Aktive und Passive BA/VA - Runner / Klammeräffchen

  • Ich würde gern mal was zum Verständnis dieser Bindungsthemen wissen…

    Es gibt ja die aktiven und passiven Beziehungsvermeider, jetzt habe ich auch schon gehört dass das ja switchen kann…

    Meine Frage ist gerade, was beinhaltet das jetzt genau? Weil man sagte mir auch ein Runner bleibt ein Runner und ein Äffchen bleibt ein Äffchen weil das tief sitzende Strukturen sind die man sich als Kind angeeignet hat… aber dann versteh ich jetzt nicht mehr was genau passiv und aktiv bedeutet wenn dieses switchen kann aber das andere nicht …

  • Das Thema ist komplex und viele Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten.

    Es gibt nicht DEN Runner.

    Es gibt nicht DAS Äffchen.

    Es gibt nicht DIE gesunde Beziehung.

    Es gibt nicht DIE dysfunktionale Beziehung.


    Ea gibt eine Paardynamik innerhalb von Beziehungen, in der bewusste und unterbewusste Faktoren wirken.


    Es ist falsch, sich oder andere pauschal als den "Bindungsängstler" oder "Verlustängstler" zu betiteln. Weder BA noch VA ist in der Psychologie eine Diagnose. Beides sind nur Symptome, die jeweils in Abhängigkeit vieler unterschiedlicher Faktoren einher gehen und nicht personenbezogen fest geschrieben werden können. Sondern situationsbedingt die jeweiligen Muster greifen lassen. Fakt ist, dass das unterbewusste Ziel, sowohl mit dem einem als auch mit dem anderen Merkmal, immer das Gleiche ist: Abstand halten! Und alle dafür notwendigen Massnahmen, passend zur vermeintlichen "Gefahr" (Nähe), in der jeweiligen Situationen einleiten (Flucht).

    Ob man dabei der "Runner" oder das "Äffchen" ist, hängt von situationsbedingten Konstellation ab.

    Mal ist man passive, mal aktiv bindungsängstlich.

  • Dann sind diese Bewältigungsstrategien also garnicht so festgelegt? Warum gibt es denn dann bei den Verlustangst Moves den Weg des Flüchten und den des Klammerns?

  • jayjay

    Ich sehe es so: Wer Probleme damit hat, eigene Grenzen aufzuzeigen, neigt zur Bindungsflucht, weil die Bindung zu bedrohlich und verschlingend erscheint und man die Person gefühlt nicht auf Abstand halten kann.

    Wer Probleme hat, die eigenen Bedürfnisse anzusprechen, neigt meiner Meinung nach eher zum Klammern, weil es einfacher ist, sich (vor Angst) an jemandem festzuklammern, statt zu sagen, was man braucht und darauf zu vertrauen, dass das Gegenüber darauf eingeht. :( Möglicherweise vermischt sich auch beides oder geht ineinander über.


    Meiner Erfahrung nach sind BA und VA zwei Ausprägungen (Folgen/Bewältigungsmechanismen) einer einzelnen Ursache, nämlich einer Bindungstraumatisierung. Je nachdem, auf welches Gegenüber man trifft bzw. was man gerade selbst für Themen hat und wie stabil man selbst ist, neigt man zum einen oder anderen. Man tut das (BA oder VA-Verhalten) ja, weil es einem als die bestmögliche Situation für eine Problematik erscheint. Weil man keinen anderen Umgang gelernt hat.


    Meiner Meinung nach könnte man demnach entsprechend an der BA arbeiten, wenn man übt, eigene Grenzen aufzuzeigen. An der VA, wenn man übt, eigene Bedürfnisse anzusprechen. Da ich persönlich der Meinung bin (und das auch in der Fachliteratur so gesehen wird, in der Populärliteratur zu 'Bindungsängsten' ist das leider noch nicht angekommen bzw. vermutlich zu wenig griffig und komplex) dass Bindungstraumatisierungen mit schweren Strukturstörungen zusammenhängen, hat man vermutlich jahre- bzw. jahrzehntelange Arbeit damit vor sich. Es ist nicht einfach, Grenzen aufzuzeigen und Bedürfnisse anzusprechen, wenn man z. B. keine stabile Identität ausbilden konnte bzw. anderweitig solche basalen Probleme hat, dass man erst die angehen müsste, um so simpel klingende Dinge wie 'setz doch Grenzen!' hinzubekommen.

  • würde also bedeuten das als Beispiel jetzt, der Näheflüchter zum Klammeräffchen wird, wenn er emotional gerade sehr instabil ist?

    Schaltet sich dann der Anpassungsdruck aus und bleibt der dann aus sollte es demjenigen nicht wieder besser gehen?

    Kurz und frech formuliert - bringt eine seelische Krise einen Flüchter zum dauerhaften Bleiben?

  • So einfach ist es wohl nicht, aber ich habe schon darüber gelesen und es jetzt kürzlich auch direkt erlebt, dass ein einschneidendes Ereignis im Leben dazu führen kann, dass die Bedürfnisse in Punkto Beziehung sich ändern. Ich glaube nicht, dass dadurch das Bindungsthema bei der Person verschwindet, denn das geht vermutlich nur durch Bearbeitung und Weiterentwicklung. Aber ich stelle zumindest eine vorher so nicht dagewesene Veränderungsbereitschaft fest und die kann auch dazu führen, dass die Person an ihrer Bindungsfähigkeit arbeiten will und konkrete Schritte dazu unternimmt.


    Ich denke aber nicht dass jemand von Flucht/Klammern (zwei Seiten der gleichen Grundthematik) zum sicheren (dauerhaft bleibenden) Bindungspartner wird. "Dauerhaft bleiben" wäre dann eher ein Nebeneffekt der Veränderungen die diese Person selbst eingeleitet hat. Und dauerhaft ist vielleicht auch relativ, denn ich weiß gar nicht was du darunter verstehst und ob wir da die gleiche Definition haben.

  • würde also bedeuten das als Beispiel jetzt, der Näheflüchter zum Klammeräffchen wird, wenn er emotional gerade sehr instabil ist?

    Schaltet sich dann der Anpassungsdruck aus und bleibt der dann aus sollte es demjenigen nicht wieder besser gehen?

    Kurz und frech formuliert - bringt eine seelische Krise einen Flüchter zum dauerhaften Bleiben?

    Ich verstehe deine Argumentation leider (noch) nicht, denn ich glaube ja, dass BA und VA mit 'Grenzen nicht setzen können' und 'Bedürfnisse nicht aussprechen können' zu tun haben. Wenn eine emotionale Krise Auwirkungen auf diese Fähigkeiten hat, könnte sich jemand vielleicht vom BA zum VA entwickeln. Dazu müsste aber statt 'Grenzen nicht setzen können' (bei BA, meine Theorie), plötzlich 'Bedürfnisse nicht aussprechen können' (bei VA, auch nur meine eigene Theorie) vorrangig relevant werden. Ich sehe da ehrlich gesagt keinen Zusammenhang, aber vielleicht hab ich auch nur nicht verstanden, auf was du hinauswillst.


    Ich glaube eigentlich nicht, dass eine seelische Krise einen BA zum dauerhaften Bleiben veranlasst, eher umgekehrt. Bei seelischen Krisen war bei mir und den Leuten, die ich beobachten konnte, die Fluchttendenz eher noch höher.

  • So einfach ist es wohl nicht, aber ich habe schon darüber gelesen und es jetzt kürzlich auch direkt erlebt, dass ein einschneidendes Ereignis im Leben dazu führen kann, dass die Bedürfnisse in Punkto Beziehung sich ändern. Ich glaube nicht, dass dadurch das Bindungsthema bei der Person verschwindet, denn das geht vermutlich nur durch Bearbeitung und Weiterentwicklung. Aber ich stelle zumindest eine vorher so nicht dagewesene Veränderungsbereitschaft fest und die kann auch dazu führen, dass die Person an ihrer Bindungsfähigkeit arbeiten will und konkrete Schritte dazu unternimmt.


    Ich denke aber nicht dass jemand von Flucht/Klammern (zwei Seiten der gleichen Grundthematik) zum sicheren (dauerhaft bleibenden) Bindungspartner wird. "Dauerhaft bleiben" wäre dann eher ein Nebeneffekt der Veränderungen die diese Person selbst eingeleitet hat. Und dauerhaft ist vielleicht auch relativ, denn ich weiß gar nicht was du darunter verstehst und ob wir da die gleiche Definition haben.

    mit dauerhafte mein ich einfach nur dass diese Person nicht flüchtet aus Angst…


    Hatte das einschneidende Erlebnis etwas direkt mit der Partnerschaft zu tun dass dadurch eine Bereitschaft entstanden ist?

  • Ich verstehe deine Argumentation leider (noch) nicht, denn ich glaube ja, dass BA und VA mit 'Grenzen nicht setzen können' und 'Bedürfnisse nicht aussprechen können' zu tun haben. Wenn eine emotionale Krise Auwirkungen auf diese Fähigkeiten hat, könnte sich jemand vielleicht vom BA zum VA entwickeln. Dazu müsste aber statt 'Grenzen nicht setzen können' (bei BA, meine Theorie), plötzlich 'Bedürfnisse nicht aussprechen können' (bei VA, auch nur meine eigene Theorie) vorrangig relevant werden. Ich sehe da ehrlich gesagt keinen Zusammenhang, aber vielleicht hab ich auch nur nicht verstanden, auf was du hinauswillst.


    Ich glaube eigentlich nicht, dass eine seelische Krise einen BA zum dauerhaften Bleiben veranlasst, eher umgekehrt. Bei seelischen Krisen war bei mir und den Leuten, die ich beobachten konnte, die Fluchttendenz eher noch höher.

    Vielleicht hab ich da auch noch nicht verstanden was welches Verhalten hervorbringt…

    Mein Gedanke war jetzt nur, wenn jemand standardmäßig aus Beziehungen flüchtet, egal aus BA oder VA, dass wenn dieser vielleicht durch ein Ereignis eher ins passive Klammern kommen würde, wie ein Kind eben oft wenn die Welt „gemein“ ist, ob er dort dann verbleiben könnte oder ob die anerlernten aktiven Strukturen der Flucht, dann trotzdem durch kommen würden… denn seine Bedürfnisse nicht äußern zu können ist ja auch bei den Flüchtern ein Thema weshalb sie sich so anpassen anfangs bis der Anpassungsdruck zu groß wird und sie in die Flucht gehen… oder lieg ich da jetz falsch?

  • Mein Gedanke war jetzt nur, wenn jemand standardmäßig aus Beziehungen flüchtet, egal aus BA oder VA, dass wenn dieser vielleicht durch ein Ereignis eher ins passive Klammern kommen würde, wie ein Kind eben oft wenn die Welt „gemein“ ist, ob er dort dann verbleiben könnte oder ob die anerlernten aktiven Strukturen der Flucht, dann trotzdem durch kommen würden… denn seine Bedürfnisse nicht äußern zu können ist ja auch bei den Flüchtern ein Thema weshalb sie sich so anpassen anfangs bis der Anpassungsdruck zu groß wird und sie in die Flucht gehen… oder lieg ich da jetz falsch?

    Ich habe es bis jetzt nicht erlebt, weder bei mir selbst in der Rolle als BA, noch von den Männern, die BA waren. Wenn es bei denen richtig schlimm lief, waren sie selbst auch noch schlimmer aufgelegt und hatten dann für ihr Abtauchen auch noch diverse tolle Gründe (so viel Stress auf der Arbeit, so viel Stress mit Frau, so viel Stress mit Eltern, so viel Stress mit eigener Psyche etc.). Keine Ahnung, ob das bei Frauen, die BA sind, vielleicht anders wäre? Bei mir ist die Verlustangst eher dadurch aktiviert worden, dass die Männer sich rar gemacht haben, da hab ich plötzlich selbst das Klammern angefangen, mit äußeren Ereignissen oder psychischen Einbrüchen meinerseits hatte das nicht viel zu tun.

    Edit: Doch, wenn ich drüber nachdenke, so hab ich auch dann das Klammern angefangen, als ich selbst nicht mehr viel hatte im Leben und alles in Schutt und Asche lag. Aber ich glaube nicht, dass das der ausschlaggebende Faktor bei mir war.


    Willst du deine Frage nicht direkter stellen? Auf was willst du denn genau hinaus?

  • Ich habe es bis jetzt nicht erlebt, weder bei mir selbst in der Rolle als BA, noch von den Männern, die BA waren. Wenn es bei denen richtig schlimm lief, waren sie selbst auch noch schlimmer aufgelegt und hatten dann für ihr Abtauchen auch noch diverse tolle Gründe (so viel Stress auf der Arbeit, so viel Stress mit Frau, so viel Stress mit Eltern, so viel Stress mit eigener Psyche etc.). Keine Ahnung, ob das bei Frauen, die BA sind, vielleicht anders wäre? Bei mir ist die Verlustangst eher dadurch aktiviert worden, dass die Männer sich rar gemacht haben, da hab ich plötzlich selbst das Klammern angefangen, mit äußeren Ereignissen oder psychischen Einbrüchen meinerseits hatte das nicht viel zu tun.

    Edit: Doch, wenn ich drüber nachdenke, so hab ich auch dann das Klammern angefangen, als ich selbst nicht mehr viel hatte im Leben und alles in Schutt und Asche lag. Aber ich glaube nicht, dass das der ausschlaggebende Faktor bei mir war.


    Willst du deine Frage nicht direkter stellen? Auf was willst du denn genau hinaus?

    Eigentlich will ich genau darauf schon hinaus, eigenes Interesse über einen Mann der sonst ein Runner ist…

    Schweren psychischen Schlag hat er bekommen und ist seitdem sehr anhänglich… wirkt ein bisschen wie Schutz suchen. Äußerungen wie ich brauche sie, sie tut mir gut, sie hilft mir runterzukommen…

    Alles hat sich so toll entwickelt und ich frage mich gerade was da jetzt aus seiner BA geworden ist dadurch.

  • Ich habe es bis jetzt nicht erlebt, weder bei mir selbst in der Rolle als BA, noch von den Männern, die BA waren. Wenn es bei denen richtig schlimm lief, waren sie selbst auch noch schlimmer aufgelegt und hatten dann für ihr Abtauchen auch noch diverse tolle Gründe (so viel Stress auf der Arbeit, so viel Stress mit Frau, so viel Stress mit Eltern, so viel Stress mit eigener Psyche etc.). Keine Ahnung, ob das bei Frauen, die BA sind, vielleicht anders wäre? Bei mir ist die Verlustangst eher dadurch aktiviert worden, dass die Männer sich rar gemacht haben, da hab ich plötzlich selbst das Klammern angefangen, mit äußeren Ereignissen oder psychischen Einbrüchen meinerseits hatte das nicht viel zu tun.

    Edit: Doch, wenn ich drüber nachdenke, so hab ich auch dann das Klammern angefangen, als ich selbst nicht mehr viel hatte im Leben und alles in Schutt und Asche lag. Aber ich glaube nicht, dass das der ausschlaggebende Faktor bei mir war.


    Willst du deine Frage nicht direkter stellen? Auf was willst du denn genau hinaus?

    hat sich das Klammern denn dann wieder verflüchtigt oder bist du in dem Modus geblieben?

  • jayjay Bei mir wurde es wieder besser als ich bei ihm angesprochen habe, dass ich Verlustängste habe. Aber ich weiß nicht, ob du daraus so viel für dich ableiten kannst. Ich schaffe es gedanklich leider gerade nicht, die Parallelen zu deiner Situation herzustellen.


    Willst du einen Mann, der sich an eine Frau klammert, für dich zurückerobern?

  • jayjay Bei mir wurde es wieder besser als ich bei ihm angesprochen habe, dass ich Verlustängste habe. Aber ich weiß nicht, ob du daraus so viel für dich ableiten kannst. Ich schaffe es gedanklich leider gerade nicht, die Parallelen zu deiner Situation herzustellen.


    Willst du einen Mann, der sich an eine Frau klammert, für dich zurückerobern?

    ja genau… bzw ich würde gern einschätzen ob er denn von alleine da auch wieder geht oder ob er dort bleibt weil sie ihm jetzt soviel hilft und er eben auch so bedürftig ist.