Vorstellung und Fragen

  • Hallo in die Runde,


    ich bin neu hier und möchte mich kurz vorstellen.
    Ich habe gerade Trennung 2.0 nach drei Jahren Beziehung, einschließlich einjähriger Pause mit einem Menschen mit Bindungsangst hinter mir. Weil mich Trennung 2.0 weniger belastet als mich Trennung 1.0 belastet hat, möchte ich im Moment auch nicht so sehr ins Detail gehen, ich habe jedenfalls beim zweiten Versuch auch an mir gearbeitet und habe das Gefühl, selber authentischer gewesen zu sein und deshalb für die Beziehung getan zu haben, was ich konnte. Deshalb ist es mittlerweile ok, Trennung 2.0 ist vier oder fünf Wochen her.
    Seine Bindungsangst wurde von einem Therapeuten so benannt, es war keine Selbstdiagnose.


    Bevor ich die Beziehung mit meinem jetzigen Exfreund vor drei Jahren eingegangen bin, waren wir schon lange befreundet. Ich war u.A. auch aus Loyalität sehr lang in der Beziehung, weil er mir in meinem Leben auch einmal sehr grundlegend geholfen hat, als ich eine schwere Zeit hatte, und andere konnten das zu der Zeit in der Form nicht, weil sie mein Problem nicht so rechtverstanden haben. Deshalb hätte ich es nicht richtig gefunden, wenn ich sofort aufgegeben hätte.


    Ich habe das Forum hier gestern entdeckt und schon viel darin gelesen, um einfach noch einmal alles einzuordnen, was ich erlebt habe.
    Stefanie Stahl habe ich erst vor ganz Kurzem entdeckt, vorher nur Amir & Heller „Attached“ und Bücher und Artikel von Stan Tatkin gelesen. Stahl scheint das ja sehr detailliert ausgearbeitet zu haben. Andere Autoren kommen mir aber freundlicher vor.


    Ich habe noch ein paar Fragen, und würde gern Eure Meinungen dazu hören.


    Auch ohne Bindungsangst bleibt man ja nicht in jeder Beziehung, sondern man beendet eine Beziehung, wenn es nicht passt. Wenn ein Mensch mit Bindungsangst eine Beziehung beendet, wird man aber höchstwahrscheinlich sagen, dass er das wegen der Bindungsangst gemacht habe. Kann ein Mensch mit Bindungsangst eine vielversprechende von einer nicht so vielversprechenden Beziehung unterscheiden, oder geht das erst, wenn die Bindungsangst bis zu einem gewissen Grad überwunden ist? Der Gedanke, jemandem da grundsätzlich die Unterscheidungsfähigkeit abzusprechen, widerstrebt mir.


    Es scheint ja nicht so viele Therapeuten zu geben, die sich mit dem Thema auskennen. Wenn man einen Sucht, nach welchen Qualifikationen, Einstellungen, Ansätzen in dessen Arbeit würde man da suchen? Frau Stahl wirkt Schematherapeutisch. Gibt es weitere Ansätze, mit denen gute Erfahrungen gemacht wurden?


    Danke und Grüße

  • Hallo Sukramine,


    danke für Deine Antwort und Gedanken.


    Zitat von Sukramine

    Zum einen glaube ich, dass in konkreten Angstphasen tatsächlich keine Unterscheidungsfähigkeit da ist, da die Angst da so umfassend wird, dass sie alles Denken und Fühlen beherrscht.


    Ja, das glaube ich auch. Trennung 2.0 fand direkt vor einem Gespräch statt, in dem es um die praktische Seite der Beziehung gehen sollte. Es war eindeutig eine Panikreaktion seinerseits. Ich hatte geplant, eine Vereinbarung vorzuschlagen, dass wir uns nicht impulsiv trennen (denn 1.0 lief auch so), dazu kam ich dann allerdings nicht mehr.


    Zitat von Sukramine


    Zum zweiten: Was ist eine vielversprechende Beziehung? Was stellt du dir darunter vor? Was könnte sich jemand mit BÄ darunter vorstellen? Ich vermute mal, dass jemand mit großer BÄ vermutlich "vielversprechend" bzw. "gut" gleichsetzt mit: "wenig Angst auslösend".
    Von daher sind vermutlich da schon mal ganz andere Definitionen da.
    Und ja, ich vermute, dass die Reflektion, ob eine Beziehung vielversprechend, in dem Sinne, dass sie Entwicklungsmöglichkeiten und Potentiale zur Heilung bietet (wie du es wahrscheinlich meinst), erst dann einsetzt, wenn die eigene Bindungsangst erkannt und in einem gewissen Maße reflektiert und bearbeitet wurde und eben auch sehr viel Vertrauen da ist.


    Das sind gute Gedanken. Ich verstehe unter einer guten Beziehung eine, in der man genügend Interessen hat, die man teilt, aber man auch ausreichend verschieden ist, um sich zu ergänzen. Eine, in der man ehrlich und vertrauensvoll miteinander umgeht, und in der man sich in jeder Lebenslage aufeinander verlassen kann. Eine, in der man sich miteinander und auch unabhängig voneinander weiterentwickelt, sich dabei gegenseitig unterstützt und sich an den eigenen und den Erfolgen des andern freut. Die Lebensziele sollten auch kompatibel sein.


    Und ja, wenn man es so sieht, dann kann jemand, der keine "normale" Partnerschaft erlebt hat, wohl nicht so gut einschätzen, ob eine Beziehung Potenzial hat. Mein Ex-Freund wusste auch immer nicht so genau, was er eigentlich wollte, wie soll er da so etwas entscheiden können. Schade, ich wäre gern zu einem andern Schluss gekommen.

  • Zitat von SunFlower


    Kann ein Mensch mit Bindungsangst eine vielversprechende von einer nicht so vielversprechenden Beziehung unterscheiden, oder geht das erst, wenn die Bindungsangst bis zu einem gewissen Grad überwunden ist? Der Gedanke, jemandem da grundsätzlich die Unterscheidungsfähigkeit abzusprechen, widerstrebt mir.


    Die Frage ist: Was bedeutet vielversprechend und was nicht? Ich bin selbst BÄ und merke sofort, wenn ich einen bindungswilligen Menschen vor mir habe. Ich will das nicht mehr. Ich möchte auch niemanden verletzen. Der letzte Versuch eines Mannes, das war letztes Jahr. Er meinte, ich könne auf Knopfdruck bindungswillig werden, obwohl ich ihn gewarnt habe. Hat natürlich nicht geklappt. Je näher er kam, umso weiter wollte ich weg. Dieses Vereinnahmen, das ist wie Platzangst.

  • Diese Frage habe ich mir auch immer wieder gestellt. Fakt war: "Normale" Beziehung, wie sie sonst geführt wird, das geht bei mir nicht. Ich habe das Gefühl, zu ersticken und es tut mir in der Seele weh, einen anderen Menschen zu verletzen. Ich weiß, ich könnte sie lieben, aber ich weiß auch, dass ich sie fürchterlich verletzen kann. Mein Sarkasmus, mein Freiheitsdrang, meine Entschuldigungen, warum gerade jetzt nicht - vielleicht später etc. - das hält kein "normaler" Mensch aus.
    Warum ich so bin, das habe ich bereits aufgearbeitet, Kindheit etc. Bin bis zur Erkenntnis natürlich noch anderen Flüchtern begegnet, hatte aber alles noch nicht richtig verstanden.


    Ich brauche jemanden, der genau das wie ich mit bringt. Ich muss mich nicht mehr auf jemanden verlassen können, denn ich kann mich auf mich selbst verlassen. Eine Partnerschaft im normalen Sinne, mit Zusammenleben etc. - nein. Ich brauche die Sehnsucht, ich brauche den Abstand. Wenn der andere sich zurück zieht - soll er - ich will das auch tun, wann ich will und so lange ich will.


    Perfekt? Ein schwer beschäftigter Mensch, weit weg, der mich nicht in etwas drängen möchte, sondern so lässt, wie ich bin und sich gelegentlich meldet. Mal etwas unternehmen und dann wieder weg. Keine gemeinsamen Übernachtungen, immer getrennt.


    Beispiel:
    Ich bin als Vermeider gerade einem "Maurer" begegnet. Er will im Grunde eine Art von Beziehung, möchte aber die Hand darüber halten (wann, wo, wie lange etc.). Die Rückzüge sind schon extrem. Er hatte mich ausgesucht, weil ich viel zu tun habe, weit weg bin und voll im Leben stehe (brauche ihn nicht zum Leben, aber als Bereicherung perfekt). Patt-Situation im Augenblick, er als Workaholic kann das auch gut, hat immer die super Entschuldigung. Ich soll mich nicht in seinen Beruf einmischen :lol: - also ob ich das vor hätte. Er ist gerade auf Rückzug, weil ich etwas erwähnt habe, das nach einer Forderung klingen könnte (er ist da wirklich ein Sensibelchen). Ich renne aber nicht hinterher. Doch, die Kommunikation fehlt mir schon, aber jetzt habe ich gerade mehr Zeit noch für meine Freundschaften. Ich weiß, dass wir beide keine "normalen" Beziehung führen können - also: Ich weiß das.

  • Zitat von Sukramine


    Was ich aber bei BÄ wirklich nie richtig verstanden habe: Wenn ich so eine riesige Angst habe, warum mich dann überhaupt in eine Beziehung begeben? Für distanzierte, sich 3 x im Jahr sehen- Beziehungen hat man Bekannte und viel. noch nicht so enge Freunde. Das würde doch die Angst fast elimnieren.
    Warum also weiter suchen und probieren? Es ist halt, alt ob irgenwas tief im inneren viel stärker ist als die Angst.


    Diese Frage habe ich mir auch gerade wieder gestellt, weil ich aus unerfindlichen Gründen an einen Ex-BÄ denken musste, d.h. wir waren nicht richtig zusammen, wie sich das für einen BÄ gehört. Er tummelt sich munter auf Dating-Portalen. Und gerät natürlich in immer wieder in solche aus seiner Sicht halb garen Geschxhten, die andere verletzten. Dieser BÄ läuft glaube ich immernoch der Idee hinterher, dass es da irgendwo die "Richtige" gibt. Und er weiß nicht, wie die aussehen muss, deshalb versucht er es mit jeder wieder neu. So ungefähr läuft das. Aus seiner Sicht ist das logisch (um mal mit Spok zu sprechen) und sein Recht, er ist sich keiner Problematik bewusst und spürt auch keine Angst bzw verdrängt diese...

  • Zitat von Sukramine

    Was ich aber bei BÄ wirklich nie richtig verstanden habe: Wenn ich so eine riesige Angst habe, warum mich dann überhaupt in eine Beziehung begeben? Für distanzierte, sich 3 x im Jahr sehen- Beziehungen hat man Bekannte und viel. noch nicht so enge Freunde. Das würde doch die Angst fast elimnieren.
    Warum also weiter suchen und probieren? Es ist halt, alt ob irgenwas tief im inneren viel stärker ist als die Angst.


    Ja, das glaube ich auch. Mein Exfreund, ich will ihn mal H. nennen (Bä und Ba klingt mir zu sehr nach Schaf), hatte mehrere Jahre Depressionen. Einmal erzählte er mir, und ich weiß nicht ob er das immer noch so erzählen würde, manchmal ändern sich ja diese Geschichten, dass die nach der Trennung von der vorherigen Ex begannen. Die Trennung war von ihm ausgegangen, und er bedauerte das dann und wollte sich wieder annähern. Sie war klug genug, sich auf nichts einzulassen. In so einem Nachtrennungsgespräch sagte die Ex dann zu ihm, dass sie dachte, "wir würden zusammen alt werden". Und diesen Satz brachte H. mit dem Beginn der Depressionen in Verbindung. Wenn das so ist, dann muss ja da doch etwas an einen wahrscheinlich kaum bewussten Wunsch gerührt haben, auch langfristig irgendwo anzukommen, irgendwo emotional zu Haus zu sein.
    Und als er sich nun zuletzt von mir trennte war er gleichzeitig auch traurig darüber, dass es ja dann diesmal wieder nicht geklappt habe, und wie es denn überhaupt jemals klappen solle. Aber mir scheint, ihm sind Sachen schon bewusster, als anderen Menschen mit Bindungsangst, die hier manchmal so erwähnt werden.

  • So war es bei meinem auch.Ich weiß ganz sicher dass er sich das aus vollsten Herzen wünscht.Obwohl ich mich von ihm getrennt hatte und wir mal telefonierten,sagte ich ihm dass ich in eine andere Stadt ziehen werde und ganz von vorne anfangen werde.Denn beruflich hatte ich mich ´schon verändert.Wollte mein altes Leben ( Scheidung) hinter mir lassen.Da sagte er prompt eine Stadt in der Nähe wo er wohnte und wir könnten ja zusammen ziehen.Sowas brachte er öfters in einem guten Moment hat er sogar im Internet nach einer Wohnung für uns gesucht obwohl ich nichts davon erwähnte.Ebenso wie zig Heiratsanträge und und und.....nichts davon ging er an .Ich denke in seiner Phantasie ist es so einfach.....in der Realität scheitert er......leider.