Die Suche geht weiter?!

  • Hallo Zusammen,


    ich bin seit paar Monaten hier angemeldet und bin eher so die stille Beobachterin :-)

    Nun habe ich aber dennoch mal eine Frage an Alle hier...


    Kurz zu meiner Story:


    Ich war ca. 1,5 Jahre mit einem Mann zusammen, wir haben viel erlebt, tolle Kommunikation, viel Wohlwollen, Fürsorge, viel gelacht, gemeinsame Interessen, gleiche Vorstellung von Zukunft, beide den Gedanken und Gefühl von Ankommen!

    Mir und auch ihm war zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, dass seine Distanzierungsstrategien aus seiner Bindungsangst stammen.

    Dann die Trennung!

    Nach ca. 1 Jahr habe ich ihn kontaktiert, wir haben gemerkt wie gerne wir uns haben und wie gerne wir gemeinsam Zeit miteinander verbringen, es entstand eine Freundschaft und nach einem weiteren Jahr auch wieder eine Beziehung! Es fühlte sich für uns beide reifer und bindender an! Es wurde ernst, es wurde enger, intimer, ruhiger, entspannter, besser...und dann kickte seine BA!

    Ich habe mich dann letztendlich getrennt! Zu viel Auf und Ab!

    Ich bin ein sicherer Bindungstyp, Urvertrauen durch Erziehung und bin emotional sehr stabil!

    Er war und ist immernoch ein Mann, der mich sehr berührt!


    Nun zu meiner Frage:

    Was spricht dafür und was dagegen, dass sich BAs irgendwann nach einer Trennung wieder auf die Suche nach einem neuen Partner machen? Was ist der Vorteil und was der Nachteil?

    Voraussetzung ist die Therapie! Erkennen, Zulassen, dran arbeiten, ein Umgang finden, Transparenz!

    Aber warum mit einem neuen Partner? Warum nicht mit der Person, die einen bereits kennt? Die sich bereits mit dem Thema auseindergesetzt hat? Die eine stabile Basis mitbringt?


    Danke für eure Einschätzungen!

  • Mit dem/der Ex hat es doch nicht geklappt.


    Ich denke keine Beziehung hat nur Gutes oder Nur schlechtes.

    Nach jeder Trennung gäbe es sicherlich auch Gründe, zu dem/der Ex einfach zurück zu gehen. Aber wozu?!

    Am Ende hat jede Trennung eben ihre Gründe und wurde auch vollzogen.


    Die schlimmste Dynamik (meine Auffassung) ist On/Off.

    Damit meine ich jetzt nicht, wenn dazwischen mal Jahre Abstand sind (da kenne ich aber kaum Beispiele), sondern wirkliche Achterbahnen.

    Dazu neigen solche Dynamiken leider schnell. Und ich kann nur wirklich gut und lieb gemeint davon abraten.


    Meine Meinung zu solchen extremen und endgültigen Distanz-Strategien ist: Die Beziehung war zu eng.

    I can buy myself flowers

    Write my name in the sand

    Talk to myself for hours

    Say things you don't understand

    I can take myself dancing

    And I can hold my own hand

    Yeah, I can love me better than you can

  • Ich vermute das in sehr vielen Fällen einer On-Off Beziehung keine wirkliche Kompaitibiltät herrscht. Es wird durch die Ängste und Triggerungen und das Hormonkarussel bei Trennungen, Streits und vor allem beim Versöhnungssex und der kurzen Nähe nach Streits eine Beziehung aufgebaut, die nicht auf den Füßen von Vertrauen und Liebe steht, sondern durch Bindungsangst zusammengekittet wird.


    In den meisten Fällen ist es auch nicht nur der eine Partner, der Bindungsunsicher ist, sondern beide.

    Wer sich stark an einen Menschen mit aktiver BA klammert, bringt sehr oft eine passive Form der Bindungsvermeidung mit, die nicht immer ganz so klar in Erscheinung tritt. Dieser Mensch lebt meistens in einer ständigen Überanpassung, um die Brüche und die Flucht und die Kritik des Partners zu verhindern. Alle Antennen sind ständig auf Empfang und er schläft quasi immer mit einem Auge offen.


    Dadurch dass man sich quasi aufgibt und in dieser Anpassung erlebt, entsteht effektiv eine starke Distanz. Diese ist nur etwas subtiler, als das Distanzierungsgebahren des aktiven BAs.

    Diese subtile Distanz besteht in der Tatsache, dass man sein wirkliches Ich nicht preisgibt und nur in einer Rolle lebt. Innerhalb dieser Rolle glaubt man, die Sache unter Kontrolle zu haben, weil man ständig durch Anpassung die Verantwortung für das Gelingen der Beziehung übernimmt.


    Wenn jetzt BEIDE Partner es schaffen würden, diese Verstrickung aufzulösen und jeder für sich seine Anteile bearbeiten würde, und dass nach wahrscheinlich langer Zeit jeder soweit bindungsfähig ist, um echte Nähe leben zu können, dann würde bei beiden ein sehr starker Anteil fehlen, der vermutlich in der Hauptsache diese Beziehung getragen hat. Und dann stellt sich die Frage, ob die Anziehung und die Kompatibiltät überhaupt vorhanden sind.


    Wenn ich mir hundert Männer hinstelle, alle grob nach meinem äußerlichen Raster, also zwischen 30 und 40, groß und nicht zu dick zb, dann finde ich bestimmt mindestens 50, mit denen ich eine herrlich toxische Affäre oder Beziehung anfangen könnte und sie dabei extremst attraktiv fände. Aber wenn ich die suche, die wirklich kompatibel sein können, wird das wohl eher in den einstelligen Bereich gehen.


    Ein weiterer Aspekt dieser Frage ist auch, ähnlich wie Radi geschrieben hat:

    Wenn die BA aufgearbeitet wurde, ist man vielleicht auch etwas vorsichtiger in der Auswahl, weil man eben nicht mehr in solchen Dynamiken landen will. Und der Ex-Partner ist ja dann der, mit dem man das alles erlebt hat. Da wäre ein neuer Start ohne die Lasten der Vergangenheit vielleicht die bessere Wahl.


    Allerdings gilt das, was ich hier alles geschrieben habe, aus der Erfahrung von mir selbst und den Geschichten im Forum und anderswo her.

    Dein Beispiel ist da etwas anders gelagert.


    Ich würde sagen, wenn du wirklich diese Basis als Bindungssichere mitbringst und er tatsächlich nach vier Jahren Therapie vor der Tür stehen würde und du auch noch Single wärest und er dich nach Auflösung der Muster auch noch als Partnerin will: Why Not. Möglich ist alles.

    Mir persönlich sind da aber etwas zu viele Konjunktive drin. Zumindest soviel, dass ich an deiner Stelle nicht auf ihn warten würde.


    Wenn du bindungssicher bist, halte ich es eher für wahrscheinlicher, dass du dass sauber abtrauerst und zu diesem Zeitpunkt in X Jahren schon längst eine andere Beziehung führst.

  • Mein geliebter Bindungsphobiker, von dem ich mich nun nach 8 Jahren Anfang der Woche getrennt habe, schrieb mir in seiner Rechtfertigungs- und Distanzierungslitanei, unsere Interessen seien zwar deckungsgleich, aber nicht kongruent. :D (Die Begriffe sind synonym.)


    Das offenbart den ganzen inneren Spagat, den Bindungsphobiker aufführen, um vor sich selbst zu rechtfertigen, warum etwas NICHT passt, obwohl es ganz hervorragend gepasst hat/hätte. Wir haben ähnliche politische Ansichten, finden einander körperlich und intellektuell sexy, mögen viele ähnliche Dinge, haben einen ähnlichen Humor, einen ähnlichen soziokulturellen Hintergrund und sind beide Langschläfer. Leute fanden immer, wir seien ein schönes Paar.


    Der BÄler schaut leider immer auf das Trennende, das Negative, das Fehlende, das Nicht-Passende, egal, wie gering das sein mag - und wenn es schiefe Finger sind, weil sein Gehirn durch die jahrelange Kritik seiner wichtigsten Bezugspersonen in der sensibelsten Phase des Heranwachsens und seines so herangezüchteten brutalen inneren Kritikers darauf geprägt wurde, statt das Gemeinsame, Verbindende, Gute zu sehen, wie es einem die Liebe ermöglicht. Es ist NIE gut genug! In seiner Fantasiewelt gibt es immer noch jemanden, der noch ein kleines bisschen besser passen könnte. Ihm kommt gar nicht in den Sinn, an sich selbst zu arbeiten und für die Veränderung, die er sich wünscht, zu sorgen. Da alles ins Außen projiziert wird, um den Schmerz der Innenschau gering zu halten, sind immer die anderen das Problem, und auch die Lösung wird immer dort gesucht, selten bei sich selbst.


    Mein Liebster war auch mit seiner scheißblöden Angst für mich perfekt. Wenn er mir aber natürlich nur was vorgespielt und vor lauter Anpassung die Gemeinsamkeiten und schönen Zeiten nur vorgegaukelt hat (meine positiven Aspekte gespiegelt), dann kann es tatsächlich sein, dass am Ende ohne die Angst doch nichts übrigbleibt, weil das, was dem anderen jeweils wirklich wichtig ist, nicht (mehr) bedient wird - oder nicht mehr in der entsprechenden Gewichtung.


    Insofern würde ich hinsichtlich der grds. fehlenden Kompatibilität in toxischen Beziehungen widersprechen wollen. Es lässt sich in vielen Fällen schon auf die völlig unterschiedlichen Nähe-Distanz-Bedürfnisse und fehlende Bereitschaft zur Interdependenz sowie damit einhergehende Unfähigkeit zur zugewandten Kommunikation seitens des BÄlers zurückführen. (Wenn man immer mit sich selbst und seinem eigenen Überleben beschäftigt ist, hat man keine Zeit, sich um die Bedürfnisse seiner Mitmenschen zu kümmern. Das sieht man inzwischen gesellschaftlich leider in großem Stil.)


    Da aber eben das Negative in der Person alles andere überschattet, lässt, wenn man sich auf den Weg der eigenen Heilung begibt, in der Tat die Anziehung nach. Denn wer lässt sich schon freiwillig beschimpfen, abwerten, missbrauchen, alleinlassen, ausnehmen, ghosten, wenn er ein Fünkchen Selbsterhaltungstrieb hat?


    Da ich meinen Liebsten anders kennengelernt habe, bete ich weiter für seine Heilung, wenn auch nur aus der Ferne. Mag sein, dass ich später nicht mehr interessant bin, weil die tatsächlich auch für eine "normale" Beziehung wichtigen Faktoren (s. o.) für ihn dann doch nicht relevant waren, aber das weiß nur er selbst und wird an ihm liegen, dies zu erkunden und mir ggf. mitzuteilen.


    Man darf auch nicht vergessen, dass Scham ("toxische Scham") bei BÄlern eine große Rolle spielt. Die Distanzierungsmethoden sind selten fair, und auch ein BÄler hat ein schlechtes Gewissen, wenn mal wieder Klarheit im Kopf einsetzt. Irgendwann wird dann die Hürde zu groß, die Brücke zu Vergangenem nochmal zu schlagen.

    Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.

    (2. Tim. 1:7)

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