Grundsätzliche Fragen

  • Nach allem, was ich bis jetzt verstanden habe, gibt es doch wohl zwei unterschiedliche Grund-Motivationen, die hinter einer BA stehen können.


    1. Menschen, die ein bestimmtes Maß an Nähe und Bindung einfach nicht überschreiten können oder wollen, die aber auch scheinbar gar kein Bedürfnis danach haben. Sie haben offenbar mehr Angst davor, von einem anderen vereinnahmt zu werden als davor, verletzt oder verlassen zu werden. Diese Menschen würde ich eher als Bindungs-unwillig bezeichnen.


    2. Menschen, die sich sehr wohl nach großer, intimer Nähe sehnen und auch dazu fähig sind, sich zu öffnen und Nähe zu geben. Diese Menschen mit BA verhindern aber aus Angst davor verlassen oder enttäuscht zu werden, dass eine Bindung zu stark wird, um sich im Fall des Verlassen-Werdens vor allzu großen Verletzungen zu schützen.


    Kann man das alles so sagen?


    Kann man im 2. Fall davon ausgehen, dass diese Menschen große Schwierigkeiten damit haben, zu akzeptieren und zu glauben, dass ein anderer sie wirklich bedingungslos und rückhaltlos mag/liebt?


    Ist dann das wiederkehrende Rückzugsverhalten auch ein unbewusster Test der Beziehung? Nach dem Motto "ich lasse den anderen jetzt mal warten und schmoren, wenn er/sie mich dann nicht vergisst und wiederkommt, mag er/sie mich vielleicht WIRKLICH" .... ?


    Dann sollte es ja eigentlich möglich sein, mit der Zeit zu einem/r BÄ ('Typ 2') immer mehr Vertrauen aufzubauen und die BA zumindest teilweise zu durchbrechen .... ? Oder bin ich naiv? :wink:



    Viele Grüße,
    Guido

  • Hi Guido,
    das Problem äußert sich meist eher darin, dass sich BÄs von Typ 2 meist ausschliesslich in Menschen verlieben, bei denen der Verlust vorprogrammiert bzw. keine sichere Bindung möglich ist.


    Dass es verschiedene Typen gibt, hast Du richtig erkannt. Manche haben Verlassenheitsangst, manche haben Schuldgefühle oder Gefühle der Unzulänglichkeit, manche haben Angst davor, verschlungen zu werden. Aber letztendlich basieren alle diese Probleme auf ungesunden Mutter- oder Elternbeziehungen.


    Der Wunsch nach Nähe bzw. die Sehnsucht danach ist bei ALLEN Menschen vorhanden, auch bei den völlig bindungsgestörten (denen, die Du als bindungsunwillig bezeichnest).
    Manche Menschen haben bereits in ihrer frühen Kindheit eine Deprivation des Selbstgefühls erlitten und deswegen können sie keine Wege finden, gesunde Nähe (Liebe) zu leben. Ihre Beziehungen sind daher ausschliesslich Pseudo- oder Suchtbeziehungen.


    Tina

  • Okay, dann fehlt manchen Menschen die Nähe mehr als anderen. So meinte ich es wohl ....


    Aber letztendlich geht es doch um Vertrauen, also darum, dass ein BÄ nicht wirklich vetrauen kann, oder? Daher meine Idee, dass man die Angst ein wenig durchbrechen kann bzw. Vertrauen aufbauen kann, indem man sich ganz konsequent verlässlich verhält. Bin ich da auf dem Holzweg? Denke ich da zu simpel .... ?


    Ist es eine gute Idee, die BA mehr oder weniger direkt anzusprechen? Z.B. zu fragen: macht Dir unsere Nähe Angst? Oder zu sagen: irgend etwas stimmt bei uns nicht, liegt es eher an mir oder an Dir?



    Viele Grüße,
    Guido

  • Hallo Guido,
    es ist nicht in erster Linie der Mangel an Vertrauen bzw. eine gewisse Paranoidität, die BÄs beziehungsunfähig macht.
    Sondern vor allem der Mangel an Selbstgefühl und Selbstvertrauen.
    Was Du beschreibst, wäre möglich bei einem Menschen, der die Reife besitzt, mit Wünschen und Forderungen eines Partners umzugehen und sie verantwortlich mit den eigenen Bedürfnissen zu vereinbaren. Dazu bedarf es vor allem aufrichtiger Kommunikation.
    Die meisten BÄs haben aber die Eigenschaft, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle nicht klar wahrnehmen, keine Verantwortung tragen und sich daher nicht klar positionieren und gesund abgrenzen können (einen Partner mit halbwegs gesundem Bindungsstil werfen sie damit übrigens damit in ein großes Dilemma mit ähnlichen Auswirkungen).
    Eine Initiative wie von Dir beschrieben würde bei einem BÄ nur Druck und Überforderung auslösen und damit Angst und Rückzug bewirken.


    Tina

  • Zitat von Tinadreena

    .... Eine Initiative wie von Dir beschrieben würde daher Druck und Überforderung auslösen und damit Angst und Rückzug bewirken. ....


    Aha, okay, das kenne ich ja jetzt:
    http://forum.bfbd.de/viewtopic…022&hilit=faktiv&start=30 :cry:


    Nur: was kann man denn dann "richtig" machen??


    Und wie kann man mit einem BÄ über seine Probleme reden? Ist es typsich, dass BÄ nicht über die Beziehung reden können?



    Viele Grüße,
    Guido

  • Zitat von *paula*

    .... ich glaube üblicherweise läuft es so, dass der BÄ sagt,
    dass er keine Beziehung kann oder will und damit
    erübrigt sich dann auch das Reden oder Besprechen. ....


    Bei mir war/ist es ja zunächst nur eine "enge" Freundschaft, die vor allem auf einer gemeinsamen Krankheit basiert. Wir hatten uns soviel zu sagen am Telefon (über "alles" eigentlich!!) und konnten uns auch sehr helfen. Sie fing das alles an, weil sie mich "so nett" fand, sie hat auch mehrere gute männliche Freunde. Ich wollte sie einfach nur besuchen für 2-3 Stunden und es hieß immer, sie freut sich darauf. Aber dann hat mein "Pferdchen" verweigert .... :( Alles liebe fragen und betteln nützte nichts: ich kapier's einfach nicht ....


    Viele Grüße,
    Guido

  • Zitat von Tinadreena

    .... Die meisten BÄs haben aber die Eigenschaft, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle nicht klar wahrnehmen, keine Verantwortung tragen und sich daher nicht gesund abgrenzen können. ....


    Dann ist es typisch, dass BÄ immer wieder mehr Nähe zulassen und geben, als ihnen selber gut tut, um dann wieder abzutauchen? Und was sie dann damit beim Gegenüber auslösen, können/wollen sie gar nicht verstehen .... ?


    Viele Grüße,
    Guido

  • Ja, das scheint schon zu passen:
    http://www.bindungsangst.net/f…wtopic.php?t=3410&start=0


    Sie ist auch so blockiert, dass sie auf normale Fragen ("kann ich Dich besuchen/können wir telefonieren?") ÜBERHAUPT NICHT antwortet. Sie könnte sagen "mir geht es nicht gut, lass mich mal 2 Wochen in Ruhe". Sie weiß, dass ich das wegen unserer Krankheit verstehen würde, tut es aber nicht! Sondern sagt GAR NICHTS. Ist diese Blockade typisch?


    Angst und Angst-Zustände spielt bei ihr jedenfalls eine große Rolle (woher genau, weiß sie wohl selber nicht, sie hat jedenfalls viel erlebt, u.a. Scheidung der Eltern). Ich habe ihr gesagt, dass ich sie am liebsten in den Arm nehmen würde, wenn sie Angst hat. Das war dann wohl genau falsch?? :shock:


    calliesangel09 schreibt: "Vllt. schafft es ja mal irgendwann jemand von euch da draußen das Angstprogramm umzuprogrammieren....oder eben einen Frühwarnstopper zu erfinden, so dass wir BÄler endlich beziehungsfähig werden..... "


    Was mich wieder zu der Frage bringt: kann man denn nicht das Vertrauen/Selbstvertrauen behutsam aufbauen, indem man dann da ist, wenn der BÄ einen braucht?


    Und nochmal: wie kann/sollte man einen BÄ auf das Thema ansprechen oder zum Reden bringen? "Normale" Fragen nützen ja nichts .... Darf ich wenigstens fragen, ob es an mir liegt oder an ihr? :roll:



    Viele Grüße,
    Guido

  • Guido, ich finde es fraglich, eine Art Mama, Krankenpfleger oder Kindergärtner für einen Erwachsenen zu spielen.
    Was ist, wenn DU mal in den Arm genommen werden willst? Wenn DU mal Angst hast oder schwach bist? Ein BÄ wird Dich dann zurückweisen oder fallen lassen. Das ist es, was dabei herum kommt.
    Er schafft es doch nicht mal, Dir eine Frage zu beantworten.
    Ist sowas auf Dauer ok für Dich?
    Hier gibt es keine einzige Geschichte, die zeigt, dass jemand das fehlende Vertrauen oder Selbstvertrauen eines BÄ durch entsprechenden Umgang herbeizaubern konnte. Und die Partner waren vermutlich sehr lange Zeit alle sehr geduldig, sehr einfühlsam und haben dem BÄ immer Ehrlichkeit und konstante Zuneigung signalisert. Was sie am Ende davon hatten, war ein arg angeknackstes eigenes Vertrauen und Selbstvertrauen, weil sie immer wieder gekränkt, hintergangen oder allein gelassen wurden.
    Vergiss die Idee, dass Du etwas hervorrufen kannst, was nicht ist.
    Such Dir lieber eine Frau, die Dir mehr entgegenbringen kann.

  • Zitat von Tinadreena

    .... Ist sowas auf Dauer ok für Dich? ....


    Okay, ich bin ja gerade erst dabei, herauszufinden, was eigentlich mit ihr los ist .... Das angeknackste eigene Vertrauen und Selbstvertrauen habe ich allerdings jetzt schon .... :(


    Also nochmal: wenn es 'normal' ist, dann ziehe ich ja daraus Selbstvertrauen, wenn mich jemand mag und für mich da sein will (vorausgesetzt, ich mag ihn auch). So 'normal' bin ich jedenfalls gerade noch. :wink: So fing es ja bei uns an: dass sie mich mit ihrem Interesse an mir und ihrer Hilfsbereitschaft aufgebaut hat.


    Aber bei einem BÄ ist es genau das, was nicht funktioniert? Die Zuneigung wird zur Bedrohung? Wirklich begreifen kann ich es immer noch nicht ....


    Trotzdem fiel mir auf, dass es im Grunde in jeder Beziehung unter Menschen so ist, egal ob Liebes-Beziehung, Freundschaft oder Verwandschaft. Ist es nicht immer so, dass einer von zweien den anderen etwas mehr mag/liebt und dass der, der mehr gemocht/geliebt wird, sich tendenziell vereinnahmt und bedroht fühlt? Natürlich hat handfeste BA noch eine andere Qualität; ich glaube aber, dass das Prinzip das gleiche ist. Was denkt Ihr?



    Viele Grüße,
    Guido

  • Zitat von Tinadreena

    Guido, ich finde es fraglich, eine Art Mama, Krankenpfleger oder Kindergärtner für einen Erwachsenen zu spielen.
    Was ist, wenn DU mal in den Arm genommen werden willst? Wenn DU mal Angst hast oder schwach bist? Ein BÄ wird Dich dann zurückweisen oder fallen lassen. ....


    Wir sind ja beide krank (chronische Borreliose), und es war ja ihre Idee, dass wir "Freunde werden und füreinander da sind" (zunächst mal ohne Beziehung).


    Wie ist das denn einzuschätzen: ein momentaner Irrtum von ihr?? Das heißt, sie wollte wohl, konnte dann aber nicht mehr? Jedenfalls ist sie ziemlich einsam und der Wunsch nach Nähe ist schon sehr groß bei ihr; auch der Wunsch nach einer Beziehung.



    Viele Grüße,
    Guido

  • Hallo Guido,
    "normalerweise" erfolgt ein Rückzug bzw. ein Stopschild dann, wenn einer von beiden mehr will. Vielleicht will sie ja grundsätzlich eine Beziehung, aber einfach nicht mit Dir zusammen sein. Es bleibt immer die Möglichkeit, dass Du mehr in der Sache gesehen hast als sie.


    Tina

  • eigentlich gibt es kein richtig oder falsch.
    falls diese frau wirklich ba hat, dann ist dein wunsch, mit ihr eine beziehung zu führen, genau das, wovor sie angst hat.
    diese angst kannst du ihr auch nicht nehmen, weil sie tiefliegend und unbewusst wirkt, und stärker ist, als das eigene wollen.
    also selbst wenn die frau wollte, könnte sie nicht.


    darüber reden ist eigentlich nur möglich, wenn die person selber einigermaßen versteht, was mit ihr los ist. wenn sie das noch nicht erkannt hat, dann kann sie dir über ihre diffusen ängste auch nichts sagen.


    über eure beziehung reden ist dann auch nicht möglich, weil sie evtl. gar nicht versteht, weshalb sie angst davor hat.


    meiner meinung nach ist es gut, die vermutung dass sie ba haben könnte, zu kommunizieren. aber nicht zu hoffen, dass sich dadurch etwas ändert. aber es ist ein anstoss, eine idee, auf die sie evtl. auch in späteren zeiten noch einmal zurückkommen könnte.


    ich würde dir ebenfalls raten, eure beziehung so realistisch zu betrachten wie möglich. schau dir an, was du kriegen kannst, und, was du nicht bekommst, aber brauchst. wenn du siehst, dass du damit nicht glücklich wirst, dann lass es.

    **************************************
    "In pain and sorrow lies truth"
    "You can´t stop the waves but you can learn to surf"
    "Sometimes the object of the journey is not the end, but the journey itself"


    Magic Fortune Cookies

  • Zitat von karli

    .... ich würde dir ebenfalls raten, eure beziehung so realistisch zu betrachten wie möglich. schau dir an, was du kriegen kannst, und, was du nicht bekommst, aber brauchst. wenn du siehst, dass du damit nicht glücklich wirst, dann lass es.


    Das ist interessant, denn genau das hat sie mir auch gesagt, so ehrlich ist sie ja immerhin. Aber dann ist da ja noch unsere Freundschaft, und die war/ist eben EIGENTLICH so nett, dass ich die Frau einfach nicht ganz vegessen kann. Auch das habe ich ihr gesagt.


    Ich halte jetzt mal etwas mehr Abstand, und hoffe, dass ich sie irgendwann doch mal treffen kann.


    Sie wird auch eine Therapie machen wegen ihrer Angstzustände und sie meint auch, dass die Ängste mit ihrer Vergangenheit zusammenhängen (die Scheidung ihrer Eltern).


    Ich habe ihr auch mehrfach gesagt, dass sie sich einfach unmöglich benimmt. Wir haben uns auch schon ein paar Mal ziemlich gestritten. Dass sie überhaupt noch mit mir redet, spricht dafür, dass sie mich doch sehr mag und sich ziemlich genau bewusst ist, was bei ihr abgeht.


    Naja, so wie ich es mir wirklich wünsche, wird es wohl trotzdem nie werden. Das muss ich wohl einsehen ....


    Danke auf jeden Fall für all Eure Antworten!!! :wink:



    Viele Grüße,
    Guido