Diese Frage ist speziell an die weiblichen User hier im Forum gerichtet. Mich würde mal interessieren, welches Bild Ihr von euch selbst und euren Geschlechtsgenossinnen habt. Seid Ihr gerne Frauen und wenn ja, war das schon immer so? Oder habt/hattet Ihr echte Probleme mit eurem Geschlecht?
Ich muss gestehen, dass ich in der Vergangenheit große Probleme hatte. Das ist – mal wieder – eine Folge meiner Kindheit. Meine Mutter hatte sich eine Tochter gewünscht und war froh, als ich auf die Welt kam. Sie hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, wie eine Tochter sein sollte: lieb, brav, ruhig... das typische Mädchen halt. Auf der anderen Seite vertrat sie die Einstellung, dass eine Frau ohne einen Mann wenig leisten konnte und gab mir lange das Gefühl, dass Männer die besseren/klügeren/wertvolleren Menschen sind. Auch bei ihr lag es an der Erziehung, denn sie und ihre jüngere Schwester bekamen von ihrer Mutter bei weitem nicht so viel Liebe und Aufmerksamkeit wie der ältere Bruder.
Als Kind musste ich mir öfters anhören, dass ich „nur“ ein Mädchen sei und Mädchen dies oder jenes nicht so gut hinkriegen wie Jungs. Meinem Bruder hat sie schon immer viel mehr zugetraut, nur weil er männlich ist. Er wurde viel freier erzogen, an ihn hat sie sich nicht so sehr geklammert wie an mich. Meine Mutter verließ ihr Elternhaus mit 21 Jahren und wanderte nach Deutschland aus, um einen Job zu finden. Ihr Bruder hatte einen tollen, gut bezahlten Job und wohnte in der gleichen Stadt wie die Eltern. Die Schwester opferte sich für die Eltern auf und pflegte sie bis zum Tod. Deshalb hat sie recht spät geheiratet und eine Familie gegründet. Und meine Mutter hat sich viel um ihre Schwiegereltern gekümmert. Ihrer Meinung nach ist es die Aufgabe der Frauen, auch als Erwachsene ständig für die Familie da zu sein und sich für sie aufzuopfern.
Als ich noch klein war, wollte sie mich ständig in rosa Kleidchen stecken und kaufte mir Puppen. Mir wurde das richtig aufgezwungen, und ich entwickelte im Laufe der Jahre einen Hass auf alles, was typisch für Frauen ist. Deshalb kann ich wohl noch heute nichts mit Frauen anfangen, die auf Tupperpartys gehen, viel shoppen, gerne backen, usw. In meiner Kindheit/Jugend durfte ich nur mit Mädchen spielen, freundschaftliche Kontakte mit Jungs waren nicht erlaubt. Ich hab´ irgendwann rebelliert und bin fast nur noch mit Kerlen unterwegs gewesen, weil ich keine Lust auf weibliche Bezugspersonen hatte, die mich an meine Mutter erinnerten.
Ich hatte jahrelang vor den meisten Frauen überhaupt keinen Respekt und stellte mich immer auf die Seite der Männer. Ich warf mich ihnen an den Hals, weil ich keine Zeit mit anderen Frauen verbringen wollte. Dieser Schuss ging total nach hinten los. Die Männer dachten sich nämlich, dass eine Frau, die ihre Geschlechtsgenossinnen nicht mag und akzeptiert, sich automatisch auch selbst nicht so wirklich mögen kann. Erst mit Ende 20/Anfang 30 lernte ich meine Weiblichkeit zu schätzen. Seitdem komme ich besser mit Frauen klar. Mit meiner Mutter verstehe ich mich auch sehr gut, seit sie ebenfalls gelernt hat, Frauen als gleichberechtigte Menschen zu akzeptieren und nicht mehr als dumme, brave Püppchen zu betrachten. Manchmal sickert die alte Einstellung noch ein wenig durch, aber es hat sich schon vieles zum Positiven verändert .