Tachchen,
also, nachdem ich mich hier im Forum schon ein wenig verteilt habe, nun mal zu einem Thema, das mich aktuell umtreibt.
Ein klein wenig muss ich ausholen, um Kontext zu schaffen: Ich bin/war seit 8 Jahren mit einem Bindungsphobiker zusammen, wodurch ich mich mit diversen Themen von Narzissmus über Borderline bis nun zu den Bindungsstilen beschäftigt habe. In der Zeit bin ich - ironischerweise dank seiner kompletten zwischenmenschlichen Ausfälle - emotional enorm gewachsen. Letztes Jahr hat er eine Trennung forciert, nachdem ich gedroht hatte, mir einen neuen Partner zu suchen.
In dieser Zeit, die von wahnsinniger Verzweiflung geprägt war, konnte ich einen heilsamen Blick auf meine eigenen Bindungsthemen werfen und siehe da, ich habe doch mehr (Wurm-)Leichen im Keller als gedacht. Eine meiner Wurmleichen ist meine (vermeintlich beste) Freundin aus Kindertagen. Unsere Eltern kannten sich schon, und wir haben viel zusammen erlebt. Ich schwärmte immer davon, wie es wäre, wenn wir auf dieselbe Schule gingen. Bis wir auf dieselbe Schule gingen, ja, sogar in denselben Leistungskurs, und von ihr kam ... NICHTS. Sie ist jemand, der immer einen Hofstaat um sich herum haben muss. Wir haben unsere "Freundschaft" über die Jahre mal mehr, mal weniger gepflegt, uns aber superselten gesehen. Der Kontakt beschränkte sich auf Briefe und Telefonate, was u. a. an der Entfernung lag. Trotzdem war sie für mich immer meine beste Freundin. Emotionale Themen besprach ich immer mit ihr, und ich hab mich gern ihrer Themen angenommen, wenn sie mich denn ließ. Sie machte schon immer anscheinend sehr viel mit sich selbst aus, wo ich gern geholfen hätte. Auf Hilfe reagiert sie allergisch, empfindet vieles schnell als "Kontrolle".
Vor drei Jahren kam es dann zum Eklat: Ich schickte ihr ein Bibelzitat, das sie, ohne meine Erklärung anzuhören, dermaßen persönlich nahm, dass sie mich einfach für eine Zeit ignorierte. Sie fing sich dann wieder und schrieb mir in einer E-Mail, sie hätte unsere Beziehung reflektiert und ich sei ihr wichtig, denn ich sei ja schon immer da gewesen. (Tolles Kompliment. )
Sie hatte ihren damaligen Freund, von dem sie anfänglich in höchsten Tönen schwärmte, in der Zwischenzeit abgeschossen und mir erst nach mehrmaligem Nachbohren darüber erzählt. Als sie mich vor zwei Jahren besuchte, hatte ich irgendwie das Gefühl, auf rohen Eiern zu laufen. Ganz seltsam.
Seit letztem Jahr hat sie einen 12 Jahre jüngeren Freund, und ich habe den Eindruck, der bringt ihre fast schon an Narzissmus grenzende BA zum Vorschein. (Ich mag die Dynamik zwischen den beiden nicht bewerten, aber in meinen inzwischen geübten Augen gibt es einige Warnsignale.)
Als es mir letztes Jahr wegen der vom BÄler ausgelösten Trennung (einschließlich Morddrohungen) sehr schlecht ging, kam von ihr im Grunde nichts. Nur schöne Worte und Urlaubsgrüße. Aber wirklich da war sie nicht für mich. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, ihr mit meinem Kummer lästig zu sein. Wie schon öfters.
Nachdem ich mich insgesamt etwas gefangen hatte, führten wir noch das ein oder andere Telefonat und ich besuchte sie im Rahmen einer Chorreise. Das war sehr schön, aber die nachfolgenden Telefonate zeigten mir, dass sie mir weder zuhört noch mitempfindet, wie es mir geht. Ich hatte auch angesprochen, was mich stört, dass ich mir mehr Fragen und echte, von Herzen kommende Anteilnahme wünsche, nicht nur, dass an mich rangeredet wird und ich quasi als Projektionsfläche für ihre Urlaubsgrüße und "mein neuer Freund ist so toll"-Berichte missbraucht werden möchte. Sie versucht zwar, das aufzunehmen, aber ich merke jetzt erst, wie oberflächlich, dominant und egoistisch sie auf mich wirkt und dass unsere Beziehung eigentlich immer zu ihren Bedingungen stattfand. Sie warf mir sogar an den Kopf, dass ich sie auf ein Podest stellte! (Ich hab sie einfach nur so behandelt, wie ich für mich wichtige Menschen nun mal behandle: Mit höchster Priorität und Wertschätzung.)
Nun meine Frage: Ich überlege, ihr einen Brief zu schreiben und ihr zu erklären, warum ich so kurz angebunden bin und was mich plagt. Andererseits sehe ich keinen Sinn darin, denn ich kann und möchte sie nicht ändern und ich habe ja gelernt, dass schon die kleinste, von ihr als Kritik wahrgenommene Äußerung drastische Folgen haben kann. Einschlafen lassen möchte ich das aber auch nicht. Ich habe meine Kommunikation im Moment auf sehr, sehr knapp geschaltet und behandle sie auch nicht mehr wie meine beste Freundin (die ich für sie nie war, wie ich feststellen musste).
Was tun? Interesse heucheln möchte ich eigentlich auch nicht. Emotionale Ressourcen für Auseinandersetzungen habe ich gerade aber leider ebensowenig. Ich hab durch die extreme Dynamik mit meinem Liebsten und Stress auf Arbeit sowie einen Umzug keine Freundinnen vor Ort, und schon gar nicht jemanden wie sie. (Ich versuche gerade, mir einen neuen Freundeskreis aufzubauen, was natürlich viel Kraft und Zeit kostet.)
Hm.