Liebe und Vertrauen

  • Seit der Geschichte mit dem BÄ-ler bin ich irgendwie blockiert. Ich habe gar kein Interesse mehr an Männern/Liebesbeziehungen und kann mir derzeit nicht vorstellen, dass sich das so schnell wieder ändert. Natürlich mache ich mir meine Gedanken, warum das so ist. So extrem war das bei mir noch nie. Ich habe kaum das Bedürfnis, locker zu flirten und betrachte meine Mitmenschen viel nüchterner und sachlicher als früher. Es ist, als ob etwas in meinem Inneren kaputt gegangen ist und (noch) nicht repariert werden kann.


    Mir ist klar geworden, dass ich mittlerweile große Probleme mit dem Vertrauen habe. Für mich gehört Vertrauen zu einer Partnerschaft auf jeden Fall dazu, sonst kann ich mich nicht darauf einlassen. Im Umgang mit einem Partner möchte ich so sein wie ich bin, mich fallen lassen ohne zu befürchten, dass mein Vertrauen missbraucht wird.


    Leider habe ich - wie so viele andere Menschen auch - schlechte Erfahrungen gemacht, die ich nicht verdrängen kann. Natürlich ist mir bewusst, dass nicht alle Menschen verlogen sind und mit den Gefühlen von anderen spielen. Aber mir ist es schon mehrmals passiert, dass eine Person mir weniger oder keinen Respekt mehr entgegen brachte, nachdem ich mich ihr gegenüber geöffnet hatte. Inzwischen bin ich soweit, dass ich viele Dinge mit mir selbst ausmache oder hier im Forum poste, aber meinen Mitmenschen im RL nichts darüber erzähle. Es fällt mir jedoch sehr schwer, das auf die Dauer durchzuhalten.


    Ich bin es nicht gewohnt, vieles mit mir selbst auszumachen und vor einem Partner Geheimnisse zu haben (dasselbe gilt für enge Freunde, aber ich hab´ zum Glück Leute gefunden, denen ich absolut vertrauen kann). Ich wünsche mir einen Partner, mit dem ich über alles reden kann, ohne dass er gleich den Respekt vor mir verliert... dem ich meine "Schwächen" offenbaren kann, ohne dass er sie gegen mich verwendet und hinter meinem Rücken gegen mich "arbeitet". Leider war die Mehrheit der Personen, die ich im Laufe meines Lebens kennengelernt habe, der Meinung, dass offene Menschen naiv und dumm sind und man sie deshalb nicht ernst nehmen kann. Andererseits kann ich mich nicht auf jemanden einlassen, wenn ich ständig auf der Hut sein muss, dass er mir hintenrum womöglich schadet.


    Mich würde mal interessieren, wie die anderen User darüber denken... wann man sich öffnen könnte/sollte, wie man sich vor solchen Verletzungen schützen kann, ob eine Partnerschaft ohne Vertrauen überhaupt möglich ist, usw.

  • Zitat

    Mich würde mal interessieren, wie die anderen User darüber denken... wann man sich öffnen könnte/sollte, wie man sich vor solchen Verletzungen schützen kann, ob eine Partnerschaft ohne Vertrauen überhaupt möglich ist, usw.


    Reni, wenn man sich öffnet, ist man immer verletzbar. Diese ganzen BÄ und Menschen mit Persönlichkeitsstörung tun das nicht mehr genau aus diesem Grund, sie haben höllische Angst davor verletzt zu werden. Sie haben dafür sicher schwerwiegende Gründe und ich bedaure alle sehr, denen es so geht.


    Ich denke, du solltest dir bewusst sein dass das dazu gehören kann. Indem du aufmerksam aber nicht paranoid bist, könntes du die schlimmsten Formen der Verletzung vermeiden. Wenn du dich nicht mehr öffnen kann, ist dein herz verschlossen. Du wirst auch weniger Freude und Glück empfinden. Eine Bekannte von mir nimmt seit löngerer zeit ein Antidepressivum. Ihr geht es damit gut aber einmal hat sie gesagt: Ich bin selten traurig und unglücklich, aber ich kann auch weniger Glück empfinden.


    Jeder muss wohl für sich selbst entscheiden, wie groß die Angst vor Verletzungen ist. Der Preis dafür sich innerlichnzu verschließen ist hoch, man schneidet sich vom Leben und von der Liebe ab. Ob du ihn zahlen willst, entscheidest du ganz allein...

  • Ich habe zwischenzeitlich auch überlegt, ob ich Single bleibe. So schütze ich mich vor neuen Enttäuschungen, vor neuen Verletzungen - bringe mich aber auch um die Chance, das Gegenteil zu erfahren - eben Geborgenheit, Vertrauen etc.


    Die Narben auf der Seele sind aber Zeichen gelebten Lebens und Teil unseres Erfahrungsschatzes. Und so wären ja nicht entstanden, wenn wir nicht geliebt und vertraut hätten. So hat alles seine Sonnen- und Schattenseiten.


    Dieses Mal habe ich sehr lange für die Verarbeitung der letzten Enttäuschung gebraucht. Aber irgendwann war ich an dem Punkt, dass ich merkte, etwas fehlt ohne lieben zu können und ohne geliebt zu werden. Deshalb gehe ich das Risiko, wieder verletzt zu werden, erneut ein. Denn die Hoffnungs stirbt zuletzt...

    "Vergiss nicht, der Zaun, mit dem du dich vor anderen schützen willst, umschließt auch dich"

  • Zitat von Griselda

    Reni, wenn man sich öffnet, ist man immer verletzbar. Diese ganzen BÄ und Menschen mit Persönlichkeitsstörung tun das nicht mehr genau aus diesem Grund, sie haben höllische Angst davor verletzt zu werden. Sie haben dafür sicher schwerwiegende Gründe und ich bedaure alle sehr, denen es so geht.


    Ich bin selbst BÄ-lerin und habe mich bisher im Umgang mit sämtlichen Männern, in die ich verliebt war, geöffnet. Mit Ausnahme meines besten Freundes haben ALLE den Respekt vor mir verloren und mein Vertrauen missbraucht. Gut okay, ich verliebe mich wirklich selten... und je älter ich werde, umso seltener passiert es. Und ich hatte bisher auch immer Verständnis für Menschen, die sich aus Angst vor weiteren Verletzungen nicht so richtig öffnen wollten. Aber irgendwann ist meine Geduld auch am Ende. Nur weil jemand in der Vergangenheit verletzt wurde, hat er noch lange nicht das Recht, mich zu verletzen. Für die Geschehnisse in seiner Vergangenheit bin ich nicht verantwortlich.


    Zitat von Griselda

    Eine Bekannte von mir nimmt seit löngerer zeit ein Antidepressivum. Ihr geht es damit gut aber einmal hat sie gesagt: Ich bin selten traurig und unglücklich, aber ich kann auch weniger Glück empfinden.


    Ich habe noch nie Antidepressiva genommen, weil ich befürchte, dass die Medikamente meine Persönlichkeit zu stark verändern würden und ich dann nicht mehr wirklich ich selbst bin. Mir ist es wichtig, dass ich weiterhin Gefühle zulassen kann... sowohl positive, als auch negative Gefühle.


    Zitat von Griselda

    Jeder muss wohl für sich selbst entscheiden, wie groß die Angst vor Verletzungen ist. Der Preis dafür sich innerlichnzu verschließen ist hoch, man schneidet sich vom Leben und von der Liebe ab. Ob du ihn zahlen willst, entscheidest du ganz allein...


    Es ist ja nicht so, dass ich mich absichtlich verschließe. Ich mache es bewusst, aber tief in meinem Inneren will ich das gar nicht... es ist eher so, dass ich glaube mich besser schützen zu müssen als früher.



    @Rasu: Es ist schön zu lesen, dass du trotz des ganzen Kummers mit der Ex wieder bereit bist, dich auf etwas Neues einzulassen. Ich muss gestehen, dass ich lange unterschätzt hatte, wie sehr manche Menschen an den Folgen von alten Verletzungen leiden. Vor der Sache mit dem BÄ-ler war ich gar nicht so drauf und habe jeden Mann, mit dem es nicht geklappt hat, relativ schnell abgehakt. Ich hatte niemals richtig lange Liebeskummer. Zwar konnte ich mich nach einer gescheiterten Sache nicht so schnell wieder auf jemanden einlassen, aber ich wollte das auch nicht... und v. a. trauerte ich keinem Mann so lange hinterher.


    Jetzt wird mir langsam klar, was ich in den späten 90ern und zu Beginn des neuen Jahrtausends in den Kneipen mitbekommen hatte. Die alten männlichen Bekannten, die sich vom lieben netten Kerl zum Psycho verwandelten, sobald eine Ex die Kneipe betrat - und zwar auch, wenn die Trennung schon einige Jahre zurück lag und die Männer schon lange in neuen, glücklichen Beziehungen waren. Wenn ich jetzt einen lieben Partner an meiner Seite hätte, würde ich kaum noch an irgendwelche Männer aus meiner Vergangenheit denken. Aber es gibt Menschen, die können das nicht so einfach ausblenden und immer wieder aufs Neue getriggert werden, wenn etwas passiert, was sie an die alten Zeiten erinnert.


    Nun muss ich auf mich aufpassen, damit ich nicht ähnlich empfindlich werde wie diese Menschen... aber selbst wenn ich mich verschließe, werde ich garantiert keine unschuldigen Personen verletzen, die in keiner Verbindung mit meinen alten Verletzungen stehen.

  • Zitat von Reni


    Mich würde mal interessieren, wie die anderen User darüber denken... wann man sich öffnen könnte/sollte, wie man sich vor solchen Verletzungen schützen kann, ob eine Partnerschaft ohne Vertrauen überhaupt möglich ist, usw.


    Eine Patnerschaft ohne eine gesunde Vertrauensbasis ist meiner Meinung nach ausgeschlossen. Oder ich sag es mal so, für mich käme es nie in Frage ..
    Für mich ist Vertrauen mitunter das Wichtigste in einer Beziehung und genauso in Freundschaften, wahrscheinlich sogar Arbeitsverhältnissen.


    Wenn ich mich in der Beziehung nicht öffnen kann und so sein kann wie ich bin, bleibe ich doch lieber allein bin aber dafür ich selbst.
    Wenn ich eine Patnerin habe, will und werde ich mich dieser öffnen, mit jeder Schwäche, Macke, Problem und sonstigem was es an mir gibt. Will sie das nicht, will sie mich nicht.


    Natürlich gehe ich damit das Risiko ein, verletzt zu werden. Umso mehr ich mich öffne umso stärker kann man verletzt werden. Aber dass muss man denke ich in Kauf nehmen.
    Ich denke mir, wenn man sich bei 10 Personen öffnet, bei 9 endet es schlecht aber einer davon nimmt dich genauso an wie du bist, dann war es das wert.

  • Zitat von überfragt

    Wenn ich mich in der Beziehung nicht öffnen kann und so sein kann wie ich bin, bleibe ich doch lieber allein bin aber dafür ich selbst.


    Das ist eine sehr gesunde Einstellung. Wobei ich aber durchaus Verständnis habe, wenn ein Partner über gewisse Themen (noch) nicht mit mir reden möchte. Allerdings wünsche ich mir, dass er mir dann auch ehrlich sagt: "Ich möchte nicht darüber reden." Es gibt Themen, die passen manchmal nicht zu einem bestimmten Anlass. Z. B. meine Mutter hat die Angewohnheit, auf Geburtstagsfeiern, Hochzeiten, an Weihnachten, usw. Dinge wie Herzinfarkte, Chemotherapien, Todesfälle, Eheprobleme von irgendwelchen Leuten, etc. anzusprechen. Dann sage ich im höflichen Ton zu ihr: "Du Mama, ich denke das ist jetzt nicht der richtige Anlass, um solche Dinge zu thematisieren. Lass´ uns lieber über etwas anderes reden."


    Ich habe Schwierigkeiten, wenn ich unbeabsichtigt einen wunden Punkt anspreche und mein Gegenüber dann nichts dazu sagt, sondern mir einen bösen, vorwurfsvollen Blick zuwirft oder mit den Augen rollt. Dann wechsle ich schnell das Thema, bin aber trotzdem verunsichert… weil ich nicht weiß, ob die Person mir das nachträgt und sich irgendwann mit einer fiesen Aktion an mir rächt (ist auch schon vorgekommen).

  • Zitat von Reni

    Das ist eine sehr gesunde Einstellung. Wobei ich aber durchaus Verständnis habe, wenn ein Partner über gewisse Themen (noch) nicht mit mir reden möchte. Allerdings wünsche ich mir, dass er mir dann auch ehrlich sagt: "Ich möchte nicht darüber reden." Es gibt Themen, die passen manchmal nicht zu einem bestimmten Anlass. Z. B. meine Mutter hat die Angewohnheit, auf Geburtstagsfeiern, Hochzeiten, an Weihnachten, usw. Dinge wie Herzinfarkte, Chemotherapien, Todesfälle, Eheprobleme von irgendwelchen Leuten, etc. anzusprechen. Dann sage ich im höflichen Ton zu ihr: "Du Mama, ich denke das ist jetzt nicht der richtige Anlass, um solche Dinge zu thematisieren. Lass´ uns lieber über etwas anderes reden."


    Ich habe Schwierigkeiten, wenn ich unbeabsichtigt einen wunden Punkt anspreche und mein Gegenüber dann nichts dazu sagt, sondern mir einen bösen, vorwurfsvollen Blick zuwirft oder mit den Augen rollt. Dann wechsle ich schnell das Thema, bin aber trotzdem verunsichert… weil ich nicht weiß, ob die Person mir das nachträgt und sich irgendwann mit einer fiesen Aktion an mir rächt (ist auch schon vorgekommen).


    Natürlich gibt es, egal wie groß die Vertrauensbasis ist, Themen die man umschiffen sollte und so selten wie möglich, teilweise am besten gar nicht, anspricht.
    Aber da würde ich mir in einer gesunden Beziehung auch wünschen, wenn ich einen solchen wunden Punkt bei ihm treffe dass sie mir das sagt und im besten Fall, nicht sofort nach 1-2 Tagen, kurz erklärt wieso dieses Thema bei ihr etwas auslöst ..
    Ich denke beispielsweise an meine ExFreundinn. Wir hatten einen gemütlichen Abend mit Freunden und irgendwann kam es zum Thema Vergwaltigung. Die ging daraufhin böse und wütend aus dem Zimmer. Ein paar Tage später offenbarte sie mir dass sie zu ihrem ersten Mal gezwungen wurde. Daraufhin habe ich dieses Thema nie wieder aufkommen lassen weil ch eben auch die Hintergründe kannte und sie verstehen konnte ..