Wütend sein hilft gegen idealisierte, bedingungslose Liebe

  • Ich idealisiere meine Liebe unbewusst mit dem Ziel, eine narzisstische Beziehungsdynamik herstellen zu können, bei der die Partnerin zum Teil meines eigenen Idealbildes wird. In der Folge entwickle ich eine Abhängigkeit und kann nicht loslassen. Daher unterdrücke ich im Trennungsfall auch meine Wut, um weiter Liebe empfinden zu können, welche dadurch bedingungslos wird. Das ist natürlich illusorisch und absolut realitätsfern.


    Der Ausweg aus der Mysere ist, auf die zu betrauernde Person wütend zu sein. Denn sie hat mich zurück gewiesen. (Danke Herr Psychologe - den Lösungsweg habe ich aus der heutigen Therapie mitgenommen)


    Letztlich muss man in diesem Punkt auch auf die nahe Bezugsperson aus der Kindheit wütend sein, welche einem diese Verhaltensweise "antrainiert" hat. Bei mir war es die Mutter, welche die Wut auf den Vater unterdrückt hat, um eine bedingungslose Liebe voller Leid zu ermöglichen.


    Um diese Wut überhaupt angemessen gegenüber der ehemaligen Zielperson empfinden zu können, muss man es einerseits "versucht haben" (wenn man sich gar nicht traut seine Gefühle zu zeigen, nimmt man die Zurückweisung vorweg und kann höchstens wütend auf sich selbst sein - das wäre aber nicht so gut) und andererseits hilft es, wenn es Klarheit über die Beziehung gibt. Bei BA ist das ein Problem - wenn man nicht so klar zurückgewiesen wird, dann kann man auch nicht so klar auf die Zurückweisung wütend sein. Man kann jedoch über die Unklarheit wütend sein. Falls die Halbbeziehung noch in den letzten Zügen steckt/ noch kein klarer Schlussstrich gezogen wurde, so handelt es sich um eine Situation für Strategie#2 aus dem Basis-Strategie-Guide (zu finden im Strategie-Unterforum): Wie jeder weiß, reagieren BÄ auf bestimmte Dinge empfindlich. Durch absichtliches Triggern kann man "Schluss machen" oder "Mega-Rückzug" provozieren. Diese Manipulation hilft dabei, die volle Wut über die Trennung empfinden zu können. Eine Halbtrennung aus einer Halbbeziehung ist eine Vierteltrennung :think: Da bleibt mehr Raum für das Festhalten an Wunschvorstellungen, die sich irgendwann mal erfüllen mögen obwohl man weiß dass es nicht passieren wird und weniger Raum für die Wut über eine als endgültig empfundene Trennung :tob:

  • OK, offenbar gibt es noch Luft nach oben, was die übersichtliche Darstellung des Wesentlichen betrifft :think: Aaaalso:


    - Es heißt doch immer, als BÄ Partner kommt man "vom Stoff (BÄ) nicht los" (sinngemäß aus dem "Jein" Buch zitiert)


    - dahinter steckt eine bestimmte Beziehungsdynamik


    - als BÄ Partner tendiert man zu einem idealisierten, unrealistischen Bild der Liebe: Die bedingungslose Liebe (egal was der/die BÄ macht, man kommt nicht los)


    - bei einer gesunden Trennung ist es elementar, dass man auf die andere Person wütend ist. Nur so kann man sich lösen. Dadurch geht das bedingungslos gegebene Gefühl von Liebe weg und man kann sich auf jemand Anderen einlassen (dann hoffentlich ohne "Flashback" :bomb:)


    Hab ich heut beim Psycho Onkel gelernt :crasy:

  • Hi Bastian


    So wie ich dich jetzt gerade verstehe, versuchst du mit aller Gewalt wütend zu sein, damit du dich lösen kannst :think:


    Irgendwo hast du schon recht, wenn sich Wut nicht einstellen möchte, weil wir keine eindeutige Zurückweisung erhalten haben, sondern durch verschiedene erhaltene Signale die rückweisung relativieren.... :think:


    Wir bleiben also auch bei der Trennung auf Droge, und zwar in minimaldosen , dass es weder für ein Hochgefühl noch für einen Entzug reicht........wir aber ständig auf der Suche sind nach reichlich Stoff...


    Eigentlich müssten wir uns an dieser Stelle konsequent entscheiden, hm....leichter gesagt als getan...


    Du versuchst dich durch Wut zu motivieren, ich selber konnte diese Wut nie lange aufrechterhalten. Weil ich in ihn einen menschen gesehen habe, der durch seine BA ...hm...sagen wir mal, handlungseingeschänkt war. Auch wenn mich sein Verhalten sehr verletzt haben, gab ich ihn doch mildernde Umstände und hoffte natürlich, dass sich diese Eingeschränktheit mittels Therapie lösen lassen.
    Unter normalen Umständen, hätte ich den Jungen in die Wüste geschickt .....aber ich bin ein Mensch mit einem gewissen Potential an Kampfgeist und einer großen Portion Hoffnung.....sprich ICH GEBE NICHT GERNE AUF!!!!!!!


    Meinen Ex - Partner habe ich nie idealisiert, eher war er es, der eine idealisierte und romantisierte Vorstellung von Liebe hat......und immer dann wenn die rosarote Brille blasser wurde, wenn er vielleicht erkannt hatte, dass ich ein Mensch mit Alltagsproblemen habe, mussten seine hohen Ideale der Realität weichen .....der emotionale Rückzug war damit eingeleitet.....bis die Entfernung mein Licht wieder in den schönsten Farben erleuchteten....er Sehnsucht entwickelte, idealisierte und romantisierte....


    Es ist wahr, ich sehe in ihm eher die guten Seiten, als das negative......denn ich hatte ja trotzdem auch wunderschöne Zeiten, war glücklich........es war auch etwas sehr schönes zwischen uns.....
    .....und das lieber Bastian, möchte ich auch als solche in Erinnerung behalten, und ihn rückblickend nicht auf den Kerl reduzieren, der mich vera.....t hat.

    Mitten im Winter habe ich erfahren, dass es einen unstillbaren Sommer in mir gibt.
    Albert Camus

  • Man muss den Abschluss finden. Akzeptieren, dass es vorbei ist. Erst dann ist man wirklich frei für eine neue Beziehung (ansonsten wird es eine Rebound-Beziehung, eine Flucht). Und dabei hilft es, dem Ex-Partner seine Wut gegenüber zu zeigen - wenn dieser durch Unehrlichkeit, Fremd gehen, keine Gründe nennen oder ähnliches einem dafür auch einen konkreten Grund gibt.


    Bei einer anderen Beziehung konnte ich so loslassen, die Beziehung "beerdigen", damit abschließen. Bei meiner BA-Ex bin ich zum Ende hin immer wütender geworden, habe ihr meine Meinung gesagt, habe dann auch den Kontakt eingestellt. Aber da ist immer noch das dumpfe Gefühl, dass sie aus den falschen Gründen gegangen ist. Aber in solchen Momenten realisiere ich, dass sie sich eben nicht für mich, sondern für einen anderen entschieden hat - und dann ist die Wut wieder präsent und ich melde mich nicht bei ihr.


    Bedingungslose Liebe - ein großes Wort, aber mal ehrlich, wer kann das leben/lieben? Ich sagte meinem Therapeuten "ich habe sie bedingungslos geliebt und wollte von ihr nur geliebt werden.'" Er: "Das ist aber keine bedingungslose Liebe. Sie wollen von ihr geliebt werden, sie erwarten eine Gegenleistung. Das ist nicht bedingungslos." Bingo - Recht hat er.


    Generell sollte man sich von der Vorstellung romantischer Liebe lösen (ich verweise da gerne wieder an "Eckhart Tolle - Lebendige Beziehungen jetzt"). Er erklärt das dort sehr gut.


    Man sollte keine Person nur idealisieren. Ideal wäre es, auch die "Makel" zu lieben, aber eben nicht bedingungslos, denn Liebe hat auch ihre Grenzen, nämlich dann, wenn sie einem selbst weh tut.


    Vielleicht ist das ganz hilfreich: http://www.bindungsangst-forum.net/viewtopic.php?f=5&t=2171

    "Vergiss nicht, der Zaun, mit dem du dich vor anderen schützen willst, umschließt auch dich"

  • Zitat von Ratsuchend


    Bedingungslose Liebe - ein großes Wort, aber mal ehrlich, wer kann das leben/lieben? Ich sagte meinem Therapeuten "ich habe sie bedingungslos geliebt und wollte von ihr nur geliebt werden.'" Er: "Das ist aber keine bedingungslose Liebe. Sie wollen von ihr geliebt werden, sie erwarten eine Gegenleistung. Das ist nicht bedingungslos." Bingo - Recht hat er.


    ich halte sogar die liebe zu kindern für nicht ganz bedingungslos.
    auch da möchte man als elternteil geliebt werden, und oft dienen kinder auch dazu, seinem eigenen leben sinn und inhalt zu geben.

    Spock: You mistake my choice not to feel as a reflection of my not caring, while I assure you the truth is precisely the opposite.
    (Star Trek Into Darkness)

  • Ich habe auch nicht bedingungslos geliebt, habe natürlich erwartet, dass er mich so liebt, so wie er es gesagt hat.....
    Habe erwartet, dass er seine Versprechungen für die Zukunft einhält.....und wurde natürlich enttäuscht.


    ich habe immer noch Gefühle für ihn, sind da, obwohl es kein Versprechen mehr gibt.....und ich nichts mehr zu erwarten habe.


    Ich habe noch keine Kinder, aber meine Eltern lieben mich und meine Schwester bedingungslos .......ja..so empfinde ich es .

    Mitten im Winter habe ich erfahren, dass es einen unstillbaren Sommer in mir gibt.
    Albert Camus

  • Ich glaube diese "bedingungslose Liebe" ist sehr schwer zu leben - weil unsere gesamten Normen und Werte der Gesellschaft dagegen sprechen.
    Jeder rennt dem Ideal aus dem Hollywood Film hinterher, in der man als Frau den kaputten Typen "heilt" und glücklich bis ans Ende der Welt ist. Weil wir Menschen so bescheuert romantisch und so wenig bei uns selber sind, sondern viel zu sehr bei dem, was Andere für uns als richtig empfinden, KÖNNEN wir nicht bedingungslos lieben. Denn das würde bedeuten, dass wir z.B. darauf sche***n ob sich ein Mensch nun offiziell für uns entscheidet oder nicht. Oder ob er fremd geht oder nicht. Oder sonstiges. Alle Welt, die das mitbekommt starrt einen mit gerunzelter Stirn an, wir werden in die Rolle der Rechtfertigung gedrückt "Warum wir das mit uns machen lassen" und BÄÄÄMMM kommen Zweifel, ob die Anderen nicht vielleicht doch Recht haben.
    Bedingungslose Liebe kann nur finktionieren, wenn wir uns von jeglichen Liebesnormen und -werten der Gesellschaft lösen. Wenn wir so stark sind, dass uns nicht mehr interessiert ob Freundin, Mama, Papa, Oma, etc. etwas gegen unseren Liebesstil haben. Wenn wir aufhören die Erwartungen der Gesellschaft auf unseren Partner zu projezieren!!!


    LG many
    (mir gehts übrigens wieder besser - habe die Badewanne und das Couchen SEHR genossen und gleich ist URLAUB^^)

    "Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird."

  • Zitat von Missing

    Ich überlege gerade, was wohl gewesen wäre, wenn ich nicht zufällig diese Seite gefunden hätte. Wahrscheinlich hätte ich mich auch nach der Trennung auf ihr Betteln nach Kontakt eingelassen, hätte weiterhin mit ihr geschrieben und mich mit ihr getroffen. ABER... ich glaube, ich hätte ihr irgendwann ihr passiv-aggressives Verhalten (dass es das ist, ist mir erst heute nochmal bewusst geworden...) ziemlich krumm genommen und ihr ganz gewaltig in den A... getreten. Dass ich das nicht getan habe, hat einzig mein Wissen über ihre Probleme verursacht. Es hat mich milde gestimmt.


    Eigentlich muss ich mich bei Herrn Google beschweren, dass er mich auf diese Seite geführt hat, obwohl ich ganz bestimmt nicht das Suchwort "Bindungsangst" eigegeben habe... :roll: Wäre das nicht passiert, hätte meine Ex wahrscheinlich inzwischen einfach nur den Stempel "blöde Kuh" von mir aufgedrückt bekommen!


    Ich glaube man kommt immer da an, wo man ankommen muss. Du MUSSTEST das finden, weil du die Erklärungen so sehr gebraucht hast, so wie wir alle hier. Du wärst auf dem einen oder anderen Weg darauf gekommen. Letztlich ist es auch diese besondere Art von beziehung, die uns dazu führt, uns mit dem anderen und mit uns selbst zu beschäftigen. Und bist du nicht auch daran gewachsen? Am Anfang, als es schwierig wurde mit meinem freund habe ich immer gedacht: Könnte nicht eine gute Fee kommen und alles wäre so wie vorher. Es hat ihn nie gegeben, grieselda fühlt sich wieder munter und vergnügt, ihr fehlt nichts.
    Aber dann dachte ich: Irgendjemand hat mir diesen Mann geschickt, damit ich etwas in mir entdecke, was ich ohne ihn nicht gefunden hätte. Und ich denke auch: Er hat mich gesucht, um vielleicht auch etas in sich zu entdecken (was es auch immer ist, darüber wird natürlich nicht gesprochen).
    Also ich glaube schon an so eine Art Schicksal...das versöhnt mit vielem.


    griselda

  • Ich habe soviel aus dieser "Beziehung" zu meiner Ex gelernt. Als ich meinen Thread "meine Verlustangst" eröffnete, wurde das Wort "Wachstumsschmerz" genannt. Das war es in der Tat. Viele Leute sagen mir heute, ich wäre in den letzten Jahren enorm gewachsen. Und zu diesem Wachstum gehörte es auch, dass ich meine Wut entsprechend kanalisiert habe.


    Ich habe meine (Co-)Abhängigkeitsstrukturen erkannt, ich habe mein Frauenmuster erkannt, ich haben den tiefen Schmerz, der nicht meiner war und den ich dennoch trug, erkannt. Ich habe meine Verlustangst erkannt. Und das alles nur, weil meine Ex mich gespiegelt hat. Sie hat mir meine schönsten und meine dunkelsten Seiten gespiegelt. Und dafür bin ich ihr dankbar.


    Die Wut und die Beschäftigung mit Lebensthemen hat mir gezeigt, dass idealisierte Liebe keine Liebe ist, sondern Illusion. Und dass man bedingungslose Liebe wohl gegenüber Tier leben/lieben kann und dieses auch von Tieren bekommt, aber man noch sehr viel mehr reifen muss, um dies in einer Beziehung leben zu können.


    Ganz schön viel an Erkenntnis und dazu bedurfte es nur einer bindungsängstlichen Frau, dieses Forums und dem Mut, sich seinem Leben und all den damit verbundenen Schmerz zu stellen.

    "Vergiss nicht, der Zaun, mit dem du dich vor anderen schützen willst, umschließt auch dich"

  • Zitat von Missing


    Und was Verstehen auslöst, könnt ihr in meiner Signatur lese - "Wer mehr versteht, verzeiht auch mehr!". Und Verstehen bzw. Verzeihen mildert die Wut ab, führt uns sogar bis an einen Punkt, an dem wir sagen "Hey, das könnte doch eigentlich mit uns klappen... ich bin doch voll im Thema und kann es vielleicht durchaus schaffen, sämtliche Trigger für BA, VA, Selbstwertzweifel etc. zu umschiffen..."


    Ich bin heute Nacht aufgewacht und habe mich darüber geärgert, dass sie (kurz vor "Ende") sagte "Du verstehst mich nicht", nachdem ich verstärkt meine Sichtweise eingebracht und mich weniger zurückgenommen habe... DAS ärgert mich richtig! *Schimpf*

  • Zitat von Missing

    Verstehen kann man eigentlich nur für sich selber - nämlich, dass das, was da passiert zum größten Teil außerhalb unseres Einflussbereiches liegt.


    Innerhalb unseres Einflussbereiches liegt es aber auch, wie wir damit umgehen. Und irgendwie kriegen wir den Abschluss ja selbst nicht komplett hin. Insofern können wir vielleicht nachfühlen aufgrund unserer eigenen verwirrten Gefühlslage, warum solche emotional so aufreibenden Konstellationen passieren.


    Wütend sein, Verständnis, Akzeptanz - man muss mehrere Varianten berücksichtigen, um ein lebbaren Umgang damit zu finden. Und da muss jeder experimentieren, was am besten passt.

    "Vergiss nicht, der Zaun, mit dem du dich vor anderen schützen willst, umschließt auch dich"

  • Zitat von Bastian

    Ich kann nicht auf sie wütend sein. Ich bin immer nur wütend auf mich.


    Ab und an konnte ich das schon, aber bin dann über die Strenge geschlagen und habe mich dann auch kurz darauf entschuldigt. Richtige Streitkultur muss ich noch lernen.

    "Vergiss nicht, der Zaun, mit dem du dich vor anderen schützen willst, umschließt auch dich"