Die Angst bekämpfen, aber wie?

  • Hallo Leute,


    ich werde dieses Jahr 42 Jahre alt und möchte nun endlich gegen meine massive Verlustangst und die daraus entstehenden Depressionen ankämpfen.


    Ich schaute bisher viele Videos und saugte zahlreiche Artikel auf. Aber jeder "noch so tolle Tipp" ist absolut wirkungslos bei mir.


    Hilft ein Phsychologe oder ist man später aufgewühlter, als sonst? Hilft eine Hypnosetherpie oder ist das Alles nur Abzocke?


    Hat Jemand bereits Erfahrungswerte sammeln können?


    Besten Dank und Grüße


    Sandro

  • Hallo Sandro,


    super, dass Du Deine Angst bzw. die dahinter liegenden Probleme noch aktiver angehen möchtest.


    Ich selbst mache gute Erfahrungen mit Schematherapie in Kombination mit EMDR als Traumatherapie.


    Zur Hypnosetherapie kann ich nicht viel sagen. Ich würde sie jedoch eher als Ergänzung zu einer Psychotherapie sehen.


    Bei der Suche nach einem geeigneten Psychologen ist es aus meiner Sicht wichtig darauf zu achten, dass dieser sich mit Bindungsangst als Symptom auskennt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass da vielen die Expertise fehlt.


    Viele Grüße


    Mylo

  • Guten Morgen, Mylo.


    Ja, ich möchte mich gerne von all dem schlechten Zeug in mir trennen. Ich möchte es also hauptsächlich für mich, nicht nur wegen meiner Bindungsängstlerin.


    Super, ich google dann mal hysterisch wild rum.


    Und *Danke* auch für den Tipp mit dem Psychologen.


    :)

  • Hallo Woody.


    Das "schlechte Zeug" ist massive Verlustangst. Ich habe eine Dame kennengelernt, die Bindungsangst hat. Ohne dies zu wissen (Also wirklich zu WISSEN) engte ich Sie übel ein. Sie zog sich mehr und mehr zurück, somit wurde die Angst größer und größer.. Ich möchte nun, da ich weiß, woran all diese Probleme lagen, kämpfen und mich zum Positiven ändern. Ich will Ihr zeigen, dass eine glückliche Beziehung durchaus auch ohne Angst möglich ist.


    Ich möchte lernen und will auch meine Ängste besiegen. Denn nur so kann ich Ihr helfen, ohne dass ich daran kaputt gehe.


    Ich hatte mich vorher nie damit beschäftigt, verdrängte Es immer nur.

  • Ich hatte mich vorher nie damit beschäftigt, verdrängte Es immer nur.

    Na, dann wirds Zeit! Vielleicht kannst Du versuchen, das schlechte Zeug zu akzeptieren, oder wenigstens tolerieren. Und mal das Zeugs zu fragen, woher es kommt und was es eigentlich will. Es ist ein Teil von Dir.

  • Hey Sandro,


    ich (als jemand, der eigentlich immer nur stark auf der BA-Seite und jetzt langsam die darunter liegende VA ausbuddelt) schließe mich meinen Vorrednern an. Versuch, die Ängste nicht als was Schlechtes zu sehen und nicht gegen sie anzukämpfen. Nur dann kommst du meines Erachtens an all das, was dahinter liegt und somit an das, an dem du wachsen kannst. Wenn du kämpfst, vermeidest du die Konfrontation. Wobei sich natürlich die Arbeit an sich selbst auch oft wie ein Kampf anfühlt...

  • Erst einmal: Angst ist etwas Gutes! Das "Bekämpfen" liegt vielmehr im Hinhören, Annehmen, Akzeptieren. Sie lässt sich auf Dauer nicht brachial "Entsorgen".

    Es gibt Schmerzkörper tief in Dir, die in bestimmten Situationen Angst erzeugen.

    Zunächst einmal solltest Du Dich mit dem Schmerz auseinandersetzen. Dir die Möglichkeit geben, ihn zu fühlen.

    Dem Schmerz erlauben zu kommen bedeutet dem Schmerz erlauben zu gehen.

    Loslassen!

    Die Angst erzählt eine Geschichte. Folge ihr achtsam. Am besten angeleitet innerhalb einer geeigneten Therapieform durch einen professionellen Psychotherapeuten.


    Definitiv ist man im Laufe der Therapie (sollte sie fruchten) noch sehr viel aufgewühlter als vorher. Denn der Therapieweg ist genau das: Aufwühlen! Alles Verborgene aufdecken, zum Vorschein kommen lassen, pulsieren lassen.

    Sich mutig dem Schmerz stellen und ihn mit aller Schwere durchfühlen.

    Fühlen ist der Schlüssel.

    Eine Therapie ist nichts einfaches. Wenn's gut läuft ist sie aufwühlend, schmerzhaft, kräftezehrend und tränenreich.

    Eine gute, ausgedehnte Therapie ist eine Investition. In Dich. Der beste existierende Grund.

    Selbst einen geeigneten Therapeuten finden ist zeitintensiv und aufreibend. Wartezeiten von 12-24 Monaten ganz normal.

    Nichts was man mal ebend so machen kann. Und in dieser Zeit brauchst Du Raum für Dich allein. Am besten keine Ablenkung. Sonst reicht die Energie für den Fokus auf Dich nicht aus. Und Ablenkung nimmt einen Teil der Schwere raus. Die Schwere ist aber wichtig für einen starken Leidensdruck als Antrieb der Therapiemotivation.

    Ich finde jeder mit emotional belastenden Themen sollte sich eine Therapie wert sein

  • Am besten keine Ablenkung. Sonst reicht die Energie für den Fokus auf Dich nicht aus. Und Ablenkung nimmt einen Teil der Schwere raus. Die Schwere ist aber wichtig für einen starken Leidensdruck als Antrieb der Therapiemotivation.

    mit solchen Vorschlägen wäre ich SEHR vorsichtig. Man muss die Geschwindigkeit der Therapie und das Maß der Ablenkung nach den eigenen Kräften ausrichten. Wenn man es übertreibt, kann das zu massiven Depressionen führen. Jeder nach eigener Kraft. Auch muss das Diskutierte die Möglichkeit haben, sich zu setzen. Man kann nicht monatelang pausenlos leiden.

  • Woody Allen

    Da gebe ich Dir Recht.

    Mit "keine Ablenkung" meine ich keinerlei Ablenkung in Form von romantischer Beziehung, Affären usw..

    Darin sehe ich ein großes Hindernis bei der Erarbeitung tief sitzender Themen. Weil man den Fokus von den ganz schmerzhaften Sachen wieder weg nimmt, sobald man sich wieder Bestätigung im Außen holt.

    Wenn man emotional instabil ist, geschieht das nahezu immer. Und mit der Bestätigung lässt der Leidensdruck nach (denn da liegt ja der Wunde punkt schlechthin). Und mit nachgebendem Leidensdruck schleift die Motivation bei richtig anstrengenden Aufgaben. Das ist ebenso natürlich.

    Wenn alles irgendwie läuft, lässt man es auch einfach wieder laufen. Bis zum nächsten dicken Knall.

    Man muss sich halt gut beobachten und aufpassen, dass man nicht in die Vermeidung rutscht.

    Mit Freunden, Familie und Hobbys soll man sich natürlich ab und zu ablenken.

    Jeder braucht mal ne Pause.

  • Ich denke jeder muss selbst seinen Weg finden. Bei 10 Jahren Therapie ist es ja auch nicht sinnvoll keine Beziehung mehr einzugehen. Ich glaube ohnehin, dass man sich zu sichereren Beziehungen durcharbeiten muss. Neue Erfahrungen macht man nicht nur alleine mit sich selbst und die sind nötig um die Denkweise zu verändern.


    Ich muss auch gestehen, ich bin kein Fan mehr davon tief in den Schmerz reinzugehen. Ich kann nicht sagen ob das einfach daran liegt, dass ich damit durch bin oder ob ich es heute auch vorher schon für keine gute Idee mehr halten würde. Wenn man ein Trauma hat und in das Trauma rein geht, besteht immer die Gefahr es quasi zu erneuern und noch tiefer zu verankern. Natürlich soll die Begleitung in der Therapie genau das verhindern, aber es gibt mehr überforderte Therapeuten als man denkt, ist mit sogar im Krankenhaus in der Fachabteilung dafür schon begegnet.


    Ich persönlich habe EMDR als sehr hilfreich erlebt. Die Traumabelastung nimmt deutlich spürbar und nachhaltig ab und es werden immer nur Häppchen verdaut, sofern Therapeut/in souverän ist. Man soll bewusst im Lernfenster bleiben, also in dem Fenster, in dem man seine Emotionen noch händeln kann, darauf wird besonders geachtet. Wenn man doch einmal aus dem Fenster fällt, wird man vom Therpeuten aufgefangen, aber mir ist das gar nicht passiert. Man muss aber nicht befürchten dass damit irgendwas vermieden wird oder es deswegen nichts bringt. Ich habe eher die Erfahrung gemacht, dass zu starke Traumaarbeit, ohne auf die Kapazitäten des Patienten zu achten zu einer Verschlechterung führt und das Trauma bestätigt. Denn dann werden die eigenen Grenzen ja wieder nicht beachtet. Aber es kann sein, dass jeder etwas anderes braucht. Ich glaube wenn man erst mal angefangen hat sich zu spüren, meldet dein Inneres sich und sagt dir was gut tut und wirklich hilft.


    EMDR ist wie gesagt besonders geeignet bei Trauma. Ich kann gerne Fragen dazu beantworten.