin möchte ich gern wissen wie ich mit ihm umgehen soll, da du selbst Betroffen bist/warst...danke für eine Antwort. LG

  • Hallo Mara,


    leider kann ich dir keinen wirklichen Tipp geben. Als es bei mir so schlimm war, dass ich Panikattacken hatte, habe ich mich zur Therapie angemeldet, denn Panickattacken sind fies und damit macht Beziehung überhaupt keinen Spaß. Wie hält dein Freund das aus?
    Als mein damaliger Partner in dieser Phase helfen wollte, konnte ich es nicht annehmen, hat es mich nur genervt. Frag doch deinen Partner mal, was er sich von dir wünscht, wenn es ihm so schlecht geht. Und pass auf dich selbst gut auf!!!


    Ich hab hier zwar eine toll zu lesende Erfolgsgeschichte reingestellt, aber fertig bin ich mit dem Thema noch lange nicht. Das Ganze ist eine Langzeitbaustelle, das heißt, im Moment arbeite ich daran, einen besseren Zugang zu meinen Gefühlen zu bekommen- also auch an die "versteckte, in Sicherheit gebrachte" Liebe zu gelangen, was gar nicht so leicht ist.


    Alles Gute für dich,
    Hermine